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Erschreckende AOK-Analyse

Klinik-Klatsche mit beängstigenden Zahlen: Notfall- und Krebspatienten bei uns mangelhaft behandelt

Ein Patient wird in den OP-Saal im OP-Zentrum der Schön Klinik gebracht.
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Ein Patient wird in den OP-Saal im OP-Zentrum der Schön Klinik gebracht.

Gesundheitsversorgung mangelhaft, schlechte Krankenhausleistung und anhaltende Qualitätsdefizite: All das lässt sich aus einer Analyse der Krankenkasse AOK schließen. Vor allem nicht alle Krebs- und Notfallpatienten werden in deutschen Kliniken offenbar nicht ausreichend behandelt.

Deutschland - In deutschen Krankenhäusern gibt es einer Analyse der Krankenkasse AOK zufolge anhaltende Qualitätsdefizite bei der Behandlung von Krebs- und Notfallpatienten. „Nach wie vor werden viel zu viele Patientinnen und Patienten in Kliniken behandelt, die technisch und personell nicht adäquat dafür ausgestattet sind“, sagte die Chefin des AOK-Bundesverbands, Carola Reimann, am Mittwoch bei der Vorstellung einer aktuellen Auswertung des Wissenschaftlichen Instituts, des sogenannten Krankenhausreport 2024, der AOK.

Als Beispiel wurden unter anderem die Zahlen aus dem Jahr 2022 in Bezug auf Brustkrebspatienten herangezogen. 18 Prozent der an der Brustkrebs-Versorgung beteiligten Krankenhäuser hierzulande operierten 2022 weniger als 25 Fälle. Das bedeute, dass etwa alle zwei Wochen ein solcher Eingriff gemacht worden sei. Bei solchen Fallzahlen könne man nicht davon ausgehen, dass es dort ein „routiniertes Behandlungsteam oder eingespielte Prozessketten“ gebe, sagte Christian Günster vom Wissenschaftlichen Institut der AOK. Über 9000 Frauen mit Brustkrebs seien also in Krankenhäusern behandelt worden, die dafür nicht optimal aufgestellt seien. Dabei gebe es auch krasse regionale Unterschiede. So habe in Sachsen-Anhalt 2022 zum Beispiel jede vierte Brustkrebs-OP in einer nicht speziell zertifizierten Klinik stattgefunden, in Berlin seien dies immerhin nur 0,2 Prozent gewesen. Der Konzentrationsprozess müsse gerade bei Krebsbehandlungen beschleunigt werden.

„Denn wenn wir im bisherigen Tempo weitermachen, würde es 20 Jahre dauern, bis alle Patientinnen und Patienten mit Krebs in zertifizierten Zentren behandelt werden“

Christian Günster vom Wissenschaftlichen Institut der AOK

9400 Herzinfarktpatienten nicht optimal behandelt

Auch viele Herzinfarktpatienten würden nicht optimal versorgt. Von den rund 191.000 Herzinfarktfällen wurden 4,9 Prozent in Kliniken behandelt, die kein Katheterlabor haben. Das Deutsche Herzzentrum der Charité Berlin schreibt über diese Art der Untersuchung, dass eine „Herzkatheter-Untersuchung die wichtigste und oftmals lebensrettende Maßnahme bei einem akuten Herzinfarkt“ ist. Davon waren rund 9400 Menschen betroffen. Besonders deutlich war das Problem in jenen 368 Kliniken, die 2022 weniger als 25 Fälle behandelten. Nur jede fünfte Klinik in dieser Gruppe hat ein entsprechendes Labor. 

Auch in diesem Bereich gab es zum Teil große Unterschiede zwischen den Bundesländern. Im Saarland wurde jeder neunte Herzinfarkt in einer Klinik ohne Herzkatheterlabor behandelt. In Hamburg wurden hingegen fast alle Betroffenen in eine Klinik mit Herzkatheterlabor eingewiesen. Bereits 2018 waren das Saarland und Hamburg auf dem letzten beziehungsweise ersten Platz. 

„Ganz offensichtlich gibt es in einigen Bundesländern nach wie vor große Probleme bei der Steuerung der Patientinnen und Patienten in die geeigneten Kliniken, denn eigentlich haben wir in Deutschland keinen Mangel an Herzkatheterlaboren“, erklärte Günster.

Weiter Ärger um Krankenhausreform

Die Strukturreform zur Verbesserung der Behandlungsqualität dürfe bei der geplanten Krankenhausreform nicht von der Finanzierungsreform entkoppelt werden, erklärte die Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbands, Carola Reimann. Sonst drohe das Gesetz zu einer „teuren leeren Hülle ohne positive Effekte für die Versorgung“ zu werden. 

Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) will die geplante Krankenhausreform trotz bestehender Differenzen mit den Ländern vorantreiben. Die Gesetzespläne zielen darauf, die Vergütung mit Pauschalen für Behandlungsfälle zu ändern, um Kliniken von finanziellem Druck zu immer mehr Fällen zu lösen. Künftig sollen sie 60 Prozent der Vergütung allein schon für das Vorhalten von Angeboten bekommen. Grundlage der Finanzierung durch die Krankenkassen sollen genauer definierte Leistungsgruppen mit einheitlichen Qualitätsvorgaben sein.

Aus dem Bundesgesundheitsministerium hieß es am Mittwoch, man werde das Gesetz trotz zahlreicher Kritikpunkte aus den Ländern zum Schluss hinbekommen. Die Kritik sei nicht neu. In Ministeriumskreisen wurden Wünsche nach weitgehenden Ausnahmen bei Qualitätsanforderungen in den Leistungsgruppen zurückgewiesen – etwa bei vorgesehenen Mindestzahlen für Behandlungsfälle oder Fachärzte.

Dass die verbindliche Definition der Leistungsgruppen erst später geregelt werden soll, kritisierte Reimann. „Die Vorgaben, welche Klinik in Zukunft welche Leistungen erbringen darf, würden damit auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschoben“, erklärte sie. 

Geld per Gießkannen auf Kliniken aufgeteilt

Gleichzeitig würde das Geld weiterhin per Gießkanne auf die Kliniken verteilt, wodurch „ineffiziente Krankenhausabteilungen mit schlechten Qualitätsergebnissen“ weiterhin finanziert würden. Das verursache Leid bei den Patienten und hohe Folgekosten für Beitragszahler.

Reimann forderte eine Verpflichtung der Länder, Versorgungsaufträge nur an die Krankenhäuser zu vergeben, die entsprechende Mindestvorhaltezahlen erreichen. Eine solche Vorgabe fehle im derzeit vorliegenden Entwurf zur Krankenhausreform.

Angesichts andauernder Fallzahleneinbrüche und einer sinkenden Auslastung der Krankenhäuser sei eine Reform der Finanzierung dringend nötig. Reimann kritisierte auch, dass die Hälfte der Kosten für den Transformationsfonds zum Umbau der Krankenhauslandschaft von der gesetzlichen Krankenversicherung gezahlt werden soll. Sie forderte Bund und Länder dazu auf, die Kosten aus Steuergeldern zu bezahlen.

mz

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