„Eine Gratwanderung“
Eltern übertreiben beim Kita- und Schulessen: „Nur noch Diskussionen“
Weil die Ansprüche der Eltern immer weiter zunehmen, schlagen deutsche Schul- und Kitacaterer Alarm. Es brauche eine „einheitliche Strategie“, mahnen sie.
Dass gesunde Ernährung in Schulen und Kitas wichtig ist, da sind sich Politik, Catering-Unternehmen und Eltern einig. Doch es gibt ein Problem: „Die Ansprüche der Eltern nehmen stetig zu“, sagt Ralf Blauert, erster Vorsitzender des Verbandes deutscher Schul- und Kitacaterer (VDSKC) BuzzFeed News Deutschland von IPPEN.MEDIA. Sie wünschten sich zum Beispiel, dass es in Schulen mehrere Gerichte zur Auswahl gebe oder dass die Lebensmittel Bio-Qualität haben.
„In einigen Städten werden vegetarische und vegane Gerichte stark nachgefragt, in manchen ländlichen Gemeinden finden die Eltern dagegen, dass es zu wenig Fleisch für ihre Kinder gibt“, sagt Blauert. Das „größte Problem“ sei, dass das Essen trotz all der Forderungen nach Qualität, Auswahl und Abwechslung „möglichst billig“ sein soll. „Jede Preisanpassung wird von Diskussionen begleitet. Für Catering-Unternehmen ist es oft eine Gratwanderung, allen gerecht zu werden.“
Situation beim kostenfreien Mittagessen an Schulen und Kitas „ernüchternd“
Diese „Gratwanderung“ war auch am Mittwoch (18. September) bei einer Podiumsdiskussion des VDSKC in Gifhorn (Niedersachsen) Thema. Ein Caterer verwies auf absurd hohe Ansprüche vieler Eltern, die die Kosten in die Höhe treiben würden. Er und die anderen Caterer sind sich einig: Es könne nicht sein, dass sich eine der reichsten Industrienationen der Welt kein kostenfreies, gesundes Schul-Essen leiste.
Im Januar 2024 empfahl der vom Bundestag engagierte „Bürgerrat Ernährung“ neben einer Spendenpflicht für unverkäufliche Lebensmittel kostenfreies Mittagessen für alle Kinder in Schulen und Kitas. „Sinnvoll“, fand damals Waltraud Weegmann, Bundesvorsitzende des Deutschen Kitaverbands. „So könnten alle Kinder von einer gesunden Ernährung in der Kita profitieren.“
„Damals hatten wir Hoffnung, dass sich politisch etwas bewegt. Leider sind seitdem viele Monate ohne wirkliche Ergebnisse vergangen“, sagt Ralf Blauert BuzzFeed News Deutschland. Dass der wissenschaftliche Dienst des Bundestages zum Schluss kommt, dass Bildung und damit auch die Verpflegung in Bildungseinrichtungen Ländersache sei und der Bund ohne eine Grundgesetzänderung nur bedingt Geld zur Verfügung stellen könne, sei „ernüchternd“.
„Leistungsfähiger“: Warum der Staat langfristig vom kostenfreien Mittagessen profitiert
„Es ist lange überfällig, dass Bund und Länder sich ressortübergreifend zusammentun und eine einheitliche Strategie für die Kita- und Schulverpflegung erarbeiten“, fordert der VDSKC-Vorsitzende. Dass Kinder, die ein staatlich finanziertes kostenfreies Mittagessen erhalten, später „leistungsfähiger sind, höhere Einkommen erhalten und dadurch dem Staat mehr Steuereinnahmen bringen“, zeige ein Blick nach Skandinavien.
„Eine Politik, die das nicht mitberücksichtigt, ist kurzsichtig und nicht an sozialer Gerechtigkeit interessiert“, kritisiert Blauert bei BuzzFeed News Deutschland. „Investitionen in eine gute Schulverpflegung sind Investitionen in die Gesundheit und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit künftiger Generationen.“
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