Neuer Waggon für Strecke München-Mühldorf
Südostbayernbahn wird aufgemöbelt: Büroarbeitsplätze, Stammtisch, Panoramasessel im neuen Waggon
Ab Montag, 3. Juli, ist auf der Strecke München– Mühldorf erstmals ein neuer Doppelstock-Waggon im Einsatz. DB-Vorständin Evelyn Palla und Verkehrsminister Christian Bernreiter haben die neuen Sitze getestet. Ob das ausreicht, um das Image der Südostbayernbahn (SOB) aufzumöbeln?
München/Mühldorf – Modern, innovativ, einzigartig – die Redner am Gleis 10 des Münchner Hauptbahnhofs übertrumpften sich gegenseitig mit Superlativen. Der Anlass war ein grau lackierter Doppelstock-Waggon der Südostbayernbahn (SOB). „Ideenzug“ flimmert auf dem Display. Innen drin erwartet den Fahrgast ein ungewöhnliches Ambiente: Büroarbeitsplätze, Stammtisch, Panoramasessel – die SOB wird sozusagen aufgemöbelt. Ab dem 3. Juli fährt der Waggon, angedockt an einen normalen Regionalzug der Südostbayernbahn, regulär auf der Strecke München– Mühldorf.
Eckbänke, Stammtische, Panoramasitze, Bürokabinen
Verkehrsminister Christian Bernreiter (CSU) steigt in den Waggon und geht gleich ins Obergeschoss. Dort setzt er sich in einen der superbequemen Sitze. Sie haben ausklappbare Brotzeittische – Bernreiter ruckelt ungeduldig. „Vorsicht“, tönt es von hinten. Nicht, dass das filigrane Brett noch abbricht. Es geht dann gut. Die Brotzeittische sind eine von zehn Innovationen. Es gibt Eckbänke, Stammtische, Panoramasitze und sogar Bürokabinen zum ungestörten Arbeiten –allerdings nur in der 1. Klasse. Sie sollen später extra buchbar sein. Vorerst gilt: Wer zuerst kommt, darf sich hinsetzen.
Schwenkbare Sessel hält das Eisenbahnbundesamt für zu gefährlich
Eine weitere Innovation wäre ein Sportabteil mit Fitnessgeräten gewesen – das flog dann aber raus. Es hätte wohl zu viel Platz gekostet. „Eine gspinnerte Idee ist Wirklichkeit geworden“, sagt Thomas Prechtl, Chef der Bayerischen Eisenbahngesellschaft, die dem bayerischen Verkehrsministerium untersteht. Der Freistaat hat den innovativen Waggon mit 1,5 Millionen Euro finanziert. Denkverbote habe es keine gegeben, sagt Precht „Das hat Spaß gemacht, gerade in einer Branche, in der sonst jede Kleinigkeit reguliert wird.“ Allerdings: Jede vom Münchner Büro Neomind entworfene Idee musste vom Eisenbahnbundesamt zugelassen werden – und die Prüfer verboten zum Beispiel, dass die Panoramasitze schwenkbar sind. Zu gefährlich.
117 statt 134 Sitzplätze im neuen Doppelstock-Waggon
Jeder weiß: Die eingleisige Strecke München–Mühldorf ist ein Problemfall. Die Züge sind oft notorisch spät, weil sie auf Gegenzüge warten müssen. Dieselloks fallen öfter mal aus, auf die Elektrifizierung wartet man seit Jahren. Da ist der „Ideenzug“ vielleicht eine kleine Entschädigung für leidgeprüfte Fahrgäste. Offen sagt das bei der Präsentation am Freitag niemand. Sechs Jahre vergingen vom erste Ideenkonzept bis zur Umsetzung. 2016 gab es erste Kundenbefragungen über innovative Sitzplatzkonzepte, sagt Bayerns Bahnchef Klaus-Dieter Josel. Aus Frankfurt reiste Evelyn Palla, Chefin von DB Regio Deutschland, an und lobte den Zug als „Nahverkehr der Zukunft“. Die Innovationen kosten allerdings etwas Platz: 17 der normalerweise 134 Sitzplätze im Doppelstock-Waggon mussten entfallen. Noch sei es „ein Prototyp“, sagt Christoph Kraller von DB Regio. Später könnten einzelne Elemente auch in anderen Zügen eingebaut werden. Durch Fahrgast-Befragungen soll zunächst aber ermittelt werden, was am besten ankommt. Verkehrsminister Bernreiter hat schon ein eindeutiges Urteil: der Stammtisch. Da könne man die Schafkopfkarten auspacken. Das Bier müssen die Fahrgäste aber selbst mitbringen Die SOB hat keine Gastronomie an Bord.

