Vorschläge für ein besseres Schulsystem
Religionsunterricht streichen? „Eine Stunde reicht“ und „Kann komplett weg“
Bayerns Grundschüler sollen mehr Mathe- und Deutschstunden bekommen. Eine Überlegung dazu war, den Religionsunterricht zu kürzen. Das stößt seitens Kirche und auch des bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder auf wenig Gegenliebe. Unsere Leser haben klare Vorstellungen dazu.
Nach dem schlechten Abschneiden der deutschen Schüler bei der jüngsten internationalen Vergleichsstudie Pisa will Bayerns Kultusministerin Anna Stolz (Freie Wähler) gegensteuern. Dazu sollen die Kinder in den Jahrgangsstufen eins bis vier jeweils eine Stunde mehr Deutschunterricht, in den Jahrgangsstufen eins und vier jeweils eine Stunde mehr Matheunterricht bekommen. Die Stundenzahl insgesamt soll aber nicht steigen, die Schulen sollen individuell und flexibel umschichten können.
Diese Umschichtung könnte dann so ausschauen, dass für die zusätzlichen Deutsch- und Mathestunden beispielsweise die dritte Stunde Religion in der dritten und vierten Klasse gestrichen wird. Doch dem Plan hat die CSU bereits einen Riegel vorgeschoben, wie Staatskanzleichef Florian Herrmann (CSU) betont: „Mit der CSU wird es keine Kürzung beim Religionsunterricht geben“. Der gleichen Ansicht ist Ministerpräsdient Markus Söder.
Rosenheims Kirchenvertreter sehen den Vorschlag skeptisch
Dr. André Golob, Religionswissenschaftler und Pfarrer der Alt-Katholischen Kirchengemeinde in Rosenheim sagte gegenüber den OVB Heimatzeitungen, dass er es für essenziell halte, den Kindern bereits im jungen Alter moralische Werte zu vermitteln. Diese Wertevermittlung würde vor allem durch den Religionsunterricht gefestigt werden. Auch Sebastian Heindl, Pfarrer der Christkönig–Kirche ist dieser Meinung: „Hinter Weihnachten und Ostern steckt mehr als nur Essen und Trinken – Religionen leisten einen entscheidenden Beitrag, unser Leben und unsere Kultur zu gestalten“, erklärt er. Beide glauben, dass es der falsche Weg sei, die Religionsstunde zu opfern.
Aber auch der bayerische Lehrerinnen- und Lehrerverband (BLLV) ist skeptisch. „Die Stundentafel zu kürzen, geht auf keinen Fall. Wir müssen wenn, dann was drauflegen“, sagte BLLV-Präsidentin Simone Fleischmann. Und weiter: „Die einen wollen Musik reduzieren, die anderen Religion, die nächsten Kunst oder Sport aufs Spiel setzen und wieder andere Englisch streichen“. Die Kinder aber bräuchten alle diese Fächer im bisherigen Umfang - und noch mehr, betonte Präsidentin Fleischmann, wie der Blick in andere Bundesländer zeige: „Wir haben in Bayern nicht die größte Stundentafel.“
Religion streichen? Stimmt ab:
Markus Söder hat bereits sein Veto in Sachen Religionsunterricht eingelegt und Ende Januar verkündet: „Bei Religion wird nicht gekürzt“. Doch teilt diese Ansicht auch die bayerische Bevölkerung? Das Thema bewegt jedenfalls, in den sozialen Netzwerken wurde fleißig diskutiert und OVB24-Leser schickten uns ihre Meinung.
Schule - ein Thema, das beschäftigt: Schickt uns Eure Meinung!
Aus einer Idee, den Religionsunterricht in Bayern zu kürzen, entstand eine politische Debatte: CSU und Kirche sind strikt gegen die Streichung, Ministerpräsident Markus Söder würde lieber eine Englisch-Stunde opfern. Der bayerische Lehrerinnen- und Lehrerverband ist grundsätzlich gegen eine Streichung von Stunden und befürwortet zusätzlichen Mathe- und Deutschstunden. Doch wie seht Ihr das eigentlich? Haben bayerische Eltern in der Debatte nicht auch etwas mitzureden? Wie verankert ist Religion in der bayerischen Tradition? Braucht es hier ein Umdenken? Welches Fach wäre wichtig zu unterrichten? Die Vorschläge unserer Leser sind unterschiedlich: Schwimmunterricht, etwas Handwerkliches, soziale Kompetenz, um nur einige zu nennen. Schickt uns Eure Erlebnisse, Vorschläge und Erfahrungen an leserbriefe@ovb24.de (Stichwort PISA) mit Eurem Namen und Eurem Wohnort und am besten noch einem Foto von Euch. Die Redaktion veröffentlicht Eure Leserbriefe samt Namen und Wohnort anschließend in einem entsprechenden Artikel.
Das sind die Zuschriften unserer Leser:
Annette von Ledebur:
Religion ist ok, aber keine 3! Stunden in der Woche. Gilt ebenso für evangelischen Reliunterricht und Ethik. Eine Stunde/Woche reicht völlig. Wenn es um Kommunion und Konfirmation geht, sollten diese Stunden vermehrt von der Kirche übernommen werden. Der Unterricht sollte generell überarbeitet werden. Es gibt schon viele Schulen, die das Thema „Montessori“ ankratzen, es sollte aber noch vermehrt einfließen.
Lisa Robl:
Warum sich nicht Gedanken machen an der Ausgestaltung der schlechten Pisa Fächer, vielleicht wird der Lehrstoff schlecht gelehrt in den wesentlichen Fächern? Sprich sind die Lehrbücher Mathe und Deutsch wirklich so sinnig und wird nicht vielleicht zu kompliziert unterrichtet, vor allem zu ausgiebig? Wie z.b. Rechenaufgaben in allen möglichen Varianten usw.? Also wird der Lehrstoff vielleicht zu verkompliziert? Die Anforderungen an die Grundschüler sind hoch, zu meiner Zeit wurde nicht so kompliziert gelehrt. Kunst, Werken würde ich den Kindern nicht wegnehmen. Religion kann man diskutieren, ob nicht Ethik besser wäre oder ein Fach „soziale Kompetenz/Resilienz“.
Melanie Sebrak
Das ganze Schulsystem müsste dringend angepasst und überarbeitet werden. Die Diskussion über Stundenkürzungen ist auch wieder nur ein Versuch irgendwas zu „retten“.
Andreas Wolf
Religion kann komplett weg, braucht kein Mensch. Schon als Jugendlicher habe ich dieses Fach aus innerer Überzeugung abgelehnt. Besser 1-2 Stunden pro Woche ein Fach wie Ethik, an dem Kinder aller Religionen teilnehmen können/müssen und in dem u.a. die Kinder/Jugendlichen neutral über die großen Religionen aufgeklärt werden. Das würde vielleicht auch helfen, späteren Vorurteilen entgegenzuwirken. Kunst....naja.....Ich sags mal so, es hat nicht gereicht, dass ich heute davon leben könnte. Sport ja, aber nicht als beaufsichtigte Hausaufgabenstunde oder Kinderballspielchen. Es gibt leider immer mehr Jugendliche, die zwar Sport in der Schule hatten, aber nicht schwimmen können. Deswegen mit Kernthemen wie Schwimmausbildung mit Mindestziel Seepferdchen (Grundschule) und später aufbauend Freischwimmer.
Christin Brenner
Wie wäre es mit der Änderung in jeder Lehrstunde, denn was heutzutage gelernt wird...naja ohne Worte, das alte System war besser und strukturierter, man hat mehr gelernt und sinnvoller!
Anonym aus Burgkirchen (mit Kindern in der Grundschule)
Kunst, Musik,Sport, Werken sind ein MUSS. Die sollen bleiben. Denn welches Kind blüht nicht auf und wird bestärkt, wenn es die eigenen Fähigkeiten ausführen kann. Das nennt man auch Entwicklung. Sollte man ihnen nicht nehmen. Religion ist nebensächlich. Lieber sollte noch etwas Handwerkliches angeboten werden.
Sarah Honal
Ich würde auch sagen eine Stunde Religion reicht, aber sowas wie Kunst zu benoten finde ich so einen Schwachsinn - der Lehrer entscheidet, was gut und was schlecht ist? Das finde ich völligen Schwachsinn, manche können halt nicht zeichnen und für das Leben braucht man es nicht, aber um mal bisschen runterzukommen und kreativ zu sein, finde ich es gut.
Andrea Kober
Ich finde, die übertriebene Religion ist heute nicht mehr zeitgemäß. Das könnte schöner in der Grundschule gestaltet werden. Und man muss ja da in diesem Fach nicht unbedingt ein Lehrer sein. Man könnte überhaupt in Grundschulen offener für Assistenzkräfte werden, die unterstützend mit arbeiten. Wie z. B. Kunst, Handarbeiten, Musik oder auch HSK. In anderen Ländern funktioniert das auch. Dann würde es nicht soviel Ausfälle geben.
Kevin Lorenz
Religion kürzen, muss ja nicht ganz weg. Nur finde ich das vor allem im Grundschule Alter, das Kind einfach mal Kind sein sollte. Da ist mir, in welcher Form auch immer, die künstlerische Förderung wichtiger. Für Religion, Politik und Kriege gibt‘s später noch genug Zeit sich Sorgen zu machen.
Anne aus Rosenheim:
Religion anpassen, allgemeiner halten, Ethik für alle, will man Kind in einer Religion explizit unterrichtet/erzogen haben, sollten Eltern das selbst übernehmen bzw. die entsprechende Gemeinschaft, Stichwort: Sonntagsschule. Kunst, Musik und Sport sollte mehr zum Ausgleich und Spaß „gelehrt“ werden und individueller gestaltet - nicht jedes Kind ist in jeder Sportart gleich gut/schlecht und das muss auch nicht sein. Ebenso im musikalischen und künstlerischem Sinn. Mathe muss aus der starren Form raus und Sprachen alltagstauglich sein. Es bringt nichts, welche Konjugation oder Zeitform etc. wie heißt zu wissen, wenn man sich am Ende kein Stück unterhalten kann. Apropos Sprachen: Gebärdensprache und vllt. auch die Braille-Schrift zu lernen ist auch was, was einem im Leben sicher nicht schadet zu wissen. Wissenschaften: Bio, Physik, Chemie, Geografie, Geologie etc. Fachübergreifend und auch nicht zu starr, wie Mathe. Im Grunde muss das gesamte Schulsystem generalüberholt werden und auch die Ausstattung, ob technisch oder wenn es um Lehrmaterialien geht, braucht regelmäßige Updates. Und Kinder, die spezieller sind (Autismus, ADHS, LRS und RS etc.) brauchen Integration und vor allem Akzeptanz, dass sie anders ticken, anstatt deren Selbstwertgefühl zu zerstören nur, weil man sie nicht (gänzlich) versteht… Und darüber kommen wir zum Punkt Mobbing. Die Mobbingprävention an deutschen Schulen ist ein Witz, mit Täter-Opfer-Umkehr (nicht an allen Schulen, ja) naja, lassen wir das, ich steigere mich schon wieder zu sehr rein.
Anm. der Red.: Die Redaktion behält sich vor, Zuschriften entsprechend zu kürzen oder die Veröffentlichung gegebenenfalls ohne Angabe von Gründen zu verweigern.
si/dpa