Prozess um Mord ohne Leiche in Nürnberg
Mysteriöser Vermisstenfall: Wurde die hochschwangere Alexandra R. (39) am Irschenberg getötet?
Es ist einer der spektakulärsten Kriminalfälle der vergangenen Jahre: Seit Ende 2022 wird die schwangere Alexandra R. (39) aus Nürnberg vermisst. Die Ermittler sind sich sicher: Zwei Männer, denen aktuell der Prozess gemacht wird, haben sie ermordet. Möglicher Tatort: ein Waldstück bei Irschenberg.
Irschenberg/Nürnberg – Es ist einer der spektakulärsten Vermisstenfälle der vergangenen Jahre in Deutschland: Am 9. Dezember 2022 verschwand die 39-jährige Alexandra R. aus dem Nürnberger Stadtteil Katzwang spurlos, nachdem sich ihr Kind in die Kita gebracht hatte. Ihr Lebensgefährte meldete die Frau, die im achten Monat schwanger war, schließlich als vermisst. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass die Schwangere nicht mehr am Leben ist. Wegen Mordes an der 39-Jährigen sowie wegen Betrugs und Geiselnahme müssen sich daher aktuell zwei Männer vor dem Landgericht Nürnberg verantworten. Laut Staatsanwaltschaft eine Möglichkeit des Tathergangs: Alexandra R. könnte in einem Waldstück bei Irschenberg getötet worden sein.
Bargeld, Ausweise und Mutterpass daheim gelassen
Was die Ermittler schon frühzeitig an ein mögliches Verbrechen denken ließ? Wichtige Dinge wie Bargeld, Ausweise und den Mutterpass hatte die Verschwundene zu Hause gelassen. Mit mehreren Suchaktionen versuchte die Polizei schließlich, die Hochschwangere zu finden. So wurden Orte, an denen Alexandra R. zuletzt gesehen worden war, durchkämmt, Spezialtaucher suchten zudem den in der Nähe gelegenen Main-Donau-Kanal ab. Ohne Erfolg.
Im Zuge der Ermittlungen geriet schnell ein Ex-Lebensgefährte der Fränkin ins Visier. Dieser soll sie nach der Trennung nicht nur bedroht, sondern auch gemeinsam mit einem anderen Mann versucht haben, über eine Betrugsmasche an das Geld der Frau zu kommen, wie die Deutsche Presseagentur dpa vor dem Prozessauftakt Anfang April berichtete. Die 39-Jährige war daraufhin in ein Frauenhaus geflüchtet, hatte ein Kontaktverbot erwirkt und beide Männer bei der Polizei angezeigt.
Zum für Dezember 2022 angesetzten Prozess wegen Betrugs kam es dann aber nicht mehr. Nur wenige Tage vor Prozessbeginn war die Hochschwangere plötzlich verschwunden. Mittlerweile sind sich die Ermittler sicher, dass die 39-Jährige nicht mehr am Leben ist. Sie ließen daher im September 2023 die beiden Männer – beim Ex-Lebensgefährten handelt es sich um einen 50-jährigen Mann aus Bosnien-Herzegowina, bei seinem Geschäftspartner um einen 48-jährigen Deutschen – verhaften, unter anderem wegen Mordverdachts. Seit Anfang April wird ihnen nun vor dem Landgericht Nürnberg der Prozess gemacht. Angesetzt sind bislang 37 Verhandlungstage, ein Urteil könnte Ende Juli fallen.
Angeklagte sollen ihr Opfer zum Schreiben eines Briefes gezwungen haben
Die Staatsanwaltschaft geht laut dpa davon aus, dass die beiden Angeklagten der Frau am 9. Dezember gefolgt waren, sie überwältigten und in eine Lagerhalle brachten. Dort sollen sie Alexandra R. gezwungen haben, einen Brief zu schreiben, in dem sie die Anzeige zurücknahm. Dieser Brief ging wenige Tage nach ihrem Verschwinden bei der Justiz ein. Im Anschluss sollen die Angeklagten die Frau entweder direkt in der Lagerhalle, oder aber in einem Waldstück bei Irschenberg (Landkreis Miesbach) an der A8 getötet, die Leiche anschließend verschwinden lassen haben.
Zum möglichen Tatort bei Irschenberg hatte am Donnerstag, 13. Juni, vor dem Landgericht Nürnberg nach Angaben von BR24 ein Hundeführer ausgesagt, der bei einer Spurensuche sieben Monate nach dem Verschwinden der 39-Jährigen dort im Einsatz war. Die in dem kleinen Waldstück nahe des Irschenberger Weilers Oberhasling eingesetzten Spürhunde konnten dabei nicht nur Spuren der beiden Angeklagten, sondern auch der vermissten Frau erschnüffeln. „Obwohl es lange her war und es beim Einsatz kräftig regnete, haben die Hunde die Spuren eindeutig erkannt und sind ihnen zielstrebig gefolgt“, sagte einer der Hundeführer nach BR-Angaben vor Gericht aus.
Zeuge will gesuchtes Fahrzeug in Oberhasling gesehen haben
Spuren, die zur Zeugenaussage eines Einwohners von Oberhasling passen würden: Dieser hatte im Dezember 2022 einen weißen Renault Twingo vor seinem Haus gesehen. Ein Autotyp, mit dem der angeklagte Ex-Lebensgefährte nach Einschätzung der Staatsanwaltschaft am 9. Dezember, dem Tag von Alexandra R.s Verschwinden, in Richtung Süden unterwegs war. Ans genaue Datum der Sichtung konnte sich der Zeuge zwar nicht erinnern. Er war sich allerdings sicher, dass es sich um einen Freitag gehandelt hatte, weil er an diesem Tag – wie jeden Freitag – ein Fischgericht zubereitet habe. Was wiederum zum Tag des Verschwindens passen würde: Denn auch der 9. Dezember 2022 war ein Freitag.
Die beiden angeklagten Männer schweigen bislang zu den Vorwürfen der Staatsanwaltschaft. Der Prozess wird fortgesetzt.
