Steuerhinterziehung in Höhe von 23,5 Millionen Euro
Krumme Maskendeals? Anklage gegen Andrea Tandler erhoben
Andrea Tandler, CSU-nahe Lobbyistin, Geschäftsfrau aus Altötting und Tochter des ehemaligen CSU-Generalsekretärs Gerold Tandler, sitzt seit Ende Januar 2023 in Untersuchungshaft. Der Vorwurf: Sie habe bei dubiosen Maskendeals Millionen Euro an Provision kassiert. Nun hat die Münchner Staatsanwaltschaft Anklage erhoben.
Am 24. Januar klickten die Handschellen: Andrea Tandler - in den Pressemitteilungen der Staatsanwaltschaft wird sie unter dem Kürzel ‚N.‘ geführt - wurde verhaftet. Seitdem sitzt die gebürtige Altöttingerin in Untersuchungshaft. Ein Antrag auf Haftbeschwerde Anfang Februar wurde abgelehnt. Nun geht die Münchner Staatsanwaltschaft einen Schritt weiter und hat Anklage gegen Tandler, ihren Geschäftspartner ‚N‘. und einen dritten Beschuldigten ‚S.‘ erhoben.
Der Vorwurf: Verdacht auf Steuerhinterziehung in drei Fällen (Einkommenssteuer, Schenkungssteuer und Gewerbesteuer im Jahr 2020). Davon in zwei Fällen in Mittäterschaft, sowie ein Subventionsbetrug. Tandler soll laut Staatsanwaltschaft in den Anfangszeiten der Corona-Pandemie Verträge über persönliche Schutzausrüstung - insbesondere Masken - zwischen dem Beschuldigten ‚S.‘ und verschiedenen Behörden des Bundes und der Länder vermittelt haben. Dadurch habe sie insgesamt Provisionen in Höhe von 26,5 Millionen Euro kassiert.
Die Staatsanwaltschaft geht in ihrer Pressemitteilung ins Detail: Anfang April 2020 stellte die Angeschuldigte T. bei dem Finanzamt München einen Antrag auf Herabsetzung ihrer Einkommenssteuervorauszahlungen auf 0,00 Euro rückwirkend für das 1. Quartal 2020 und begründete dies mit ausbleibenden Erlösen aus ihrer selbständigen Tätigkeit für die „Agentur Pfennigturm“, obwohl sie wusste, dass sie aufgrund der Vermittlungsgeschäfte Provisionen in erheblicher Höhe verdient hatte. Neben der Einkommenssteuer wird ihr auch Schenkungssteuerhinterziehung in Höhe von 6,6 Millionen Euro und Gewerbesteuerhinterziehung in Höhe von 8,2 Millionen Euro vorgeworfen. Zudem soll Tandler noch Corona-Soforthilfen in Höhe von 9000 Euro beantragt und erhalten haben.
Ein Sprecher Tandlers hatte nach Bekanntwerden der Vorwürfe gesagt, die Anwälte rechneten damit, dass sich nach der Einstellung eines ersten Verfahrens „auch alle anderen Vorwürfe als gegenstandslos erweisen werden“. Tandler und ihr Mitgesellschafter wiesen „alle in der Öffentlichkeit erhobenen Vorwürfe zurück“.
Eine auf Steuerstrafrecht spezialisierte Abteilung der Staatsanwaltschaft München I hat zusammen mit der Steuerfahndung München die sehr umfangreichen und aufwändigen Ermittlungen (rund 40 Bände Ermittlungsakten) durchgeführt. Ob das Hauptverfahren gegen Tandler eröffnet wird, liegt nun in den Händen der zuständigen 6. Wirtschaftskammer des Landgerichts München I.
Vater war bekannter CSU-Politiker
Andreas Tandlers Vater Gerold (86) war ein bekannter CSU-Politiker. Nach zahlreichen Ämtern im Landkreis Altötting und in Oberbayern wurde Tandler 1970 - nach einer gescheiterten Kandidatur für den Deutschen Bundestag - Abgeordneter im Bayerischen Landtag. Tandler war gleich zwei Mal CSU-Generalsekretär (1971 bis 1978 und 1983 bis 1988), außerdem bayerischer Innen- und Finanzminister sowie Vorsitzender der CSU-Landtagsfraktion. 1991 gab er seine politischen Ämter auf, wechselte in die Wirtschaft und wurde unter anderem Vorstandsmitglied bei der Linde AG.
Tandler, der im Landkreis Altötting beheimatet ist, ist verheiratet und hat vier Töchter und zwei Söhne. Er besaß bzw. besitzt mehrere Hotels, darunter auch das Hotel „Zur Post“ in Altötting, das 2019 für 4,25 Millionen Euro zwangsversteigert wurde. innsalzach24.de hatte damals darüber berichtet. Tochter Andrea ist gemeinsam mit ihrer Mutter Gabriele geschäftsführende Gesellschafterin des „Gänseblümchens“, ein Trachtengeschäft am Kappellplatz in Altötting. Die Familie lebt zu weiten Teilen im Landkreis Altötting.
mh