Diskussion um Abschuss
4,8 Millionen Euro für wolfssichere Zäune
Die gerissenen Schafe im Kreis Traunstein und die daraufhin beantragte Abschussgenehmigung haben die Debatte um den Wolf wieder angeheizt. Dabei ist Bayern beim Schutz vor Nutztier-Rissen schon aktiv.
München – In dieser Woche haben die Abgeordneten im Umweltausschuss darüber diskutiert, ob und wie der Wolf und die Weidehaltung in Bayern nebeneinander funktionieren können. Trotz aller Mahnungen zur Sachlichkeit wurde die Debatte emotional. Dabei ist der Wolf in Bayern im Vergleich zu anderen Bundesländern noch relativ selten.
Vier Wolfs-Rudel in Bayern
Vier Rudel, ein Paar und vier standorttreue Einzeltiere gibt es in Bayern derzeit, wie Erik Settles vom Umweltministerium den Abgeordneten berichtete. Zum Vergleich: Deutschlandweit sind es 157 Rudel. Dazu kommen die umherstreifenden Exemplare, wie zuletzt in den Kreisen Traunstein, Berchtesgadener Land und Rosenheim. Im Wolfsjahr 2020 (Mai bis April) wurden in Bayern 38 Nutztiere von Wölfen gerissen, 2021 sind es mit den jüngsten Rissen ebenfalls 38.
Zäune und Hunde
Settles betonte, in keinem anderen Bundesland werde so viel Geld für Prävention und Schadensausgleich in die Hand genommen. Mit 4,8 Millionen Euro habe der Freistaat 2020 und 2021 den Bau von wolfssicheren Zäunen und die Anschaffung von Herdenschutzhunden gefördert. Und während etwa das Nachbarland Baden-Württemberg sechs Monate warte, bevor der Zaunbau nach einem Nutztierriss im dortigen Gebiet gefördert werde, passiere das in Bayern sofort im Umkreis von zehn Kilometern.
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Der Opposition geht das aber nicht weit genug. Die Grünen fordern angesichts der vielen Kilometer, die ein Wolf am Tag zurücklegen kann, den Zaunbau in ganz Bayern zu fördern – und nicht erst auf Wolfsrisse zu warten. Dem stehe eine Mahnung des Obersten Rechnungshofs entgegen, die Förderung nur da einzusetzen, wo sie auch notwendig sei, sagte Settles. Zudem wären bayernweite Anträge für die Landwirtschaftsämter mit dem derzeitigen Personalstand nicht zu stemmen.
Schutzstatus für den Wolf lockern?
In der Kernfrage, ob eine Weidehaltung in Bayern mit dem Wolf weiter möglich ist, herrschte bei den Abgeordneten weiter Uneinigkeit. Während für Florian von Brunn (SPD) das Beispiel Schweiz zeige, dass die Koexistenz funktionieren kann, wenn genügend Herdenschutzmaßnahmen ergriffen werden, kamen aus dem Lager der CSU, der Freien Wähler und auch der AfD vermehrt Stimmen, dass der Schutzstatus des Wolfs gelockert werden müsse.
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Nach einer giftigen Diskussion konstatierte der Abgeordnete Klaus Steiner (CSU), in dessen Wahlkreis die jüngsten Wolfsrisse stattfanden: „Wir drehen uns im Kreis.“ Die Politik müsse mehr auf die Praktiker hören. Bewegung in die Abschuss-Frage könnte indes durch die neue Ampelkoalition in Berlin kommen. Denn im Koalitionsvertrag haben die Parteien vereinbart, beim Wolfsbestand noch einmal genau nachzuzählen.
Vereinzelte Abschüsse?
Hintergrund ist die Frage, wann der „günstige Erhaltungszustand“ der Wolfspopulation erreicht ist. Außerdem will die Ampel-Koalition ein europarechtskonformes, regional differenziertes Bestandsmanagement – also vereinzelte Abschüsse – ermöglichen. Erik Settles vom Umweltministerium bestätigte, dass es dafür im Bundesnaturschutzgesetz noch Spielräume gebe. Bayern habe sich in dieser Frage aber im Bundesrat bisher nicht durchsetzen können.