Einstimmiger Beschluss
Der Gemeinderat Bergen will den Chiemgau-Wolf abschießen lassen
Der Bergener Gemeinderat hat sich einstimmig für den Abschuss des sogenannten Chiemgau-Wolfs ausgesprochen. Das Tier hatte in Bergen kürzlich mindestens fünf Schafe gerissen.
+++Update vom 8. Dezember, 17.22 Uhr +++
Bergen - Die Ortsbäuerin und Gemeinderätin der UW, Monika Meitinger, hatte in der vorangegangenen Sitzung des Gemeinderates den Antrag gestellt, dass der Wolfsriss behandelt wird. Zwischenzeitlich hatte Landrat sich Siegfried Walch (CSU) ebenfalls für eine Entnahme des Wolfes ausgesprochen. Einstimmig sah dies auch der Bergener Gemeinderat in seiner jüngsten Sitzung so und wird dies der Regierung von Oberbayern schriftlich mitteilen. Bürgermeister Stefan Schneider (Grüne Liste Bergen) und jeder der anwesenden Räte bekundeten ihre Solidarität mit den Landwirten und Almbetreibern.
+++Originaltext vom 23. November +++
Nun hat der Traunsteiner Landrat auf die Vorfälle reagiert. Am Freitag teilte Siegfried Walch (CSU) mit, dass der Verband der Forstberechtigten im Chiemgau, dessen Vorsitzender er ist, bei der Regierung von Oberbayern eine Wolfsentnahme beantragt hat. Heißt: Landrat Walch bittet offiziell um Erlaubnis, den Wolf schießen zu dürfen. Seine Begründung: Der Wolf tauche immer näher an besiedelten Gebieten auf. Außerdem hält Walch den südlichen Teil seines Landkreises Traunstein wegen der Geländestruktur für nicht schützbar – etwa, indem dort wolfssichere Zäune aufgestellt werden. „Deswegen ist eine Entnahme aus unserer Sicht der notwendige Schritt.“
Nach aktuellem Antrag aus dem Chiemgau: Der letzte Wolf wurde 1882 geschossen
Es wäre der erste genehmigte Wolfsabschuss in Bayern seit der Wiederansiedlung des Raubtieres im Freistaat. Angeblich wurde der letzte Wolf in Bayern im Jahr 1882 geschossen. Doch ob Walchs Vorstoß mehr ist als nur eine Solidaritätsbekundung mit den Almbauern, ist fraglich. Denn für einen Wolfsabschuss gibt es europarechtlich hohe Hürden, über die sich eine Bezirksregierung nicht ohne Weiteres hinwegsetzen kann.
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Dennoch unterstützt auch Bayerns Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber den Vorstoß: „Der Antrag aus dem Chiemgau ist für mich absolut nachvollziehbar und logisch. Er greift die großen Sorgen der Bevölkerung, der Weidetierhalter und der Forstberechtigten auf. Ich habe immer die Linie vertreten, dass ein Wolf auch mal entnommen werden muss, wenn er auffällig wird oder seine Scheu verliert.“
Die letzten Sichtungen und Risse hätten in Siedlungsnähe stattgefunden - ein Wolf sei bei seiner Suche nach Beute sogar zwischen den Häusern beobachtet worden, so die Landwirtschaftsministerin weiter. „Es liegt auch im Interesse der Wölfe, dass sie ihre Grenzen lernen. Denn nur dann ist überhaupt eine Koexistenz denkbar.“
Auch Landrat Walch betone in seinem Antrag, dass Wölfe grundsätzlich ihre Berechtigung hätten. „Aber wir kommen um eine ehrliche Debatte, wie viele Wölfe ein dicht besiedeltes Land verträgt, nicht umhin. Es kann nicht nur einseitig um die Interessen des Wolfes gehen. Wir sorgen uns auch um das Tierwohl bei Haus- und Weidetieren, aber erst recht um die körperliche Unversehrtheit unserer Bevölkerung.“
Entnahme des Chiemgauer Wolfes - Naturschützer sind dagegen
Gründe für die Entnahme des Wolfes könnten laut dem bayerischen Umweltministerium „prognostizierte ernste wirtschaftliche Schäden“ sein. In jedem Fall seien aber vor einer Entnahme zumutbare Alternativen wie etwa Herdenschutzmaßnahmen zu prüfen. Die Regierung von Oberbayern bestätigte am Montag (22. November), dass der Antrag eingegangen sei. Nun müsse geprüft werden, ob etwa eine Vergrämung möglich ist oder ob Herdenschutzmaßnahmen zumutbar seien.
Naturschützer sehen wenig Chancen, dass die Regierung den Abschuss genehmigt. „Erst müssen da wirklich alle Alternativen des Herdenschutzes geprüft werden“, sagt Uwe Friedel, Wolfsexperte beim Bund Naturschutz. Der große Streitpunkt aus seiner Sicht wäre das Argument des Landrats, es handle sich in seinem Landkreis um nicht schützbare Weidegebiete. Welche Gebiete in Bayern als nicht schützbar gelten, das soll gerade eine Weideschutzkommission erarbeiten.
Angekündigt wurde das schon im März 2019, als der sogenannte Aktionsplan Wolf offiziell vorgestellt wurde, in dem auch festgeschrieben ist, wann ein Wolf geschossen werden darf. Doch bislang stehen die Ergebnisse der Kommission aus, was sowohl die Naturschützer wie auch die Almbauern ärgert. Laut Umweltministerium ist die konkrete Weidefläche in Traunstein von der Kommission als „nicht zumutbar zäunbar“ klassifiziert worden. Das allein sei aber noch „keine hinreichende Grundlage für eine Entnahme-Entscheidung“.
Richter wird wohl entscheiden
Sollte die Regierung von Oberbayern tatsächlich eine Abschussgenehmigung erteilen, wäre das aber wohl noch nicht das letzte Wort. „Dann würden wir den Bescheid rechtlich genau prüfen und über weitere Schritte entscheiden“, sagt Uwe Friedel vom Bund Naturschutz. Am Ende müsste also womöglich ein Richter über den ersten Wolfsabschuss in Bayern seit mehr als 100 Jahren entscheiden.


