„Der Wolf wird ein Riesenthema werden“
Michaela Kaniber will Schutzstatus für Wölfe in den Alpen absenken - das sind ihre Pläne
Der Wolf geht um - und bedroht Mensch und Tier. Laut Bayerns Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber ist der günstige Erhaltungszustand inzwischen erreicht. Jetzt fordert sie von Bundesminister Özdemir eine klare Regelung zur Entnahme.
München – Vielleicht wird es ihr letzter Kaminabend mit Cem Özdemir (Grüne) sein, wenn am Freitagabend (22. September) die Länderagrarminister mit dem Bundesagrarminister in Kiel zusammenkommen. Denn ob Michaela Kaniber (CSU) nach der Landtagswahl am 8. Oktober in ihr Ministerium an der Münchner Ludwigsstraße zurückkehren wird, ist zumindest fraglich. Längst hat Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger Ansprüche seiner Partei auf das Ministerium reklamiert.
Wie viele Wölfe verträgt das Land?
Kaniber, die nach eigenen Worten liebend gerne Agrarministerin bleiben möchte, will in jedem Fall Tacheles reden auf der Konferenz im hohen Norden. „Der Wolf wird ein Riesenthema werden“, kündigt sie im Vorfeld an. „Özdemir hat ja groß getönt, dass wir nach seinem Dafürhalten auch ganze Rudel entnehmen könnten. Das stimmt einfach nicht.“ Deutschland brauche dringend ein Monitoring, das beschreibe: Wie viele Wölfe verträgt das Land? „Wir brauchen endlich die Feststellung, dass in Deutschland der günstige Erhaltungszustand erreicht ist, und wir müssen wissen, wie viele Tiere kann man pro Jahr entnehmen, damit wir zu einem ordentlichen Bestandsmanagement kommen. Ansonsten droht uns ein Aus der Almwirtschaft und der Weidewirtschaft auf der Fläche.“
Geschätzt 161 Rudel in Deutschland
Schätzungen zufolge seien es 161 Rudel in Deutschland mit bis zu zehn Tieren, 43 Paare und 21 sesshafte Einzeltiere. „Wenn wir davon ausgehen, dass die Population jedes Jahr um 30 Prozent zunimmt, ist das für uns so nicht mehr hinnehmbar.“ Man dürfe nicht so lange warten, dass die Population so stark wird, dass es ständig Übergriffe gebe auf Weidetiere „oder vielleicht dann sogar auf Menschen“.
Der Schutzstatus müsse in ganz Europa abgesenkt werden; jedenfalls aber für bestimmte Gebiete, wie es Griechenland und Spanien für bestimmte Landesteile schon haben. „Warum sollte das nicht für unsere Alpenregionen gehen?“, fragt Kaniber. Von Özdemir und Lemke gebe es auch hier keine Unterstützung. Kaniber sieht aber Bewegung in der Frage – auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) signalisiere Verständnis.
Kanibers Forderungen
Dringend erforderlich hält die Ministerin einen Bürokratieabbau – wobei der Blick nach Brüssel geht, wo derzeit der Plan für die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) ab 2027/28 erarbeitet wird. „Unsere Bauernschaft ist derart belastet mit kompliziertesten Regeln. Diese GAP kann nicht mehr weiterentwickelt werden. Sie muss von Grund auf neu und zwar unbürokratisch und einfach für den Landwirt aufgebaut werden.“ Die bisherige GAP gehört für Kaniber „in die Tonne“. Wie könne man es einem Landwirt zumuten, „dass er neben seinem Beruf, seinem Hof und seiner Familie auch noch diese Bürokratie stemmt? Das ist ein Ding der Unmöglichkeit.“
Sie fordert ein Moratorium für die nächsten zwei Jahre, in dem keine weiteren Auflagen und Gesetze hinzukommen dürfen. „Was ist völlig überflüssig? Weg, streichen!“, formuliert die Ministerin. Ihr geht es vor allem um Erleichterungen „für unsere landwirtschaftlichen Betriebe bei der Düngeverordnung und um die Anerkennung einzelbetrieblicher Daten bei der Maßnahmendifferenzierung in den roten Gebieten. Damit könnten alle Betriebe, die nachweisen, dass ordentlich wirtschaften, automatisch von den Auflagen befreit werden“. Es brauche einfache Regeln. Direktzahlungen müssten als einkommenswirksames Instrument gesichert bleiben. Sollte sie noch zuständig sein, will sie mit allen berufsständischen Verbänden reden, welche Vorschläge sie zur Vereinfachung der GAP sehen. „Ich würde schon dafür brennen, das anpacken zu dürfen.“
Am Freitag Nachmittag (22. September) wird Kaniber mit Özdemir auf der Pressekonferenz antreten. Geschenkt werden soll ihm nichts, denn die Grünen sind für die schwarze Ministerin ein rotes Tuch.
