Graf Maximilian von Rechberg
„Manchmal wollen die Leute meinen Thron sehen“: Der Schlossherr von Elkofen im Porträt
Maximilian von Rechberg, der Schlossherr von Elkofen, ist Mitglied in 130 Vereinen. Oft denkt er sich, er würde lieber in einem Einfamilienhaus leben. Dass sich jemand den Unterhalt einer Burg freiwillig antut, kann er nicht verstehen. Wir stellen den Schlossherr näher vor.
Elkofen – Bei der Anfahrt stellt sich Dornröschen-Feeling ein. Zwei Kilometer durch den gräflichen Waldbesitz, dann die Schlossschänke gegenüber dem steilen Aufstieg zur Burg, die jähen Verteidigungsmauern, überragt nur vom Turm selbst – 100 Stufen, 34 Meter hoch. Eine Zeitreise. Durch Wolken und Baumwipfel öffnet sich Schloss Elkofen bei Grafing im Kreis Ebersberg dem Blick. „Manchmal wollen die Leute meinen Thron sehen“, sagt Graf Maximilian von Rechberg (62) und lacht, als er in seinem Büro empfängt.
Der Graf schmeißt den Laden mit nur einer Angestellten
Märchenschloss, Traumprinz, Romantik? Quatsch! „Das ist faktisch die pure Last.“ Ein Privileg? „Bringt’s schon auf den Punkt.“ Aber eben eines, das hart erarbeitet sein will. Von Rechberg hat Forstwissenschaft studiert, ist ein Manager-Typ, brachte frischen Wind und ein zupackendes Wesen mit, als er das Anwesen vor Jahrzehnten übernahm. Und er musste erst mal Mitarbeiter entlassen: Früher waren es 28 Leute, heute schmeißt er den Laden mit einer Angestellten.
Dass sich einer den Unterhalt einer Burg freiwillig antut? Versteht er nicht!
Knapp. Lakonisch, witzig – am Grafen ist ein Spartaner verloren gegangen… Adel? „Vorbild sein. Fertig. Das ist alles.“ Und dass sich einer den Unterhalt einer Burg freiwillig antut, will ihm so gar nicht in den Kopf. Wie es sein Vorfahr tat, der das Schloss Ende des 19. Jahrhunderts wieder für die Familie zurückkaufte. „Ein unverbesserlicher Romantiker.“
Dem Großvater hingegen war die Realität zu viel. Er musste den Ersten Weltkrieg, das Ende der Adelsprivilegien, die Stürme der Weimarer Zeit und den Zweiten Weltkrieg miterleben, den Verlust der Söhne hinnehmen – wurde depressiv. „Im Grunde hat er schon alles den Bach runtergehen sehen. Bestandserhalt, das Wirtschaftliche, das wollte oder konnte er eben nicht mehr. Er ging eigentlich nur mehr in die Oper, summte Tag und Nacht seine Lieblingsmelodien.“
Aber einmal, erzählt der Graf, da wollte es der Opa wissen (und hatte wohl auch die Schnauze voll vom ewigen Frieren): Einen einzigen Winter hat er das Schloss komplett durchgeheizt. Und kam auf 70 000 Liter Heizöl. „Dabei kostete der Liter damals nur acht Pfennig!“ Von Rechberg erinnert sich: „Es war mollig warm, ja. Aber ich hab mich nie wieder so gegruselt wie damals. Das ganze Gebäude hat gebollert, geknackt und geknarzt, als seien hier tausend Geister zum Leben erwacht.“ Im nächsten Winter war wieder Schluss damit…
„Graf Batman“ erneuert die Schindeln selbst – mit Seilen gesichert
Mitten in die Diskussion um die Heizölpreise sagt der Graf: „Der Geist der hohen Räume.“ Das sei es, was ihm die Gemäuer hier vermitteln. Weite, „nicht Kleingeisterei“, nicht dieses Enge, auch geistige Größe. „Vom Standpunkt der Burg, vom Blickwinkel der hohen Räume“, seien wir Menschen mit unseren Problemen doch „nur wie Mücken, die durch die Räume fliegen, die kommen und gehen.“ Der Geist der hohen Räume – das ist Perspektive, eine gewisse Gelassenheit, relativierende, übergreifende, auch tolerante Einstellung. Ein aristokratisches Moment der Ruhe inmitten all unserer hektischen Augenblicklichkeiten.
Durchaus auch optimistisch – mit einer kleinen Beimengung von Galgenhumor eventuell: „Ich bin hier Burgherr und Kastellan in einer Person“, scherzt er. Und er macht alles. Vom Unkrautjäten bis zum Rohrebaggern für den Kanalisationsanschluss. Den Strom hat er mit einem Elektriker zusammen auf den Burgfried verlegt. Und wenn im Frühjahr Schindeln auf dem 25 Meter hohen Hauptgebäude zu erneuern sind – laut Dachdeckerinnung muss man Gebäude dieser Höhe komplett einrüsten – nun raten Sie mal, wer hier, mit Seilen gesichert, den Dachdecker gibt? „Graf Batman“, klar. „Sonst kosten mich ja die drei, vier Kacheln ein halbes Vermögen…“
„Ich würde oft lieber in einem Einfamilienhaus leben“
Diese und mannigfache andere Erfahrungen – auch der zehrende Kampf gegen manche bürokratischen Windmühlenflügel – haben den Grafen zur Erkenntnis kommen lassen: „Ich würde oft lieber in einem normalen Einfamilienhaus leben, wo ich nicht immer im Unterhemd rumwerkeln muss, damit nicht irgendein Brocken aus der Wand fällt.“
Maximilian von Rechberg ist Mitglied in 130 Vereinen
Auch sonst ist der „Do-it-yourself“-Mann viel gefragt – als CSU-Kommunalpolitiker, Stadtrat, Mitglied in rund 130 (!) Vereinen – da kommt eins zum andern. Um die wichtigsten Feiertage sitzt man da schon ein paar Tage und schreibt Gratulationskarten. „Immer schön die Zuversicht behalten“, schreibt er dann neben Wünschen für Glück und Zufriedenheit. „Es geht schon irgendwie weiter“, meint Graf von Rechberg, auch wenn es mal hart auf hart kommt. „Wie könnten wir das alles hier, diese Welt, unseren Kindern hinterlassen, wenn wir anderer Meinung wären?“ Da ist er wieder, der Geist der hohen Räume.


