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Verhandlung vor dem Schöffengericht in Laufen

Nach filmreifer Flucht vor der Polizei: Schleuser (32) zu satter Strafe verurteilt

Nach einer Verfolgungsjagd Anfang Oktober 2023 hat sich der Fahrer vor dem Amtsgericht Laufen verantworten müssen. Der Mann hatte 15 Menschen in seinem Transporter eingepfercht.

Laufen - Das war kein Thriller aus der Hollywood-Werkstatt. Auch kein Krimi aus europäischer Massenproduktion. Nein, das war wirklich echt. Im Laufener Gerichtssaal konnte man mitverfolgen, wie ein Niederländer am Steuer eines VW-Transporters mit überhöhter Geschwindigkeit und gefährlichen Überholmanövern vor der Polizei floh und schließlich im Graben am Heidewanderparkplatz landete. Auf der Ladefläche drängten sich 15 Syrer und Türken zwischen zwei und 38 Jahren. Das Laufener Schöffengericht schickte den gebürtigen Palästinenser für drei Jahre hinter Gitter. 

Der Mann aus Gaza und seine Hintermänner wollten schlauer sein als jene Schleuser, die sich vom Navi in die „Kontroll-Falle“ Walserberg lotsen lassen. Der 32-Jährige wählte am Nachmittag des 5. Oktober 2023 den Weg über Oberndorf nach Deutschland, wanderte zuvor sogar zu Fuß über die Grenzbrücke, um eine eventuell lauernde Polizeistreife auszukundschaften. Doch den schwarzen 5er-BMW mitsamt den zwei Grenzpolizisten in Zivil hatte er nicht entdeckt. 

Mit 80 Sachen durch Laufen

„Vorne saßen drei Leute, doch hinten war der weiße Transporter erkennbar schwer beladen“, berichtete Beamte aus Piding. Also mit Blaulicht und Martinshorn hinterher. Nach einem kurzen Stopp auf Höhe der Raiffeisenbank startete der Fahrer so richtig durch. Mit 80 km/h durch Laufen, mit 120 Sachen weiter nach und durch Leobendorf, wo er trotz Gegenverkehr mehrmals gefährlich überholte, auch einen Radfahrer. Weiter ging die rasende Fahrt in Richtung Schönram, wo der Lenker gelegentlich abbremste und wieder beschleunigte. „Ich hatte den Eindruck, er sucht eine Fluchtmöglichkeit in den Wald“, schilderte der Zeuge, dessen Austausch mit seinem Kollegen am Beifahrersitz ebenso mitzuverfolgen war wie die Bilder der Frontkamera. 

Fahrzeug landet im Graben

Angefordert hatte man Unterstützung mitsamt Nagelstreifen quer über die Fahrbahn, doch der 32-Jährige wendete an der T-Kreuzung in Schönram und raste in Richtung Laufen zurück, wobei er teils auf der linken Spur fahrend erneut mehrere Fahrzeuge hochriskant überholte. Doch dann der dramatische Warnruf im Polizeifahrzeug: „Pass auf, der bremst!“ Tatsächlich versuchte der Niederländer auf den Heideparkplatz abzubiegen, geriet dabei aber auf die Böschung und in den Graben.
Zu Fuß flüchtend, konnte ihn der 32-jährige Beamte einholen, ihn umwerfen, um anschließend mit ihm gemeinsam in den Graben zu stürzen, wobei sich der Verfolger schmerzhaft das Knie verrenkte. Inzwischen war eine Streife der PI Trostberg, die zufällig in der Region unterwegs gewesen war, zur Unterstützung eingetroffen. 

Angeklagter soll die Strecke gekannt haben

Viel zu berichten hatte eine 30-jährige Sachbearbeiterin der Bundespolizei Freilassing. So war im Blut des Fahrers THC festgestellt worden. Geschleuste hatten ihr von „eng, dunkel, wenig Luft“ berichtet und von ihrer Angst bei der rasenden Fahrt. Einer habe 6500 Euro für den Transport von der Türkei nach Deutschland bezahlt, ein anderer 4000 Euro ab Serbien und ein Vater mit Frau und Kind 15.000 Euro für den Weg Türkei-BRD.

Wenige Tage vor dieser Verhandlung hatte der Palästinenser eine umfangreiche Aussage gemacht und seine Hintermänner benannt. Einer davon, sein Cousin in Wien. Über den soll er an den Auftrag und an die Anweisungen gekommen sein, nachdem seine Geldprobleme bekannt geworden waren. „Er brauchte Geld für seine Mutter, die im Krankenhaus liegt“, erzählte sein Wahlverteidiger Jamil Azem. Bei der Fahrt habe der Angeklagte „Panik“ bekommen, denn die Polizei in Gaza sei eine andere als hierzulande. Vorsitzender Martin Forster hatte angesichts der Bilder eher den Eindruck, der Angeklagte kenne die Strecke, habe gezielt gebremst, wissend hier gehe es in den Wald. Azem verteidigte den Niederländer als engagierten Helfer im „Asylheim“ und interkulturellen Versöhner. „Er hat sich hier einfach falsch entschieden.“  

Ansicht des Verfolgungsvideos führt zu höherer Strafe

Pflichtverteidiger Jürgen Pirkenseer betonte, dass der Angeklagte zunächst von sechs Mitfahrern ausgegangen sei, später erst habe man ihm „zusätzliche Personen“ reingesetzt. 450 Euro habe der 32-Jährige für Spesen bekommen und 1050 Euro für Flug und Autoanmietung. Rechtsanwalt Azem räumte ein, zunächst auf eine Bewährung gesetzt zu haben, nach Ansicht des Verfolgungsvideos aber beantragte er doch zwei Jahre und vier Monate. Kollege Pirkenseer erachtete zwei Jahre und acht Monate für angemessen. 

Staatsanwalt Nils Wewer gestand, ursprünglich auf drei Jahre und neun Monate habe plädieren wollen, nach den „wertvollen Hinweisen“ des Angeklagten beantragte er schließlich drei Jahre und drei Monate. Das Schöffengericht entschied auf drei Jahre, eine Führerscheinsperre und den Einzug von Wertersatz in Höhe von 1500 Euro. Der Niederländer weinte mit fortlaufender Verhandlung immer heftiger. 

hhö

Rubriklistenbild: © hhö

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