„Ich war schockiert, wie viele in der Region“
Würdige Gedenkfeier: Ruhpoldinger nehmen Abschied von getötetem Säugling
Knapp 100 Bürger hatten sich in der katholischen Pfarrkirche Sankt Georg eingefunden, um in einer ökumenischen Gedenkandacht Abschied von einem unbekannten Säugling zu nehmen. Der Bub war gewaltsam zu Tode gekommen.
Ruhpolding – Knapp 100 Bürger hatten sich in der katholischen Pfarrkirche Sankt Georg hoch über Ruhpolding eingefunden, um in einer ökumenischen Gedenkandacht Abschied von einem unbekannten Säugling zu nehmen. Der Bub war gewaltsam zu Tode gekommen und am Sonntag in der Nähe des Wanderparkplatzes Seekopf an einem Weg Richtung Förchensee abgelegt worden. Von Mutter, Vater oder Beteiligten gibt es nach wie vor keine Spur.
Weiter keine Spur von den Eltern
„Etwas ganz Furchtbares ist passiert, es gibt nichts Schlimmeres als ein totes Kind“, sagte Ruhpoldings evangelischer Pfarrer Bernd Reuther. Er selbst sei am Sonntag mit einer Gruppe von Konfirmanden im Gemeindebus vom Weitsee kommend vorbeigefahren und habe das Polizeiauto stehen gesehen. Er habe sich nichts dabei gedacht, tags darauf hätte ihn Bürgermeister Justus Pfeifer über den tragischen Fall informiert. „Ich war schockiert, wie viele in der Region“, betonte Reuther. Man müsse den Fall als Dorfgemeinschaft gemeinsam tragen.
Zuvor ließ der katholische Pfarrer Otto Stangl das Lied 422 aus dem Gotteslob anstimmen, ein eher unbekanntes. „Ich steh vor Dir mit leeren Händen, Herr, fremd wie dein Name sind mir deine Wege“, so beginnt die erste Strophe. Er ging darauf ein, sprach von einer menschlichen Tragödie, zitierte weitere Strophen und erklärte sie.
Im Anschluss an die Gedenkandacht führten beide Pfarrer die Gruppe in einem gemeinsamen Weg der Stille zur 300 Meter entfernten Mariensäule oberhalb des ehemaligen Altenheims St. Adelheid. Bei leichtem Schneefall führte der Weg vorbei an der Aussegnungshalle, wo die Urne noch bis um 28. Dezember zu sehen ist. Viele hatten Grablichter dabei und stellten sie vor der Marienfigur ab. Daneben steht eine Tafel mit zwei Botschaften: „Wir sind betroffen von der Tragödie des gewaltsamen Todes des aufgefundenen Säuglings.“ Und darunter: „Wir beten auch für alle Kinder und Jugendliche, die Opfer von Gewalttaten, Krieg, Hunger und Terror sind.“
Mit zwei Gebeten und einem „Vater Unser“ beendeten die Ruhpoldinger Geistlichen die Gedenkandacht, die in der Kirche von Jörg Scholkowski an der Orgel und an der Mariensäle von Pastoralreferent Georg Gruber an der Posaune begleitet wurde. Ruhpoldings Bürgermeister sprach von einer würdevollen Andacht und meinte: „Der tote Säugling berührt den gesamten Ort, das sieht man an der großen Anteilnahme, wir hoffen, dass die Polizei bei aller Tragik den Fall lösen kann.“
Polizeirat glaubt an Ermittlungserfolge
An der Seite des Gemeindeoberhaupts stand den gesamten Abend Gerrit Gottwald, Leiter der Polizeiinspektion Traunstein, der mit einigen Kollegen aus seinem Haus gekommen war. Der Polizeirat zeigte sich auf Anfrage optimistisch: „Mit den neuesten technischen Mitteln haben wir da schon Möglichkeiten, den Fall aufzuklären.“
Die Beerdigung findet laut Pfeifer am 28. Dezember statt. In der kirchlichen Bedeutung ist es der Tag des unschuldigen Kindes. Er geht auf das 6. Jahrhundert zurück. Laut Bibel ließ König Herodes an diesem Tag die Kinder von Bethlehem töten, in der Hoffnung, dabei auch Jesus zu erwischen.