Vier Tage nach dem Verbrechen
Getöteter Säugling bei Ruhpolding: Welchen Hinweisen und Spuren die Polizei nachgeht
Die Polizei ermittelt auf Hochtouren: Vier Tage nach dem Fund eines toten Neugeborenen nahe Ruhpolding verfolgt die Polizei weiter jede Spur. Doch die Hinweislage ist dünn. Stammt die Mutter des Kindes womöglich nicht aus der Region?
Ruhpolding - Wer tut einem wenige Stunden alten Neugeborenen so etwas an? Diese Frage bleibt auch vier Tage nach dem Fund eines toten Säuglings in der Nähe von Ruhpolding unbeantwortet. Man habe einige Hinweise erhalten, aber noch keine heiße Spur, sagt Alexander Huber, Sprecher des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd.
Der Bub war am Sonntag, 4. Dezember, gegen Mittag nahe dem Seekopf-Wanderparkplatz entdeckt worden. Die Staatsanwaltschaft Traunstein und die Polizei mit ihren Experten vom Kommissariat 1 und der Spurensicherung nahmen umgehend die Arbeit auf und konnten bereits am Montag, 5. Dezember, erste Resultate vermelden. Erstens: Der Säugling war erst kurz vor seiner Auffindung abgelegt worden. Zweitens: Gestorben ist er wohl an Gewalteinwirkung. Das ergab die Obduktion am Sonntagabend.
Es ist der zweite Fall von Gewalt gegen Babys, der die Menschen in der Region in diesen Tagen schockiert. Während die Polizei nach der Mutter des Neugeborenen von Ruhpolding sucht, muss sich eine Frau aus Haag vor dem Landgericht Traunstein verantworten. Ihr wird vorgeworfen, ihre sieben Monate alte Tochter so heftig geschlagen zu haben, dass das Mädchen in die Klinik gebracht werden musste. Dort stellte man einen Schädelbruch fest. Vor Gericht steht auch der Ex-Mann der Frau; ihm wirft der Staatsanwalt vor, nicht eingegriffen zu haben.
Hinweise oft eher allgemeiner Natur
Von ihren laufenden Ermittlungen im Fall Ruhpolding gibt die Polizei nur spärliche Details preis. Offenbar hat sich bei den Behörden noch kein direkter Augenzeuge gemeldet, der gesehen hätte, wie das Kleine abgelegt wurde. Auch sind wohl noch keine Angaben von verdächtigen Autos eingetroffen. Es werde aber jedem einzelnen Hinweis nachgegangen, sagt Alexander Huber, auch wenn sie nur allgemeiner Natur seien.
Wovon ausgegangen werden darf: Die Polizei hat bei Kliniken und Hebammen in der Region Traunstein und Rosenheim nachgefragt. Und offenbar auch von dort keinen Hinweis erhalten. Offenbar hat deswegen die Polizei ihren Fokus auch über die Region hinaus geweitet. Es könne ganz und gar nicht ausgeschlossen werden, dass die Eltern des Kindes nicht aus Ruhpolding, sondern von weiter weg, etwa aus Österreich, stammen. Denn die Fundstelle ist nur wenige Meter von der B305 entfernt, die in Richtung Kössen/Tirol führt. Die Polizei ruft nach wie vor dazu auf, sich als Zeuge zu melden, wenn man etwa eine Frau kennt, die kürzlich entbunden haben müsste und kein Kind hat.
Ökumenische Andacht soll Trost spenden
Während die Polizei mit Hochdruck ermittelt, trauern die Menschen in Ruhpolding. Für Freitag, 9. Dezember, 18.30 Uhr laden die katholische und die evangelische Kirchengemeinde zu einer ökumenischen Andacht in die Pfarrkirche St. Georg ein, „bei der man seiner Trauer Ausdruck verleihen kann“, wie Ruhpoldings Bürgermeister Justus Pfeifer auf Instagram neben dem Bild einer im Dunkeln brennenden Kerze schreibt.
Die Andacht ist verbunden mit einem „gemeinsamen Weg in Stille“ zur Marienfigur oberhalb des ehemaligen Altenheims St. Adelheid. Diese Marienfigur befindet sich in einem Baumstamm an dem Fußweg, der vom neuen Friedhof Richtung St. Adelheid führt. „Die Marienfigur kann auch ein Ort des persönlichen Gedenkens und Gebetes sein“, schreibt Pfeifer.