Verfolgungsjagd zwischen Burghausen und Neuötting
„Schlimmer als ein Tiertransport“: Staatsanwältin fordert über neun Jahre Haft für Schleuser
Ein Schleuser lieferte sich zwischen Burghausen und Neuötting eine rasante Verfolgungsjagd mit der Polizei. In seinem Transporter saßen elf türkische Staatsangehörige – darunter drei Kinder. Weil er nach dem Anhalten auf einen der Beamten zusteuerte, wurde er unter anderem wegen versuchten Mordes angeklagt. Am Landgericht Traunstein wurde nun das Urteil gegen den Mann gefällt.
Übersicht:
Update 16 Uhr: Staatsanwältin forderte neuneinhalb Jahre Haft
Am Nachmittag des zweiten Prozesstages gegen Archil L. (39) aus Georgien werden nun die Plädoyers vorgetragen. Während Staatsanwältin Stefanie Grossmann neuneinhalb Jahre Freiheitsstrafe für den geständigen Schleuser fordert, ist Verteidigerin Maria-Theresa Herzog überzeugt, dass viereinhalb Jahre Haftstrafe genügen. Nachdem die Insassen am ersten Verhandlungstag jedoch geäußert hatten, dass sie Todesangst empfunden hätten und die Fahrt nach Deutschland für sie „schlimmer als ein Tiertransport“ war, kam Grossmann zu dem Schluss, dass sich der Fall negativ von anderen abhebe.
Obwohl beim Schleusergeschäft regulär der Profit über allem stehe – auch über Menschenleben. Rechtsanwältin Herzog verteidigte ihren Mandanten, und betonte, dass auch die Schleuser „zum Narren gehalten und verarscht“ würden. Archil L. entschuldigte sich in seinen letzten Worten erneut für seine Tat und beteuerte, keine kriminelle Persönlichkeit zu haben.
Kein Urteil wegen versuchten Mordes
Am Ende wurde der Georgier vom Schwurgericht schuldig gesprochen und zu sechs Jahren und sechs Monaten Freiheitsstrafe verurteilt: wegen der Schleusung von elf Personen unter lebensgefährlicher Behandlung, mehreren Körperverletzungen und dem verbotenen Kraftfahrzeugrennen, das er sich mit der Polizei lieferte. Archil L. wurde außerdem wegen vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs und Zerstörung wichtiger Arbeitsmittel schuldig gesprochen – jedoch nicht wegen versuchten Mordes. Volker Ziegler, der Vorsitzende Richter, begründete dies damit, dass der Schleuser den Polizisten im Gefahrenbereich nicht erkannt habe. Ihm könne demnach weder eine Tötungs- noch eine Verletzungsabsicht unterstellt werden.
„Schleusungen werden immer gefährlicher“ hob Richter Ziegler am Ende noch hervor. Erst im Oktober letzten Jahres waren bei einem Unfall mit einem Schleuser-Transporter sieben Menschen ums Leben gekommen – darunter ein sechsjähriges Kind. Im Herbst soll am Landgericht Traunstein der Prozess gegen den Fahrer anlaufen.
Update 11 Uhr: Vorwurf des versuchten Mordes möglicherweise vom Tisch
Der zweite Verhandlungstag gegen einen geständigen Schleuser aus Georgien beginnt mit der Vernehmung weiterer Zeugen. Archil L. (39) soll insgesamt elf türkische Staatsangehörige, darunter drei Kinder, über den Grenzübergang „Alte Brücke“ in Burghausen nach Deutschland eingeschleust haben. Der Zeuge sagt, die geschleusten Personen seien von maskierten Menschen in einem Waldgebiet zu dem Transporter gebracht worden. Das Gesicht des Fahrers habe er jedoch nicht sehen können. Weitere Zeugen berichten, dass die Fahrt in dem Transporter rund neun Stunden gedauert habe. Rund 800 Euro sollen sie für die Schleusung gezahlt haben.
Der Vorsitzende Richter des Schwurgerichts, Volker Ziegler, ruft anschließend Polizeibeamte in den Zeugenstand. Die Polizisten berichten von den Festnahmeszenen nach der Verfolgungsjagd. Der Schleuser habe sich zwar nicht gewehrt, „aber er hat sofort Essen und Trinken von uns gefordert“, sagte einer der Beamten. Nach der Anhörung der Zeugen besprechen Ziegler und Staatsanwältin Stefanie Grossmann dann die rechtlichen Hintergründe zu einem Anklagepunkt.
Archil L. waren ursprünglich zehn verschiedene Delikte vorgeworfen, darunter auch versuchter Mord. Bereits am ersten Verhandlungstag hatte die Kammer nach Anhörung des Unfallgutachters, Frank Schmidinger aus Töging, keinen Vorsatz für versuchten Mord gesehen. Auch der vorsätzliche gefährliche Eingriff in den Straßenverkehr scheint rechtlich schwierig nachweisbar zu sein. Es bleibt dennoch genügend Stoff für die Anklage und den Georgier wird wohl trotz seines Geständnisses eine höhere Freiheitsstrafe erwarten.
Vorbericht: Urteil gegen geständigen Schleuser erwartet
Traunstein / Burghausen – Am Landgericht Traunstein wird am 11. Juni der Prozess gegen den 39-jährigen georgischen Staatsangehörigen Archil L. fortgesetzt. Ihm werden unter anderem versuchte Einschleusung, Körperverletzung und versuchter Mord vorgeworfen. Der Vorfall ereignete sich am 1. September 2023, als Archil L. elf türkische Staatsangehörige in einem Kleintransporter über die „Alte Brücke“ in Burghausen nach Deutschland schmuggeln wollte.
„Sie haben uns wie Tiere in das Fahrzeug gepackt“
Als Zeugen sagten unter anderem eine Mutter und ein Vater aus, die von Schleuser Archil L. mit ihren drei Kindern nach Deutschland gebracht wurden. „Sie haben uns wie Tiere in das Fahrzeug gepackt und nicht einmal Wasser gegeben“, übersetzte die Dolmetscherin die Aussage des Vaters. Er gab an, sein sieben Monate altes Baby sei wegen Atemnot im Laderaum beinahe ohnmächtig geworden. Bei einer Verfolgungsjagd, die sich der Schleuser mit der Polizei geliefert hatte, wurden die Personen im Transporter herumgeschleudert.
Ein Video, das einer der Polizisten bei der Verfolgung erstellte, zeigte, wie der Transporter mehrmals zu riskanten Überholmanövern ansetzte und auf der Strecke zwischen Burghausen und Neuötting auf bis zu 160 Stundenkilometer beschleunigte. Nachdem der Wagen in Neuötting zum Stehen kam und die Beamten aus dem Polizeiwagen springen wollten, gab der Schleuser noch einmal Gas und steuert direkt auf einen der beiden Polizisten zu.
„Es ging alles zack, zack, zack“, sagte der Beamte und beschrieb, wie er sich im letzten Moment wieder in den Wagen retten konnte, bevor der Transporter gegen die Beifahrertür prallte. Der Angeklagte zeigte jedoch Reue und entschuldigte sich bei beiden Polizsten. Er habe nicht beabsichtigt, jemanden zu verletzen, oder „zig Tote über die Grenze zu bringen“, sei aber in Panik geraten und „wie mit Scheuklappen“ gefahren. Am 11. Juni soll nun das Urteil über seine Taten gefällt werden.