Wann können wir die Chiemgau-Welle reiten?
Pläne zur Traunsteiner Surferwelle auf Eis? „Die Aufgabe ist jetzt definitiv die Finanzierung“
Die Welle steht - zumindest die Motivation des Vereins Chiemgau Welle. Seit Jahren arbeiten sie daran, im Traunsteiner Mühlbach einen Traum wahr werden zu lassen: Eine stehende Welle für alle Surfbegeisterten. Der Standort ist schon länger klar, dann die Zusage der Stadt Traunstein zur finanziellen Unterstützung. Und jetzt? Stagnation? Von wegen:
Traunstein – Man müsse sich die Organisation zu so einem Projekt vorstellen, wie einen Fluss, so Vereinsmitglied Johannes Thussbas. Ständig ändere sich etwas, alles sei fließend. Die bürokratischen Wellen schlagen hoch bei der Realisierung der Chiemgauer Surferwelle; das hören wir gleich am Anfang unseres Gespräches mit den Initiatoren heraus: Auf die Frage, warum es denn so still geworden sei um die Pläne zur Surferwelle, überschlagen sich die Gründe. Es war wohl gar nicht so still?
Wellen der Bürokratie und Corona-Bremse
„Also die Stille entsteht im Endeffekt eigentlich dadurch, dass immer viel Technisches zu machen ist. Wenn die technische Phase kommt, wird es öffentlich immer stiller.“ Vereinsmitglied Johannes Thussbas ist für die Technik des Projektes zuständig. Mit „technisch“ ist an dieser Stelle aber viel mehr gemeint, als die Konstruktion der geplanten stehenden Welle im Mühlbach: Risikoanalyse und Sicherheitskonzept, Fördergelder-Anträge und viele weitere Gutachten.
Es war ein bewegtes Jahr für das Projekt: Man habe sich einen ambitionierteren Zeitplan gewünscht, liege aber noch gut dabei, so Thussbas. Unter anderem seien die Einschränkungen der Pandemie und die Wirtschaftskrise eine Bremse bei der Umsetzung gewesen. Die Pläne zur Welle schreiten aber weiterhin voran. Derzeit steht die Finanzierung ganz weit oben auf der To-do-Liste.
Für große Freude sorgte im Juli 2022 die Entscheidung der Stadt Traunstein: 250.000 Euro wurden damals als Finanzhilfe in Aussicht gestellt. Der Standort steht schon seit 2018. Die Wahl fiel auf den Bereich der Einmündung des Mühlbaches in die Traun auf Höhe der Reiffenstuel Realschule Traunstein. Dem Auswahlverfahren waren einige Gutachten zu Hydrologie und Umweltschutz vorausgegangen.
Zwischen Energie für Strom und „Energie für Leute“
Der Mühlbach ist auch ein wichtiger Energielieferant für insgesamt sieben Wasserkraftwerke: „Wir wollten da auch Teil der Mühlbachfamilie sein“, so die Pressesprecherin und zweiter Vorstand des Vereins, Lisa Springer: „Und genauso wie quasi sieben Kraftwerke daraus Strom produzieren, ist unser Ziel, einfach eine positive Energie oder, wie soll man sagen, Energie für Leute zu produzieren“, ergänzt Thussbas metaphorisch die Aussage.
Entsprechend wichtig wäre nach wie vor die Vernetzung und Zusammenarbeit mit dem Wasserwirtschaftsamt und den Stadtwerken, um Synergien zu nutzen und sich nicht in die Quere zu kommen. Aber auch der Umweltaspekt spiele für sie eine entscheidende Rolle: „Wir wollen mit der Natur ordentlich umgehen.“ Lisa Springer hebt auch hervor, dass die Surf-Anlage keinen externen Strom benötige, da das Wasser ihnen die Energie quasi zuströme.
Zusage von Fördergeldern der Stadt: Abarbeiten von Kriterien
Mit den Fördergeldern funktioniert das mit dem Zuströmen nicht ganz so einfach. Zwar habe man die Zusage der Stadt Traunstein. Diese sei aber an eine Fülle von Kriterien verknüpft: „Das, was wir jetzt im letzten Jahr gemacht haben, ist diesen Punktekatalog, diese Hausaufgaben abzuarbeiten.“ Damit, verkündet Johannes Thussbas, seien sie jetzt fertig. Als Beispiel nennt Thussbas das Rechtsgutachten, das bei einer externen Firma in München in Auftrag gegeben wurde. Hier wurden sicherheitstechnische Fragen geklärt. Allein dieses Gutachten kostete den Verein 10.000 Euro. Finanziert werden solche Ausgaben mit Vereinsbeiträgen und Spenden. Denn: Auch bei einer Förderung müssen die Surfer in Vorleistung gehen.
„Das ist uns nur möglich, weil wir einen sehr stabilen Mitgliederstamm haben. Also die Idee gibt es jetzt seit zehn Jahren, den Verein eingetragen quasi seit fünf Jahren. Wir sind jetzt beim Mitgliederstand von über 140 Mitgliedern. Die zahlen Mitgliedsbeitrag, obwohl es noch keine Welle gibt und das ist natürlich etwa, das uns immer wieder motiviert.“ Trotz aller Motivation: Die Finanzierung sollte eigentlich auf drei Beinen stehen: Mittel des Vereins, der Zuschuss der Stadt, und das Förderprogramm LEADER. Letzteres wird von EU-Geldern getragen und soll das Leben im ländlichen Raum ankurbeln. Also genau das, was die Chiemgau Welle laut Initiatoren möchte.
EU-Fördergelder beim ersten Anlauf nicht bewilligt
Die geschätzten 750.000 Gesamtkosten stellen den Verein vor eine große finanzielle Herausforderung, die ohne öffentliche Fördermittel nicht zu bewältigen wären. Beim letzten Mal hat es mit den LEADER -Mitteln nicht funktioniert. „Hier war der Zeitraum zwischen erforderlicher Genehmigung und Antragstellung zu knapp. Die Aufgabe ist jetzt definitiv die Finanzierung.“ Man sei aber für die kommende Förderperiode sehr zuversichtlich, so Johannes Thussbas. Und das gilt auch für den Baustart: „Wir können nur in einem bestimmten Zeitfenster beginnen. Im Winter ist es zu kalt, im Sommer die Gefahr von Hochwasser zu stark.“
Baubeginn frühestens im Herbst 2024
Der Oktober, in dem jährlich auch die sogenannten Mühlbachkehr stattfindet, also die Reinigung des Kanals, sei ihr Zeitfenster. Können wir schon mit einem Baubeginn im Jahr 2024 rechnen? „Also die Bachkehre nächstes Jahr, wir sind immer auf die Bachkehre nächstes Jahr heiß. Aber da werden jetzt wegweisende Entscheidungen getroffen, wie es weitergeht und wann es weitergeht.“ Eine der anstehenden Aufgaben sei zum Beispiel die Sanierung des betreffenden Bachabschnittes, da durch vergangene Hochwasser die Uferbefestigung zerstört wurde. Dies sei also, so Thussbas ganz unabhängig von der Welle zu erledigen. Der Bau der Welle könnte diese Funktion gleich mit erfüllen, da sie genau an dieser Stelle geplant sei.
Eine Welle für alle: Preiswert und niedrigschwellig
Es werden noch einige bürokratische Wellen zu reiten sein, bis die Surfer auch in Traunstein einen Ort für ihr Hobby haben. Es ginge aber um viel mehr als nur eine Randsportart. Die Welle soll für alle da sein, so Lisa: „Also uns ist wichtig, dass wir die Einstiegshürde zum Surfen niedrig halten, dass das wirklich für jeden was ist.“ Man wolle die Vereinslandschaft Traunsteins bereichern und das Ganze solle auch nicht vom Geld abhängig sein. Für jeden leistbar, finanziell wie sportlich. Die Anlage sei, so Springer, gerade auch für Anfänger gut geeignet. Mit der Errichtung der stehenden Welle ziehe man generell junge Leute in die Stadt und gestalte diese attraktiver. Derweil müssen Wellenreiter noch ins benachbarte Salzburg an den Almbachkanal oder nach München zum Eisbachkanal pilgern.
Dort kann man dann auch beobachten, dass nicht nur Surfer die stehende Welle feiern. Viele Zuschauer rund um das Bauwerk bestaunen die Sportler. Es sei, so Springer, fast wie Sonnenuntergang gucken. Fluss-Surfen: Die Sportart boomt und habe laut Initiatoren der Chiemgau Welle eine große Zukunft. Sie bleiben definitiv dran und werden viele weitere Stunden ihrer Freizeit investieren, den Traum wahr werden zu lassen.



