American Staffordshire kam verletzt aus der Ukraine
Traunreuter Pärchen kämpft vor Gericht: Darf verbotener Listenhund „Tokio“ noch bleiben?
Schwerverletzt kam Kampfhund „Tokio“ aus der Ukraine nach Deutschland und wird jetzt von einem Traunreuter Pärchen gepflegt und ausgebildet. Wegen seiner Rasse dürfte er eigentlich gar nicht hier sein. In München ging es nun vor Gericht - mit klarem Urteil, doch weiterhin ungewissem Ausgang.
Traunreut/München - Ein liebevolles Tier für die Halter, „ungefährlich“ laut Richterin, ein „armes Hascherl“ auch in den Augen des Traunreuter Ordnungsamts - und trotzdem darf der American Staffordshire „Tokio“ eigentlich nicht mehr bei seiner Familie in Traunreut bleiben. Das Verwaltungsgericht München hat am Donnerstag (18. Januar) die Klage des Pärchens abgewiesen. Denn „Tokio“ gilt als „Kampfhund“, als Listenhund der Kategorie 1. Die dürfen in Bayern nur mit Genehmigung und unter ganz bestimmten Voraussetzungen gehalten werden. Und die scheinen hier nicht erfüllt zu sein...
Ist ein hinkender, operierter American Staffordshire noch gefährlich?
Zwischen zerbombten Häusern und mit gebrochener Hüfte wurde der Hund in der Ukraine gefunden. Flüchtlinge nahmen ihn kurzerhand nach Deutschland mit. „Tokio“ landete dann in München. Spendengelder ermöglichten dem dortigen Tierschutzverein eine Operation für den Hund. „Er hinkt, ein längerer Spaziergang ist mit ihm nicht möglich“, so Claus Reichinger vor dem Verwaltungsgericht. Er ist Stellvertretender Vorsitzender des Tierschutzvereins und vermittelte den Hund dann nach Traunreut. Doch Ende vergangenen Jahres endete die Ausnahmegenehmigung für die dortigen Halter, ein junges Pärchen.
„Ich hab‘ den Hund auch gesehen. Er tut einem leid, er ist ein armes Hascherl“, meinte auch Daniel Heller vom Traunreuter Ordnungsamt vor dem Verwaltungsgericht. Aber: Die Stadt will keinen Präzedenzfall schaffen. Reichinger und das Traunreuter Pärchen behaupten, der Hund sei Teil eines Forschungsprojekts. „Wir wollen zeigen, dass auch Listenhunde Sozialtests bestehen können“, so Reichinger. „Tokios“ Halter in Traunreut macht momentan eine Ausbildung in der Krisenintervention, dort soll der Hund mit seiner ruhigen Ausstrahlung künftig zum Einsatz kommen.
Im Fall „Tokio“ hart bleiben: Stadt Traunreut will keinen Präzedenzfall schaffen
Doch von diesen „wissenschaftlichen Zwecken“ war das Verwaltungsgericht nicht überzeugt. Das „berechtigte Interesse“ zur Haltung eines Kampfhundes, das im Gesetz vorgeschrieben ist, sei nicht erfüllt. Die enge Bindung zwischen Hund und Herrchen reicht dafür auch noch nicht. Auf einen Kompromissvorschlag des Gerichts - zum Beispiel ein Sachkundenachweis für den Halter und das Einhalten strenger Auflagen - wollte sich die Stadt Traunreut nicht einlassen. „Sonst behauptet irgendwann jeder Kampfhundehalter, er sei bei einer wissenschaftlichen Forschung dabei“, so Daniel Heller vom Ordnungsamt.
Sind die harten Vorschriften bei „Listenhunden“ in Bayern gerecht? Immer mehr kreiste der Prozess um diese Frage. „Listenhunde sind in Bayern in größter Not. Die Tierheime platzen deswegen“, rechtfertigte der Traunreuter Hundehalter seine Entscheidung für „Tokio“. Seine Anwältin Gianna Chiappa beklagte den Flickenteppich in Deutschland, wo welche Hunde erlaubt sind. „Bei uns im Tierheim in München tummeln sich die gefährlichsten Hunde Deutschlands. Aber Listenhunde gehören nicht dazu“, meinte Claus Reichinger. „Es geht hier nicht um Vorurteile. Aber das ist das Gesetz“, hielt der Vertreter der Stadt Traunreut entgegen.
Eigentlich müsste der Hund jetzt ins Tierheim oder ein anderes Bundesland
Nach der Niederlage des Traunreuter Pärchens gilt jetzt wieder die Abgabeverpflichtung. „Tokio“ müsse demnach in ein Tierheim oder in ein anderes Bundesland. Die Hundehalter mit ihrer Anwältin Chiappa wollen das nicht auf sich sitzen lassen. „Wir werden Rechtsmittel einlegen“, so Chiappa gegenüber chiemgau24.de. Sollte man dann in nächster Instanz vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof Recht bekommen, will sich auch Traunreut beugen, kündigte Daniel Heller für die Stadt an. Doch wie der Fall auch enden wird: Chiappa und „Tokios“ Herrchen hoffen, dass die Stadt nicht ernst macht - und „Tokio“ vielleicht doch einfach bleiben kann.
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