„Ungewiss, was da auf uns zukommt“
Rollt „Traudl“ bald an? So stimmt Chiemings Gemeinderat über den Rufbus ab
In der jüngsten Gemeinderatssitzung in Chieming ging es um den Rufbus „Traudl“, der den Nahverkehr attraktiver machen soll. So fiel die Abstimmung aus.
Chieming – In der jüngsten Gemeinderatssitzung stand die Abstimmung für den flexiblen Bedarfsverkehr, auch Rufbus genannt, namens „Traudl“ an. Die Abstimmung erfolgte mit 14:3 Stimmen für das mobile Hilfsmittel, das gemeinsam mit den bereits bestehenden öffentlichen Verkehrsmitteln den ÖPNV im Nahverkehr attraktiver machen soll. Gegen die Einführung des Rufbusses gemäß Beschlussvorlage stimmten Heinz Wallner sowie Franz-Xaver Mayer (BBW) und Irmgard Asenkerschbaumer (CSU).
Sechs Jahre Betriebszeit
In der Beschlussvorlage stand: „Die Gemeinde Chieming beteiligt sich an den entstehenden Kosten für den flexiblen Bedarfsverkehr ‚Traudl‘ gemäß der vom Landkreis Traunstein erstellten Grobkostenschätzung. Die Höhe des finanziellen Beitrags bewegt sich je nach Szenario zwischen 63 000 Euro beziehungsweise 71.000 Euro im ersten Betriebsjahr und 92.000 Euro beziehungsweise 100.000 Euro im sechsten Betriebsjahr jährlich. Die Dauer des Vorhabens beträgt sechs Jahre, in denen die Gemeinde zur Zahlung des jährlichen Betrags verpflichtet ist.“
Gemäß dieser Vorlage gilt die Zustimmung Chiemings auch für den Fall, dass eine oder mehrere Gemeinden der geplanten Vorgehensweise nicht zustimmen, soweit das Bediengebiet weiterhin zusammenhängt und die geschätzten Kosten für die Gemeinde durch die Anpassung des Bediengebiets den ursprünglichen Ansatz nicht um mehr als zwanzig Prozent überschreiten. Zugleich spreche sich Chieming für Bedienzeiten am Wochenende entsprechend Option A bis 1 Uhr aus.
Bürgermeister Stefan Reichelt erläuterte die Hintergründe des Nahverkehrsangebotes. „Die Anforderungen und Erwartungen an den ÖPNV steigen zunehmend. Mit der Aufstellung des Nahverkehrsplans im Jahr 2022, dem schrittweisen Ausbau einzelner ÖPNV-Linien sowie durch die Vorbereitungsarbeiten für einen Verkehrsverbund trägt der Landkreis Traunstein dazu bei, diese Anforderungen zu erfüllen und den Erwartungen gerecht zu werden. Gerade im ländlichen Raum und in einem Flächenlandkreis können Buslinien jedoch nicht jeden kleinen Ortsteil beziehungsweise Weiler erschließen. Um auch diese Herausforderung zu meistern, hat der Landkreis im Dezember 2022 ein ‚Förderprogramm für die Umsetzung flexibler Bedarfsverkehre für kreisangehörige Gemeinden des Landkreises Traunstein‘ beschlossen. Dieses Förderprogramm ermöglicht den landkreisangehörigen Gemeinden die Einführung sogenannter flexibler Bedarfsverkehre mit organisatorischer, planerischer und finanzieller Unterstützung des Landkreises.
Vor diesem Hintergrund haben die fünf Gemeinden Chieming, Grabenstätt, Grassau, Seeon-Seebruck und Übersee in enger Abstimmung mit dem Landkreis Traunstein ein Konzept für einen haltestellenbezogenen Bedarfsverkehr (On-Demand-Verkehr) namens „Traudl“ erarbeitet.
„Ungewiss, was da auf uns zukommt“
Die Höhe der geschätzten jährlichen Kosten beträgt je nach gewählter Option etwa 621.000 Euro bis 663.000 Euro im ersten Betriebsjahr und 685.000 Euro bis 732.000 Euro im sechsten Betriebsjahr. Davon abzuziehen sind geschätzte jährliche Ticketeinnahmen zwischen circa 49.000 Euro und 51.000 Euro. Der Landkreis beteiligt sich mit dem landkreiseigenen Förderprogramm mit jährlich 80.000 Euro an den Kosten. Zudem können Projekte dieser Art staatlich gefördert werden.
Vor der Abstimmung kam es zu einer längeren und angeregten Diskussion zwischen den Gemeinderäten.
Als Erster meldete sich Gemeinderat Heinz Wallner (BBW) zu Wort. Was ihn störe sei die Art und Weise der Finanzierung, dass nur fünf bis zehn Prozent der Einnahmen von den Nutzern kommen sollen. „Die Kosten sind variabel, es ist ungewiss, was da auf uns zukommt, und wir können aus dem Vertrag dann auch nicht mehr raus.“ Wallner sprach sich dafür aus, das Projekt auszuschreiben, sodass ein privater Wettbewerb zwischen anbietenden Firmen gefördert werde, die den Rufbus dann betreiben.
Josef Mayer (CSU) sieht das Konzept zum Rufbus „positiv“. – „Da spart man sich 20.000 Euro für die Ringlinie“.
Anpassungen sind möglich
Elisabeth Heimbucher (Grüne) fragte, ob nach dem fünften oder sechsten Jahr ein Ausstieg aus dem Projekt möglich sei. Reichelt antwortete: „Faktisch ja, aber politisch schwierig.“
Irmgard Asenkerschbaumer (CSU) wollte wissen, ob innerhalb des Sechs-Jahres-Zeitraums eine Konzeptveränderung möglich sei. Bürgermeister Reichelt antwortete, die Bindefrist liege bei sechs Jahren, aber seien auch Anpassungen möglich. So wurde bei „Rosi“ nach einem Jahr ein Fahrzeug nachgekauft, weil der Bedarf dafür vorhanden war.