Land- und Baumaschinenmechatronikerin aus Siegsdorf
„Und du kannst das?“ - Wie sich Annalena Maier in ihrem Männerberuf behauptet
Annalena Maier ist Land- und Baumaschinenmechatronikerin. Eine Berufsbranche, die nicht viele weibliche Gesichter sieht. Für die Siegsdorferin ihr absoluter Traumjob - obwohl sie sie in ihrem männerdominierten Job ihr Können immer wieder aufs Neue unter Beweis stellen muss.
Siegsdorf - „Und du kannst das?“, „Was du machst, ist Müll“, „Nimm dir einen Besen und kehr zusammen“, „Komm, gehst lieber putzen und kochen, das, was ihr Frauen eben könnt.“
Sätze, die Annalena in ihrem jungen Leben schon wiederholt gehört hat. Doch: Aufgeben kam für die 22-Jährige nicht in Frage, auch wenn starke Selbstzweifel gerade in den ersten Jahren ihren täglichen Arbeitsalltag begleiteten. Einen „klassischen Mädelsjob“ nämlich wollte sie nie ergreifen, wie sie im Gespräch mit chiemgau24.de erzählt.
Steiniger Weg in der Ausbildung
Von Kindesbeinen an war es ihr Wunsch, in der Landwirtschaft Fuß zu fassen, arbeiten mit Tieren. Sie war das von zuhause so gewohnt und konnte sich nichts anderes vorstellen. Der erste Weg führte Annalena daher zu einem Praktikum und auf einem Bauernhof.
Dort hätte sie beinahe eine Festanstellung bekommen, doch der Landwirt riet ihr, zuvor noch in den Beruf des Landmaschinenmechanikers hineinzuschnuppern. Sie habe dafür nämlich ein Händchen, hieß es.
Gesagt, getan. „Mir hat es so gut gefallen, dass ich umgeschwenkt bin“, erinnert sich Annalena. Nach dem Realschulabschluss im Technikzweig der MRS Sparz begann Annalena im Alter von 15 Jahren ihre Ausbildung in einem Betrieb in der Nähe. Da ahnte sie noch nicht, welch schwere Zeit ihr bevorstehen würde. Denn der Weg zur Land- und Baumaschinenmechatronikerin war steinig.
„Blondes Barbie“ - Annalenas täglicher Kampf gegen Frauenfeindlichkeit
„Es verging kein Tag, an dem ich keinen bösen Spruch zu hören bekam. Ob von Kundschaft oder Kollegen, besonders die ältere Generation hatte ein großes Problem mit mir als Frau in diesem Männerpool“, sagt Annalena und ihre blauen Augen werden groß.
„Als Blondine rutschte ich außerdem in die Sexismus-Schiene, wurde als ‚blondes Barbie‘, das eh nix kann, abgestempelt. Sie ließen es sie mich wirklich spüren, dass ich einen Männerberuf ergriffen hatte. Jeder fiese Satz versetzte mir einen Stich.“
Annalena wollte sich nicht unterkriegen lassen - obwohl der Gedanke, das Handtuch zu werfen, von Mal zu Mal größer wurde. Unterstützung erhielt sie in dieser Zeit von ihrer Familie, die immer hinter ihr stand. Sie hängte sich rein, schloss die Ausbildung mit Bestnoten ab, erhielt sogar den Staatspreis.
Die Schikane und das Mobbing aber hören nicht auf. Aus drei Betrieben rund um ihre Heimatgemeinde Siegsdorf wird Annalena aus der Region vertrieben. Ihre Psyche: am Boden.
„Ich habe mich oft gefragt was falsch läuft in unserer Gesellschaft. In manchen Köpfen ist es so tief verankert, dass eine Frau so eine Arbeit gar nicht so machen kann wie Männer. Wieso muss ich als Mädel mein Können immer wieder aufs Neue beweisen?“
Respekt und Vertrauen in Familienbetrieb am Chiemsee
Inzwischen ist die Gesellin im vierten Jahr in einem kleinen Familienbetrieb in Rimsting. Den längeren Fahrtweg rund um den Chiemsee nimmt sie dafür gerne in Kauf. „Mein Chef allen voran, aber auch die Kollegen und meine Lehrbuben respektieren mich. Sie wissen, was sie an mir haben und was ich kann.“
Der Respekt, der ihr dort gezollt wird, holt Annalenas Selbstbewusstsein wieder aus dem Keller. Peu á peu legte sie Schüchternheit und Zurückhaltung ab. Und trotzdem: Skeptische Blicke von so manchem Kunden und die tückische Frage, ob denn der Chef nicht da sei, werfen sie auch heute noch ein Stück weit zurück.
Eigenes Kleingewerbe: In ihrer Werkstatt blüht sie auf
„Der ein oder andere hat immer noch ein Problem, wenn ich als Blondie seinem Mähwerk schraube oder beäugt mich kritisch, ob ich schon die richtigen Kugeln für seinen Bulldog aus dem Lager hole. In der Landwirtschaft muss es manchmal schnell gehen, wenn das nächste Gewitter ansteht und die Arbeit auf dem Feld nicht warten kann. Dann müssen sie eben mit mir Vorlieb nehmen, ob es ihnen passt oder nicht.“
Und jene Kunden, die zunächst dachten, sie sei der Aufgabe nicht gewachsen, seien am Ende positiv überrascht. Situationen, über die sich Annalena freut, wenn Kunden ihre anfängliche Meinung über sie ändern. Einige kommen inzwischen am liebsten nur noch direkt zu ihr.
Anfang 2021 entschied sie sich, ein Kleingewerbe zuhause anzumelden. In ihrer eigenen Werkstatt hat sie nun schon einen kleinen festen Kundenstamm, der stetig wächst. Da kommt es durchaus vor, dass Annalena bis spät abends an einer Maschine schraubt.
Faible für Kaltblut-Pferde und Modeln
Neben ihrer Leidenschaft für Bulldogs und Mechanik haben Pferde ihr Herz erobert. Den Traum vom eigenen Ross erfüllt sie sich noch heuer mit einem Percheron. Außerdem ist sie beim Trachtenverein aktiv und modelt in ihrer Freizeit gerne - zuletzt für den „Dirndl“-Kalender der „Schlossbrauerei Stein“.
Abseits der Werkstatt findet man die Chiemgauerin in den Bergen oder beim sporteln in der Natur. Krafttraining gehört ebenfalls zu ihren Hobbies, auch wenn sie die ganz schweren Arbeiten dann doch gerne den männlichen Kollegen überlässt.
Vom Arbeitsgewand zum Party-Outfit
Was die Siegsdorferin auszeichnet, ist ihre Wandelbarkeit, die sie gerne auf ihrem Instagram-Account zeigt. Ihr Name rührt von ihren Lieblingsprodukten der Firma „Claas“. Die „Claas-Anee“ eben, die sich auf Social Media als „Mechanikerprinzessin“ darstellt.
Ein Bild in Arbeitsgewand und schwarzen Ölstreifen auf Gesicht und Armen, weil man bei der Arbeit am Traktor ganz einfach dreckig wird. Das nächste Foto verführerisch im Bikini oder fesch mit hohen Schuhen im Party-Outfit.
„Ich habe einen harten Job, da brauchen wir nicht reden - körperlich wie seelisch. Ich bin in der Vergangenheit oft heulend nach Hause gekommen und wollte alles hinschmeißen“, räumt Annalena ein. Das nötige Vertrauen in sie als Mädel fehlt oft.
Die Siegsdorferin bleibt kämpferisch, hofft langfristig auf ein Umdenken in der Gesellschaft und sieht sich ein bisserl als Vorreiterin.
„Ich möchte andere Mädels ermutigen, sich zu trauen, einen Beruf in einer Männerdomäne zu machen, wenn das tief im Inneren ihr Wunsch ist. Ich habe es geschafft, es war nicht leicht und ich habe viele harte Lektionen hinter mir. Doch andere können es auch schaffen. Man muss nur an sich glauben.“
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