Gnadenhof Grenzenlos in Siegsdorf
Fohlen Spechti: Vom Züchter aussortiert wegen Unfall und „von der Mutter weggerissen“
„Er hat alles verloren“, Daniela Proschko kämpft mit den Tränen. Spechti ist ein erst sechs Monate altes Fohlen - sein Schicksal schon besiegelt: Endstation Schlachter. Auf einer Alm sich selbst überlassen hat er wohl einen schweren Unfall, sticht sich das Auge aus und verliert alle Zähne. Der Rassehengst ist nichts mehr wert auf dem Pferdemarkt. Spechti ist einer von insgesamt 35 ungeliebten Tierseelen, die ihr neues Glück auf dem Gnadenhof Grenzenlos in Siegsdorf gefunden haben. Jetzt braucht Betreiberin Daniela dringend Hilfe.
Siegsdorf – Die Abendsonne scheint auf die Koppeln in Meisau. Zwei weiße Pferde traben uns entgegen und drücken ihre Nüstern gegen die Kamera. Schafe grasen friedlich im Hintergrund auf dem Hügel. Wir sind zu Besuch auf dem Gnadenhof Grenzenlos. Abgelegen in einem kleinen Ortsteil von Hammer bei Siegsdorf hat Daniela Proschko eine Rettungsinsel geschaffen. Leben im Paradies, aber alle tierischen Bewohner hier sind nur knapp dem Tod entronnen.
Pferdebesitzer wollen Tiere loswerden - Rettung vor dem Schlachthaus
„Mit der Tierrettung, das mache ich jetzt ungefähr schon seit acht Jahren. Da hat das angefangen und seit drei Jahren bin ich jetzt hier auf dem Hof.“ Daniela Proschko arbeitet als Betriebsleiterin einer Anlage mit Ferienwohnungen. Dort kann sie Stallungen und Koppeln pachten, um all ihre Tiere gut unterzubringen. Vier Lamas stehen noch in Chieming in einem Stall.
Danielas Mutter betreibt früher ein Reitsport-Geschäft. Pferde – für die Tierschützerin schon seit ihrer Kindheit eine große Leidenschaft. Durch den Laden, so Daniela, hätten sie immer viel Kontakt zu Reitern gehabt. Manche scheinen mit ihren Tieren überfordert: „Da gab es Leute, die gesagt haben, sie kommen mit dem Pferd nicht klar, das muss weg.“ Oder, fügt Daniela hinzu, sie habe von Pferden gehört, die wirklich ganz schlecht und miserabel gehalten wurden. Sie und ihre Mutter werden aktiv, übernehmen die ersten Pferde und retten sie so vor dem Schlachthaus.
Fohlen Spechti – nichts mehr wert wegen Verletzung
Einer, der erst seit kurzem bei Daniela Unterschlupf gefunden hat, ist Spechti. Ein sechs Monate altes Fohlen aus Tirol. Sein wunderschönes dunkles Fell glänzt in der Sonne - Fürs Foto schmiegt sich Spechti zutraulich an Danielas Seite. Die Rasse - Noriker, ein Kaltbluthengst. Sein Züchter bringt ihn und seine Mutter über den Sommer auf die Alm, wo sie sich selbst überlassen sind. Dort muss Spechti etwas Schreckliches zugestoßen sein. Am Ende der Almsaison findet man ihn, sein Auge von einem Stock durchbohrt, die oberen Zähne ausgestoßen:
„Da habe ich auch wieder einen Anruf bekommen, weil er gesagt hat, ihm tut es eigentlich leid, wenn er ihn zum Schlachten gibt“ Aber, so Daniela weiter, für den Züchter sei Spechti durch seine Verletzungen wertlos geworden: „Und an dem Tag wurde er auch noch von seiner Mama weggerissen, er hat alles verloren“, Daniela stehen Tränen in den Augen.
Für Rettung trotzdem noch Schlachtpreis gezahlt
Das mache man normalerweise ganz langsam, damit sich beide Seiten an den Verlust gewöhnen könnten. Und dann wird es skuril: Daniela muss, um Spechti vor dem Tod zu retten, trotzdem den Schlachtpreis zahlen: 1000 Euro waren das bei Spechti. Das sei aber normal, sagt die 35-jährige, Tierschützer würden das kennen. Sie klingt resigniert.
Der Spanier Jaleo wurde zu umbequem
Spechti ist gerettet, er hat jetzt eine Zukunft. Auch wenn er, erzählt Daniela, mit dem Abschied von seiner Mutter noch kämpft. Aber er hat Pferdefreunde gefunden. Da steht zum Beispiel noch Jaleo, der weiße Wallach, und will bei unserem Besuch unbedingt auf jedes Foto. Seine Besitzerin kam mit ihm nicht klar, erzählt Daniela. Zu schwer zu handhaben. Wie ein kaputtes Sportgerät wird er entsorgt und landet so schließlich auch auf dem Gnadenhof in Siegsdorf.
Brauereipferd Vito: Erst Oktoberfest-Attraktion dann Schlachthaus
Oder das Brauereipferd Vito: lange Jahre gern gesehene Attraktion auf dem Oktoberfest. Dann wird er alt und krank, jetzt bräuchte er Zuwendung - stattdessen gehts zum Schlachter. Zu den insgesamt 15 Pferden haben sich mittlerweile noch fünf Schafe, fünf Schweine und vier Lamas dazugesellt, außerdem sechs Katzen. Auch die Streuner der Gegend fängt Daniela ein, lässt sie kastrieren, und versorgt sie danach mit Futter.
Aufnahmestopp - Sicherer Tod für alle, die keinen Platz finden?
„Das spricht sich herum, und so bekomme ich immer mehr Anrufe.“ Leider könne Daniela aber derzeit kein weiteres Tier mehr retten. Sie bezahlt alles aus eigener Kasse: Tierarzt, Futter, Unterbringung. Auch die Arbeit stemmt sie größtenteils noch neben ihrem Job ganz allein. Aber auch eine Superheldin muss irgendwann einsehen - sie braucht Hilfe.
Patenschaften zum Beispiel: Für jedes Tier könnte man eine kleine monatliche Summe spenden: „Und man darf sein Patentier dann natürlich auch besuchen“, erklärt Daniela. Jede Spende könnte helfen, die bereits geretteten Tiere zu versorgen und eventuell sogar noch weitere aufzunehmen. Derzeit steht wieder eine Anfrage im Raum. Fünf weitere Schafe suchen ein Zuhause, Daniela tut sich schwer nein zu sagen. Sie weiß, das würde wohl den Tod der Tiere bedeuten.





