Bitte deaktivieren Sie Ihren Ad-Blocker

Für die Finanzierung unseres journalistischen Angebots sind wir auf die Anzeigen unserer Werbepartner angewiesen.

Klicken Sie oben rechts in Ihren Browser auf den Button Ihres Ad-Blockers und deaktivieren Sie die Werbeblockierung für . Danach können Sie gratis weiterlesen.

Lesen Sie wie gewohnt mit aktiviertem Ad-Blocker auf
  • Jetzt für nur 0,99€ im ersten Monat testen
  • Unbegrenzter Zugang zu allen Berichten und Exklusiv-Artikeln
  • Lesen Sie nahezu werbefrei mit aktiviertem Ad-Blocker
  • Jederzeit kündbar

Sie haben das Produkt bereits gekauft und sehen dieses Banner trotzdem? Bitte aktualisieren Sie die Seite oder loggen sich aus und wieder ein.

Schlimme Vorwürfe gegen 27-Jährigen

Säugling im BGL „über Bewusstlosigkeit hinaus“ geschüttelt? Prozess bleibt offen

Säugling (Symbolbild).
+
Säugling (Symbolbild).

Ein 27-Jähriger soll einen Säugling im Berchtesgadener Land so schwer misshandelt haben, dass er sein Leben lang gezeichnet sein könnte - laut Staatsanwaltschaft erlitt das Baby unter anderem Sehschäden und eine geistige Behinderung. Am heutigen Mittwoch (11. September) wird der Prozess am Landgericht fortgesetzt.

Update, 15.14 Uhr – Viele Fragen bleiben offen

Wie konnten all die Verletzungen beim drei Monate alten Säugling im Berchtesgadener Land entstehen? Dieser Frage ging eine Rechtsmedizinerin nach, die jetzt als Zeugin im Prozess aussagt. In einem Fall ist sie sich sehr sicher: Die Einblutungen im Gehirn und in den Augen, die abgerissenen Brückenvenen im Kopf – all das deutet auf ein Schütteltrauma hin. Schon Richterin Braune sprach davon, dass der Säugling wohl „über die Bewusstlosigkeit hinaus“ geschüttelt worden sei. 

„Die Schäden waren massiv“, berichtet die Gerichtsmedizinerin. Und bei den drei gebrochenen Rippen, die bei dem Baby festgestellt wurden, habe jemand „wirklich kräftig zugedrückt“. Vor allem bei Babys seien Rippen schwerer zu brechen, weil sie noch elastischer seien. Die Gutachterin sagt aber auch: „Es wäre denkbar, dass es so passiert ist, wie es der Angeklagte geschildert hat“ - nämlich, dass er das Baby reflexartig packte, als es ihm vom Arm fast auf den Boden fiel.

Dazu kommen Hämatome an den Augen und am Gesäß. Hier spreche alles für eine „stumpfe Gewalteinwirkung“. Aber hier lasse sich nicht ausschließen, dass sich der kleine Bub die Verletzungen womöglich selbst zufügte.

Auch ein Bericht des Jugendamtes Berchtesgadener Land vom Dezember 2021 wird verlesen. Da waren die Taten ein halbes Jahr her und das Kind schon bei der Pflegefamilie: Immer wieder habe es Krampfanfälle und brauche rund um die Uhr engen, körperlichen Kontakt zu den Pflegeeltern. Es wird daran gezweifelt, ob ein Kontakt zwischen Kindsmutter und Baby sinnvoll wäre. Und es ist die Rede davon, dass der kleine Bub „blind“ sei …

Wer für die schrecklichen Taten verantwortlich ist, konnte auch am zweiten Prozesstag noch nicht im Ansatz geklärt werden. Im Wesentlichen streitet der Angeklagte, der 27-jährige Ex-Partner der Kindsmutter, die Taten ab. In der Vaterrolle fühlte er sich nicht überfordert, gab er gegenüber dem psychiatrischen Gutachter an, der ebenfalls als Zeuge aussagt.

Als „freundlich und zurückhaltend“ lernte der psychiatrische Gutachter den Angeklagten kennen. Nach seiner Handwerkslehre habe er im Arbeitsleben immer wieder Probleme gehabt, war zuletzt auch arbeitslos. Aber: Der 27-Jährige sei sozial integriert, habe auch keine Drogenprobleme oder psychischen Probleme. Die Beziehung zur Kindsmutter sei über längere Zeit harmonisch gewesen. Sie wurde auch noch über zwei Jahre weitergeführt, nachdem die schlimmen Verletzungen beim Säugling bekannt wurden. Der Prozess wird am kommenden Mittwoch (18. September) am Traunsteiner Landgericht fortgesetzt. 

Update, 12.25 Uhr – Kind lebt mittlerweile bei Pflegefamilie

Sie dürfte wohl eine der wichtigsten Zeuginnen im Prozess um Kindesmisshandlung sein – doch für eine wirkliche Aufklärung konnte die Kindsmutter jetzt nicht sorgen. Die Beziehung zum Angeklagten ist inzwischen beendet, aber die 24-Jährige belastet ihn nur unwesentlich: „Ich kann nichts Schlechtes sagen. Mir wäre auch nicht aufgefallen, dass er gegen das Baby gewalttätig gewesen wäre.“

Von dem Unfall, bei dem der Angeklagte das Baby gerade noch gepackt habe, bevor es zu Boden fiel – so wären die Rippenbrüche entstanden – habe er ihr auch erzählt. Doch es stehen ja weitere, noch weit schlimmere Vorwürfe im Raum: Bleibende Schäden am Auge und im Gehirn nach einem Schütteltrauma. Davon wollte schon der Angeklagte nichts mitbekommen haben und auch die Kindsmutter nicht.

Aussagen der Kindsmutter bringen Gericht nicht wirklich weiter

Bevor der Säugling ins Krankenhaus gebracht wurde, auf Druck eines Arztes, sei der kleine Bub etwas „kasig“ und schläfriger gewesen als sonst. Aber weitere Verletzungen seien der 24-jährigen Kindsmutter nicht aufgefallen. Richterin Christina Braune klopft ab, wer aus der Familie sonst noch wie oft auf den Säugling aufgepasst hat – denn die Aussagen der Kindsmutter bringen das Gericht nicht wirklich weiter.

Überhaupt stellt die Kindsmutter wiederholt klar: „Das Kind war nicht gewollt.“ Der Angeklagte ist jedoch nicht der Vater, man lernte sich aber während der Schwangerschaft kennen. Das schwer gezeichnete Kind, inzwischen drei Jahre alt, lebt nun bei einer Pflegefamilie. Doch die Zeugin hat noch einen zweiten Sohn auf die Welt gebracht, inzwischen sechs Jahre alt: Auch der lebt, auf Weisung des Jugendamtes, nicht mehr bei ihr. Das letzte Mal habe sie ihn vor zwei Jahren gesehen.

Sachverständige sollen Klarheit bringen

Und dann kommt noch ein rätselhafter Chat-Verlauf zwischen der 24-Jährigen und dem Angeklagten zur Sprache. „Du bist Schuld mit dem Kind“, habe die Kindsmutter dem Angeklagten geschrieben, und weiter: „Das sag‘ ich dem KH (Krankenhaus, Anm.), dann kann es sein, dass DU in Haft gehst. Wie Du mir, so ich Dir.“ Richterin Braune bohrt mehrfach nach, was dahintersteckte – doch die Zeugin will sich so genau an die Umstände nicht mehr erinnern können...

Nun sollen zwei Sachverständige mehr Klarheit bringen. 

Erstmeldung, 5.42 Uhr – Prozess am Landgericht Traunstein

Traunstein/Berchtesgadener Land - Der Angeklagte hat bisher die Schuld im Wesentlich von sich gewiesen: Zum Prozessauftakt am Montag (9. September) konnte er sich lediglich vorstellen, für die gebrochenen Rippen beim damals drei Monate alten Säugling verantwortlich zu sein. Der 27-Jährige berichtete von einem Unfall, als ihm beim Putzen der Säugling aus dem Arm gerutscht wäre und er reflexartig den Buben gepackt hätte. Ein „Knacken“ habe er dabei gehört - aber niemand, weder er noch die Angehörigen, hätten danach etwas Schlimmeres vermutet.

Säugling wohl minutenlang bis zur Bewusstlosigkeit geschüttelt

Aber es muss mehr passiert sein: In einem Fall sei der Säugling minutenlang bis zur Bewusstlosigkeit geschüttelt worden, ließ die Vorsitzende Richterin Christina Braune durchblicken. Damals war der Säugling gerade mal zwei Monate alt. Die Folge: Ein Schädel-Hirn-Trauma und schwere Verletzungen der Augen. Durch die Verletzungen sei das Gehirn schwer geschädigt worden, jetzt habe das Kind eine geistige Behinderung und eine dauerhafte Sehschwäche auf beiden Augen.

Wer ist dafür verantwortlich? Dieser Frage wird am Mittwoch (11. September) ab 9.15 Uhr wieder vor dem Landgericht Traunstein nachgegangen. Erwartet werden Zeugen aus dem familiären Umfeld der Kindsmutter. Die Taten passierten im Jahr 2021 in einer Gemeinde im nördlichen Landkreis Berchtesgadener Land. Der Angeklagte ist nicht der Vater des Kindes, lernte die Mutter aber bereits während der Schwangerschaft kennen. Die Beziehung hielt bis Herbst vorigen Jahres, sagte der 27-Jährige.

Jugendamt BGL schritt mit härtesten Mitteln ein

Fest steht aber auch: Nachdem die Verletzungen bei dem Säugling bekannt wurden, schritt das Jugendamt mit härtesten Mitteln ein. Das Kind lebt inzwischen bei einer Pflegefamilie. Angeklagt ist der Mann wegen Misshandlung von Schutzbefohlenen und schwerer Körperverletzung. Ein Urteil wird am Mittwoch noch nicht fallen. Für den 18. und 23. September sind weitere Verhandlungstage angesetzt. BGLand24.de wird aktuell vom Prozess berichten. (xe)

Kommentare