Sachrang und Schleching
Winter ohne Schnee: Was das für den Tourismus in den Bergsteigerdörfern bedeutet
Der warme Winter ist eine Katastrophe für Betreiber von Skiliften. Die Bergsteigerdörfer Sachrang und Schleching bieten Naturbelassenheit statt Massen-Skitourismus. Haben die Orte damit auf die richtige Karte gesetzt?
Sachrang/Schleching - „Ausgeblieben sind nicht unsere Gäste, sondern Frau Holle“, sagt der Aschauer Tourismuschef Herbert Reiter. Besucherzahlen für das Bergsteigerdorf Sachrang lägen für die aktuelle Wintersaison noch nicht vor. Die hohen Temperaturen und das frühlingshafte Wetter hätten die Wintersport-Freuden zwar eingedämmt, dennoch seien viele Urlauber angereist.
4000 Gäste im Winterhalbjahr
Reiter zufolge gilt Sachrang als „relativ schneesicher“. Deshalb seien die Unterkünfte im Winter, vor allem zu Weihnachten und Fasching, bereits weit im Voraus gut gebucht. Für die Gäste spiele die Wetterlage bei der Buchung noch keine Rolle. „Um die 4000 Übernachtungsgäste reisen im Winterhalbjahr an“, sagt Reiter. Hinzu kämen viele Tagestouristen.
Bergtouren oder Sauna-Tag
Trotz Schneemangel können sich Urlauber in und um Sachrang beschäftigen. Reiter empfiehlt einen Spaziergang auf dem Stern-Laternen-Weg am Fuße von Schloss Hohenaschau, eine Bergtour, einen Tag zum Entspannen in den nahegelegene Thermen- und Saunalandschaften oder einen Ausflug nach Rosenheim, Kufstein oder Salzburg. „Alles hat seinen Reiz und das bei jedem Wetter“, versichert Reiter.
Dennoch sei die Wettersituation eine Herausforderung. „Der Schneemangel lässt unsere Langläufer richtiggehend im Stich“, bedauert der Tourismuschef. Zudem seien die Skiliftbetreiber und Skischulen betroffen. Das kleine Skigebiet in Sachrang sei enorm wichtig. Dort lernten Kinder das Skifahren und Langlaufen. Der Schneemangel bedeute nicht nur wirtschaftliche Einbußen für die Betreiber, sondern auch für die Gemeinde.
Eingebettet in die Chiemgauer Alpen
Wie Sachrang liegt Schleching tief eingebettet in den Chiemgauer Alpen südlich des Chiemsees. Der Geigelstein verbindet die beiden Dörfer. Sachrang liegt im Priental westlich des Berges, Schleching am Fuß der Ostseite im Achental. Nach Angaben auf der Webseite der Bergsteigerdörfer zählt das Gebiet um den Geigelstein aufgrund der hohen Artenvielfalt zu einer wertvollen Bergregion der Bayerischen Alpen. Bereits 1991 sei daher das gleichnamige Naturschutzgebiet entstanden.
Zum Achental gehören nicht nur Schleching, sondern auch die Orte Unter- und Oberwössen, Marquartstein, und Staudach-Egerndach. Die Zahlen werden für alle Orte gemeinsam erfasst. Im Vergleich zum Vor-Coronajahr 2019 verzeichnet der Achental Tourismus im Jahr 2022 laut Sprecherin Franziska Kadler ein Plus an Übernachtungstagen von 15 Prozent. Gäste seien es 2022 im Vergleich zu 2019 rund sieben Prozent mehr gewesen. „Nach den vielen Krisen setzen die Menschen wieder auf Rückzugsorte statt Massentourismus“, sagt Kadler. Tagestouristen werden in der Statistik nicht erfasst.
„Jede Jahreszeit hat was für sich“
Die Zahl der Urlauber im Achental, und somit auch in Schleching, hat sich also nicht verringert. Der Sommer sei jedoch nach wie vor die Hauptsaison. „Wir sehen aber deutlich, dass sich die Saison immer mehr verlängert und auch in einem goldenen Herbst viele Gäste zum Wandern und Radeln ins Achental kommen“, sagt Kadler. Das Ursprüngliche, die gelebte Tradition und das Brauchtum hätten einen hohen Stellenwert bei den Touristen - ob Sommer oder Winter.
„Jede Jahreszeit hat was für sich und das sehen unsere Gäste genauso“, bestätigt Reiter. Verkürzt sich die Wintersaison, verlängere sich die Sommersaison. Das gleiche die Übernachtungszahlen aus. Die Beschaulichkeit, das Naturbelassene und ein unbeschwerter Urlaub - das schätzen die Gäste an dem Bergsteigerdorf Sachrang laut dem Tourismuschef besonders. Und einen „echten Berg-Urlaub in intakter Kultur- und Naturlandschaft, abseits von Touristenhochburgen“.
„Kein Schnee von gestern“
Deshalb werde in den Bergsteigerdörfern nicht auf Massen-Skitourismus gesetzt, sondern auf sanften naturnahen Tourismus - „eine Alternative zum großen Skizirkus“. So soll die Ursprünglichkeit und Schönheit der unerschlossenen alpinen Landschaft Reiter zufolge nachhaltig bewahrt werden. Der Tourismuschef ist von dem Konzept überzeugt: „Bergsteigerdörfer sind mit ihren Leitgedanken kein Schnee von gestern.“
