Gaudi am Faschingssonntag
Rasieren verboten – Nach zehn Jahren Pause tanzen die Pfannenflicker wieder in Bergen
Ein uraltes Brauchtum lebt in Bergen im Chiemgau erneut auf. Zur Freude der Bevölkerung ist der „Pfannenflickertanz“ dort zu sehen. Warum dieser ziemlich kurios ist, das erfahren Sie hier.
Bergen – Es war der 2. März 2014, als sich die Pfannenflicker das letzte Mal die Ehre gaben und zur Freude der Bergener Bevölkerung ihren „Pfannenflickertanz“ aufführten. Seither ruhen die Pfannen und Hämmer in den „Pfannenflicker-Kisten“ im Vereinsheim des Trachtenvereins. Doch im vergangenen Herbst wurden sie wieder hervorgeholt und abgestaubt.
Seit Ende Oktober formiert sich die neue Riege aus 16 Buam sowie weiteren „historischen Figuren“ und Musikanten, um am kommenden Faschingssonntag, 11. Februar, ihren humorvollen Tanz zum Besten zu geben. Damit besteht ein weit über 100 Jahre altes Brauchtum fort. Stammen doch die ältesten Bilddokumente aus dem Jahr 1909. Es wird jedoch angenommen, dass der Brauch bis auf den letzten Ausbruch der Pest im 18. Jahrhundert zurückgeht.
Einst Wanderhandwerker
„Wer aber waren nun diese ‚Pfannenflicker‘ eigentlich?“, wird sich manch einer fragen. Die „Pfannenflicker“ waren einst Wanderhandwerker, ähnlich wie Besenbinder, Korbflechter oder Scherenschleifer. Sie gehörten, ähnlich wie die bekannten Schäffler, zu den ersten, die durch ihre Fröhlichkeit und eigenartigen Tänze wieder Leben in die Dörfer brachten. Durch ihre Wanderschaft konnten sie interessante Geschichten erzählen. Sie brachten die Leute zum Lachen.
Es wird angenommen, dass sich in Bergen, zu Beginn des 20. Jahrhunderts, junge Burschen zusammentaten, um die von den „Pfannenflickern“ vorgezeigten Tänze zum Andenken nach eigenen Ideen umzuformen. In der arbeitsruhigen Zeit der Wintermonate wurden die Tänze öffentlich vorgeführt, zur Freude der Dorfbewohner, so die Annahme.
„Barterlass“ gilt seit Probenbeginn Anfang November
Zu den Mitwirkenden gehören neben den aktiven Buam des Trachtenvereins noch weitere, traditionsbewusste und vor allem ledige Burschen aus Bergen. Denn nur wer noch keinen Ehering am Finger trägt, kann mit von der Partie sein. Das Kuriose am Tanz ist, dass die acht Tanzpaare ausschließlich aus Männern bestehen. Dabei tanzen die Burschen in Bundhosen und, der alten Bergener Tracht ähnliche, Joppen sowie mit Hüten. Die „Dirndl“ treten hingegen mit Mieder und Gretl-Frisur auf.
Für die Männer gilt, ähnlich wie bei den Passionsspielen in Oberammergau, seit Beginn der Proben Anfang November ein „Barterlass“: Das Rasieren ist unter Strafe strengstens verboten.
Begleitet wird der Zug durch die Ortsteile von Bergen von einem Wirt und einer „Wirtin“, zwei Musikanten und einem Vorreiter hoch zu Ross. Wer’s verpasst, muss sich bis zum Faschingssonntag im Jahr 2034 gedulden, wenn es wieder heißt: „Die Pfannenflicker kommen!“
re/awo