Radontest: Teil 2
Radioaktives Radon: „Zusammenhang mit Lungenkrebs nachgewiesen“– Selbsttest im Landkreis Traunstein
Radon ist ein radioaktives Edelgas. Atmen wir es ein, kann es die Lunge schädigen. Im Landkreis Traunstein sind die Konzentrationen besonders hoch und kaum jemand kennt die Gefahr. Zirka 2.800 Menschen sterben jährlich in Deutschland an den Folgen von zu hoher Radonkonzentration. Eine Messung ist unkompliziert und sorgt für Gewissheit: Wir haben es an zwei Standorten selbst getestet:
Landkreis Traunstein – „Auch zwei Häuser, die direkt nebeneinander stehen, können ganz unterschiedliche Werte haben.“ Dr. Michael Westphal ist Radon-Experte, anerkannte Stelle für Radonmessungen beim Bundesamt für Strahlenschutz und zuständig für den gesamten deutschsprachigen Raum. Für unseren Selbsttest stellt er uns einen Radondetektor für einige Wochen zur Verfügung.
Radon - die Strahlung aus dem Untergrund
Im ersten Teil unseres Zweiteilers zur Radonbelastung wird klar: Radon ist unsichtbar, entsteht durch geologische Besonderheiten und kommt entsprechend bei uns im Alpenraum in hoher Konzentration vor. Der Schwellenwert wird in der Einheit Becquerel pro Kubikmeter (Bq/m3) angegeben. Die Weltgesundheitsorganisation empfiehlt, sich nicht länger in Räumen aufzuhalten, die einen Wert von 100 Becquerel im Mittelwert überschreiten. Auf dem Geoportal ist nachvollziehbar: In unserer Region sind die Werte oft höher. Bereits seit 100 Jahren, erzählt Westphal „ist ein Zusammenhang von Radon und Lungenkrebs nachgewiesen.“
Wir machen den Selbsttest: Erster Messstandort Wonneberg
Chiemgau24.de will es genau wissen und wir machen an zwei Standorten mithilfe des Radondetektors den Selbsttest: Die erste Wohnung liegt in der Gemeinde Wonneberg, eine Region, die laut Radon-Karte besonders hohe Werte aufweist. Im ersten Stock stellen wir den Detektor, Modell Aranet Radon Plus Datenlogger im Schlafzimmer neben dem Bett auf dem Nachtisch auf. Vier Wochen misst das Gerät die Radonkonzentration, aber auch Luftfeuchte, Luftdruck und Temperatur.
Belastung von Radon - Bausubstanz spielt einer Rolle
Klar muss sein: Auch wenn in einer bestimmten Region, wie Wonneberg, Radon in größerer Menge aus dem Untergrund nach oben steigt, heißt das nicht, dass auch in jedem Gebäude die Werte hoch sind. Viele Faktoren haben hier Einfluss: „Wie stark die Radonbelastung in den jeweiligen Wohnräumen ist, liegt vor allem an der Bauart und dem Alter des Gebäudes“, erklärt Roland Enne, Gebäudeenergieberater aus Traunstein. Je älter das Gebäude sei, so Enne weiter, desto höher sei die Wahrscheinlichkeit einer hohen Belastung. Klarheit gäbe es nur durch eine Messung.
Aufatmen nach der ersten Messreihe
Steht der Radondetektor erst mal, muss man nichts weiter tun, als abzuwarten. Auf der digitalen Anzeige kann jederzeit abgelesen werden, wie sich die Werte gerade entwickeln. An unserem ersten Messstandort in Wonneberg bleibt die Konzentration im Raum aber fast ausschließlich unter dem Referenzwert von 100 Becquerel. Also Entwarnung. Auch Dr. Westphal gibt beim Blick auf die erhobenen Daten grünes Licht für diese Wohnung. Komplett unbedenklich. Wir wechseln zum zweiten Standort im Norden Traunsteins:
Zweiter Standort - Werte klettern nach oben
Eine Mietwohnung im Erdgeschoss, Altbau. Auch hier folgen wir der empfohlenen Vorgehensweise: Gerät im Schlafzimmer in der Nähe des Bettes aufstellen, das war es schon. Die Werte klettern recht schnell über 100. Das sorgt erst mal für Entsetzten: Die Gefahr, von erhöhter Radonkonzentration an Lungenkrebs zu erkranken, ist zwar nicht hoch. Aber immerhin fünf Prozent der Krankheitsfälle lassen sich auf dieses Phänomen zurückführen. Ruhiger Schlaf? Grade nicht mehr. Aber abwarten, wie sich die Werte entwickeln.
Was tun, wenn die Radonwerte zu hoch sind?
„Der Mieter hat auf jeden Fall das Recht, dass seine Wohnung ihn nicht krank macht“, erklärt Dr. Westphal. Seiner Erfahrung nach haben aber die allermeisten Vermieter sowieso das Interesse, die Radonwerte im Gebäude in den Griff zu kriegen und somit käme es selten zu juristischen Streitfällen. Und eine Sanierung, so Westphal, das klinge immer sehr kostspielig und aufwendig. Oft ist die Lösung aber sehr einfach:
„Die wichtigste Stellschraube ist erstmal eine präzise Gebäudeanalyse.“ Werden zu hohe Radonkonzentrationen festgestellt, so Westphal, müsse geklärt werden, wie das Edelgas in die Räume eindringen kann und wie es sich darin bewegt. Dann erst könne man entscheiden, welche Lösung am effektivsten ist.
Nutzungsänderung der Räume
Am Beispiel unserer Messstation in der Wohnung in Traunstein ist nachvollziehbar, dass erste Maßnahmen nicht teuer sein müssen: Angenommen, die Werte sind hier ausschließlich im Schlafzimmer zu hoch - Grund könnten vermehrte Risse im Boden sein - aber nicht im selten genutzten Arbeitszimmer: „Dann kann man darüber nachdenken, die Nutzungen der Räume zu tauschen.“ Die Nutzungsänderung ist eine von vier Herangehensweisen, erklärt der Radonexperte:
Abdichten von Fugen, Spalten oder Rissen
„Die zweite Variante ist, Sie dichten das ab.“ Höhere Werte könnten schon durch einen einzigen Spalt entstehen. Eine alte Abwasserleitung, die gar nicht mehr im Bauplan verzeichnet ist. Dr. Westphal hatte selbst einmal den Fall, dass sogar ein sehr schwerer Aktenschrank im Raum den Untergrund so verdichtete, dass dadurch Radon eindringen konnte. Solche eingrenzbaren Quellen ließen sich schnell und kostengünstig beheben.
Die Messergbenisse in Traunstein - „Im Mittelwert noch unbedenklich“
Wir blicken nach einigen Tagen auf unser Messgerät. Die Werte teilweise hoch, teilweise aber auch unter dem Referenzwert. Es ist Zeit, den Detektor an Dr. Westphal zurückzuschicken. Gespannt warten wir auf die Auswertung der Daten, muss die Wohnung in Traunstein einer Gebäudeanalyse unterzogen werden?
Was, wenn nicht nur ein einzelner Riss im Boden für die hohen Radonwerte sorgt? Aber dann kommt auch hier die Entwarnung von Dr. Westphal. Im Mittelwert seien die Konzentrationen auch in der Erdgeschosswohnung im absolut vertretbaren Bereich.
Lüftungsanlagen oft die beste Möglichkeit: Nachteil hohe Energiekosten
„Die dritte Möglichkeit ist eine Lüftungsanlage“, so Westphal. Nachteil: oft hoher Stromverbrauch und Wärmeverlust. Zirka 5000 Euro müsste man für eine gute Anlage rechnen. Manchmal sei aber eine Lüftungsanlage die perfekte Lösung. Im Traunsteiner Gericht habe man laut Pressesprecherin sogar nur durch Neuprogrammierung der bereits vorhandenen Anlage für stabile Radonwerte im Schwurgerichtssaal sorgen können.
Unterbodenabsaugung: zirka 8000 Euro
„Die vierte Variante ist die sogenannte Unterbodenabsaugung. Das heißt, ich bohre in das Fundament Löcher und erzeuge einen leichten Unterdruck unter dem Gebäude. Damit vermeide ich, dass die radonhaltige Bodenluft ins Gebäude reinkommt.“ Das sei laut Westphal oft effektiver, als zwei Lüftungsanlagen zu installieren. Eine Unterbodenabsaugung kostet zwischen 8000 und 10.000 Euro.
Unser Selbsttest hat gezeigt: Je nach Standort und Wohnung, Bausubstanz oder geologischem Untergrund können Radonwerte in Wohngebäuden sehr unterschiedlich ausfallen. Die Messung mittels Radondetektor ist simpel und kostengünstig. Nur so weiß man, ob Maßnahmen getroffen werden müssen: Und selbst wenn - meist sind Radonsanierungen gut machbar, die Gesundheit sollte es einem wert sein.


