chiemgau24.de macht den Radontest: Teil 1
Radon, die krebserregende Gefahr aus dem Keller – im Landkreis Traunstein besonders hoch?
Unsichtbar und dadurch so heimtückisch: Radon ist ein radioaktives Edelgas, das durch Ritzen und Fugen aus dem Boden in unsere Häuser gelangt. Fünf Prozent der Ursache von Lungenkrebs in Deutschland sind Radon zuzuschreiben. In unserer Region sind die Werte im Boden besonders hoch: Chiemgau24.de hat den Test gemacht und an zwei Standorten gemessen. Warum wir die Gefahr ernst nehmen sollten:
Landkreis Traunstein – Im Traunsteiner Gerichtsgebäude hing lange ein Zettel an der Wand, der vor Radon warnte. Jetzt ist an der Stelle ein Messgerät angebracht. Die Pressesprecherin erklärt, es habe in verschiedenen Räumen des Gebäudes erhöhte Radonwerte gegeben, daraufhin wurden Maßnahmen getroffen: „Hierdurch können die Werte konstant im unbedenklichen Bereich gehalten werden.“
Ist unsere Region besonders gefährdet? Wir machen einen Stichproben-Test
Wir leben in einer Region mit sehr hohen Radonwerten, aber kaum jemand weiß davon. Das radioaktive Edelgas kann sich durch undichte Stellen im Mauerwerk, wie Fugen oder Leitungsdurchführungen, auch in Häusern ansammeln. Ein Radontag (7. November) soll die Öffentlichkeit auf das Phänomen aufmerksam machen und dazu anregen, die Radonwerte bei sich zu Hause oder auf der Arbeitsstelle zu messen.
Chiemgau24.de macht den Selbsttest - wir lassen uns vom Fachmann ein Messgerät zuschicken. Dazu wollen wir vorher aber verstehen, was in der kleinen Plastikbox, dem Radondetektor, den wir an zwei verschiedenen Standorten aufstellen werden, vor sich geht: Was ist Radon überhaupt? Warum sind in der Region die Werte so hoch und ab wann wird es gefährlich?
Im schlimmsten Fall steigert Radon das Lungenkrebs-Risiko
Radon ist ein farb-, geruchs- und geschmackloses Edelgas, das in der Natur durch den Zerfall von Uran im Boden entsteht und in verschiedenen Gesteinsarten im Untergrund vorkommt. Gelangt es in hoher Konzentration unbemerkt in Wohn- oder Arbeitsräume, wird es für den Menschen gefährlich: Über die Atemwege kann es im schlimmsten Fall Zellen der Lunge schädigen und das Lungenkrebsrisiko steigt erheblich.
Im Alpenraum besonders hohe Werte
Warum ist die Radon-Belastung vor allem bei uns im Alpenraum so hoch? Das liege, so Roland Enne, Gebäude-Energieberater und Radon-Fachmann aus Traunstein, unter anderem an tektonischen Störungszonen, Klüften und der Durchlässigkeit des Gesteins, das während der Eiszeit im Voralpenraum abgelagert wurde. Die Folge? Radon-Werte weit über dem landesweiten Durchschnitt.
Gemessen wird Radon in der Einheit Becquerel pro Kubikmeter (Bq/m3). Ein Blick auf die Internetseite des Geoportals (Bundesamt für Strahlenschutz) macht die regionalen Unterschiede deutlich: Nördlich von München liegen die Werte selten über 100 Becquerel pro Kubikmeter. Im Landkreis Traunstein ist ein Wert von 200 keine Seltenheit. Beispiele sind Unterwössen oder auch die Gemeinde Wonneberg bei Waging.
Schwellenwert wird unterschiedlich angegeben
Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz gibt einen Referenzwert von 300 Becquerel pro Kubikmeter in Wohnräumen an: Darüber „sollte geprüft werden, ob Maßnahmen zur Reduzierung der Radon-Konzentration umgesetzt werden können.“ Die World Health Organization (WHO) sieht schon einen Wert ab 100 Becquerel als bedenklich an, also wesentlich niedriger als in Deutschland vorgeschrieben.
Landkreis Traunstein: Werte zwar hoch, aber kein Vorsorgegebiet
Regionen, die eine hohe Radon-Konzentration im Boden aufweisen, können auch zu sogenannten Radon-Vorsorgegebieten deklariert werden. Dort gelten durch gesetzliche Regelungen dann besondere Anforderungen an den Schutz vor Radon für Neubauten und auch speziell am Arbeitsplatz. In Bayern wurde bislang aber lediglich der Landkreis Wunsiedel im Fichtelgebirge als solches festgesetzt, hier ist die Radonbelastung noch höher als in unserer Region.
Messung ist sinnvoll: Radondetektor sorgt für Gewissheit
Chiemgau24.de will es genau wissen: Wie hoch ist der Radonwert im Landkreis Traunstein. Hilfe bekommen wir von Dr. Michael Westphal von der Firma Radontracer. Er ist Radon-Experte, anerkannte Stelle für Radonmessungen beim Bundesamt für Strahlenschutz und zuständig für den gesamten deutschsprachigen Raum. Seine Mission: „Die Leute vor Radon schützen.“
Der erste Schritt ist immer die Messung der Strahlung. Danach können Fachleute wie Dr. Westphal, je nach Belastung in den jeweiligen Räumen, helfen, eine Lösung zu finden. Per Post schickt uns Dr. Westphal einen sogenannten Radondetektor, eine kleine Plastikbox mit digitaler Anzeige. Unser Model: Aranet Radon Plus Datenlogger
Erster Messstandort: Wonneberg
Sehr unkompliziert - wir müssen das Gerät nur noch aufstellen: Es misst die Raddekonzentration im Raum, aber auch Temperatur, Luftdruck und Luftfeuchtigkeit. Entweder man leiht es sich vom Radonexperten oder investiert zirka 200 Euro für den Kauf. Das lohne sich, findet Dr. Westphal, man könne es ja zum Beispiel mit seinen Nachbarn teilen, oder auch auf der Arbeit verwenden. Unser erster Standort ist eine Wohnung im ersten Stock bei Weibhausen, Gemeinde Wonneberg. In dieser Region sind laut Bundesamt für Strahlenschutz die Radonwerte hoch. Der Detektor steht für vier Wochen im Schlafzimmer auf der Kommode.
Wohnung im Erdgeschoss - Werte steigen
Aufgeregt schauen wir immer wieder auf die Anzeige. Sind die Werte im grünen Bereich? Ja - immer. Die Zahlen klettern in der Wohnung in Wonneberg tatsächlich nie in einen bedenklichen Bereich. Das kann auch Dr. Westphal bei der Auswertung bestätigen. Also Entwarnung. Aber: Standort zwei ist eine Erdgeschosswohnung eines Altbaus im Norden Traunsteins:
Kaum ist das Gerät dort im Schlafzimmer aufgestellt, steigen die Radonwerte - und steigen und steigen. Bedenklich? Lösungen? Wie eine Radonsanierung aussehen kann und wie sich die Messreihe am Standort Traunstein entwickelt? Das erfahrt ihr im zweiten Teil unseres Selbsttests.