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Prozess gegen Polizisten-Pärchen in Traunstein

Spontan in die Krypto-Kasse gegriffen? Anstiftung durch Polizei-Kollegin scheint wenig glaubhaft

Die Angeklagten und ihre Pflichtverteidiger Harald Baumgärtl (2. v. l.) und Dr. Markus Frank (2. v. r.).
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Die Angeklagten und ihre Pflichtverteidiger Harald Baumgärtl (2. v. l.) und Dr. Markus Frank (2. v. r.).

Traunstein – Am 11. März beginnt in Traunstein ein aufsehenerregender Prozess gegen einen Polizeibeamten (38) und seine Kollegin (29). Im Rahmen von Ermittlungen wegen Internetkriminalität soll der Angeklagte Gelder aus einer beschlagnahmten Krypto-Geldbörse gewaschen und veruntreut haben: Insgesamt geht es um rund 371.000 Euro.

Update, 12.20 Uhr - Anstiftung durch Polizei-Kollegin scheint wenig glaubhaft

Auf weitere Fragen sagt die Angeklagte F., dass sie ihrem Kollegen schon im Frühjahr 2020 klargemacht habe, dass sie nichts von ihm wolle. Sie wisse auch davon, dass er danach psychologischen Rat suchte. Danach habe es keine weitere Diskussion darüber gegeben und sie sei davon ausgegangen, dass ihr Kollege verstanden habe, dass sie nichts von ihm wollte. Auf der Dienststelle habe jeder gewusst, dass sie und S. sich sehr gut verstanden hätten.

F. wiederholt, dass der Angeklagte bereits ein paar Monate vor der Tat plante, Kryptogelder abzuzweigen, dass sich aber keine konkrete Gelegenheit ergeben hatte, bis zu den Ermittlungen bezüglich der Automaten in Holzkirchen. Richter Ziegler will es von dem Angeklagten wissen: „Sie wollen uns also vermitteln, dass Sie spontan auf die Anregung von F. in die Kasse gegriffen haben? Vielleicht überlegen Sie sich das bis zum nächsten Mal noch einmal.“

Alles, was F. über Krypto wusste, stammte von S.

Bei der Strafzumessung werde man die Kooperationsbereitschaft des Angeklagten natürlich berücksichtigen, aber hier gebe es Auffälligkeiten, so Ziegler. Verteidiger Baumgärtl greift hier vor und sagt, dass er mit seinem Mandanten noch sprechen werde. Dr. Markus Frank befragt seine Mandantin F. noch weiter zu ihrem Wissen über Krypto-Wallets und das nötige Wissen dazu. Die Quintessenz aus den Antworten: Alles, was F. über die digitalen Gelder und Technik weiß, wusste sie von S. Er half ihr wohl auch beim Einrichten eines Kontos und einer App auf ihrem Handy.

Dann unterbricht Richter Ziegler die Verhanldung: Der Prozess gegen den ehemaligen Polizeibeamten und seine Kollegin wird am Donnerstag ab 8.30 Uhr fortgesetzt. Dann soll auch ein Urteil in der Sache gefällt werden.

+++ chiemgau24.de wird auch dann live aus dem Gerichtssaal berichten+++

Update, 11.35 Uhr - Angeklagte gibt sich überrascht und belastet Ex-Kollegen: „Wir waren nur Freunde“ 

Nun kommt die Angeklagte F. zu Wort. Richter Volker Ziegler weist die 38-Jährige darauf hin, dass die ursprüngliche Vereinbarung, mit dem Polizeibeamten „dichtzuhalten“, wohl nicht mehr gelte. Sie solle demnach genau überlegen, welche Angaben sie zur Aufklärung des Falls mache. „Es ist richtig, dass ich dabei war, als S. den Bitcoin-Automaten in Holzkirchen ausprobieren wollte, denn ich sollte eine Aufstellung machen“, so die Angeklagte. 

Zu dem Asservat, das der Angeklagte S. von einer Durchsuchung mit zu sich nach Hause nahm, wusste F. wohl: „Es war vorher geplant, dass S. einen Stick (Anm. der Redaktion: Ledger) mitnehmen wird“, sagt sie. „Er hat mich angerufen und gesagt, dass er etwas gefunden habe. Dann hat er mich gefragt: ‚Soll ich das machen?‘ Und ich hab gesagt ‚Ja‘. Ich habe ihm nicht widersprochen“, betont die Angeklagte.

Am nächsten Tag sei S. mit einem eigenen„Stick“ in die Arbeit gekommen – er habe das Asservat mit einem eigenen Gerät ausgetauscht, so die 38-Jährige weiter. „S. wollte immer ein Haus bauen, und ich wollte das Wohnmobil“, sagt sie. „S. hat auch immer gesagt, er müsse das Kryptogeld ‚mixen‘, damit man die Herkunft nicht mehr nachvollziehen kann.“ Nach ein paar Tagen habe ihr Kollege ihr dann erzählt, dass die Übertragung des Geldes geklappt habe und „dass uns niemand mehr d’rauf kommen sollte“.

Angeklagte verletzte wohl das Dienstgeheimnis

Die Angeklagte bestätigt die Angaben in der Anklageschrift: S. habe das Geld an einen Wohnmobilhändler überwiesen und sie habe das Fahrzeug dann erhalten. „Er selbst hat immer gesagt, dass er seinen Anteil auf die Seite legen will, damit der Wert sich steigert“, sagt die Angeklagte weiter. Auch sie selbst habe 24 Passwörter gehabt, wisse angeblich aber nicht, ob sie ohne den Ledger Zugriff auf das Krypto-Wallet gehabt hätte.

Einmal sei es zu einem Streit zwischen den beiden Angeklagten gekommen, weil der Polizeibeamte im System Daten über den Ehemann von F. abgefragt habe. „Ich war dann ziemlich sauer und habe ihm klar zu verstehen gegeben, dass ich nichts für ihn empfinde und ihn nicht anziehend finde, auch dass ich verheiratet bin. Dann war erst mal Funkstille“, erzählt die Angeklagte. F. und der Polizeibeamte seien ihren Angaben zufolge nur Freunde gewesen und füreinander da gewesen. „Deswegen überrascht mich das auch ein bissl“, so die Angeklagte.

Über Kryptogelder habe sie erst von S. erfahren. „Er hat auch erzählt, dass man da was nehmen kann, ohne dass jemand herausbekommt, woher das Geld kommt“, sagt sie vor Gericht. Richter Ziegler spricht F. dann auf eine Vorstrafe an, die die Angeklagte wegen einer Verletzung des Dienstgeheimnisses bekommen habe und F. gibt den Sachverhalt zu. Dann möchte Ziegler von dem ehemaligen Polizeibeamten wissen, ob es stimmt, dass er die Sache schon länger geplant habe, was dieser verneint.

Die Staatsanwältin Stephanie Windhorst spricht den Angeklagten noch auf seine Master-Arbeit an, in der es um die Verschleierung von Krypto-Transaktionen ging. Der ehemalige Polizeibeamte gibt zu, dass es in der wissenschaftlichen Arbeit thematisch genau darum ging, was ihm in diesem Fall vorgeworfen wird. 

Update, 10.40 Uhr - Ex-Polizeibeamter stellt sich als Opfer seiner Gefühle dar

Der ehemalige Polizeibeamte fährt fort und erzählt von seiner Beziehung zur Angeklagten F. Er habe sich von Anfang an immer sehr gut mit ihr verstanden. Nach dem Austausch der Telefonnummern habe man sich immer mehr und immer öfter geschrieben. Dann habe ihm seine Kollegin anvertraut, dass sie mit ihrer Ehe nicht so zufrieden sei und es mit ihm sicher besser laufen würde. „Dann sagte sie, dass sie so froh ist, dass sie mich hat. Es war ein ständiges Gezerre an mir: Sie hat mir einen Brocken hingeworfen und mich dann wieder ignoriert.“

„Zu Hause war für mich auch nicht immer alles leicht, für die Ehe war wegen der Kinder nicht wirklich viel Platz“ so der Angeklagte, und weil er sich so geschmeichelt fühlte und die Kollegin „sehr gern gehabt“ habe, soll der ehemalige Beamte unter innerlichen Konflikten gelitten haben und schließlich psychologische Beratung gesucht haben. „Körperlich ist unser Verhältnis zum Glück nie geworden“, so der Angeklagte. Das Verhältnis zu seiner Kollegin sei aber sehr eng gewesen und er habe F. als seine „Seelenverwandte“ gesehen.

„Ich bin kein Betrüger, sowas würde ich nie machen“

„Der Tag hat mit einer Nachricht von ihr angefangen und unter dem Strich gesagt: Ich glaube, ich war einfach von ihr abhängig“, so S. Als dann eine neue Kollegin angefangen habe, sei F. „richtig giftig geworden.“ „Ich glaube, ich habe da viel zu lange vertraut und eine rosarote Brille aufgehabt“, so der Angeklagte. Seine Kollegin habe genau gewusst, welche Knöpfe sie bei ihm drücken müsse. „Wir haben das beide gemacht, und es steht mir nicht zu, dass ich mich beschwere. Aber ich werde den Kopf nicht hinhalten“, so der Angeklagte.

Bei der Polizei zu arbeiten, sei immer sein Traumberuf gewesen und es sei ihm sehr wichtig den Schaden wiedergutzumachen. „Der Schaden, den ich nie wieder gutmachen kann, ist der, den ich meiner Frau und meinen Kindern angetan habe“, schließt S. „Ich bin kein Betrüger, sowas würde ich nie machen. Ich bin zur Polizei gegangen, um anderen zu helfen.“

Update, 10 Uhr - Krypto-Polizist belastet Kollegin schwer

Der Prozess gegen den 38-jährigen Angeklagten S. aus dem Landkreis Rosenheim und seine ehemalige Kollegin, eine 29-Jährige aus dem Landkreis Altötting beginnt pünktlich um 8.15 Uhr. Die Angeklagten sitzen neben ihren Pflichtverteidigern Harald Baumgärtl und Dr. Markus Frank während Staatsanwältin Stephanie Windhorst die Anklageschrift verliest. Der Vorsitzende Richter Volker Ziegler bittet die Angeklagten sich zuerst zu ihren persönlichen Angaben zu äußern und die 29-jährige F. beginnt:

Die ehemalige Rechtsanwaltsgehilfin ist verheiratet und arbeitet wegen der Vorfälle inzwischen nicht mehr bei der Polizei, sondern ist bei einem Unternehmen angestellt. Sie hat weder Schulden noch finanzielle Schwierigkeiten. Dann ist der ehemalige Polizeibeamte an der Reihe: Der 38-jährige IT-Forensiker ist verheiratet und hat Kinder. Wegen der Vorfälle stellte er bei der Polizei Ende Juni 2022 einen Antrag auf Entlassung und arbeitet als „Hacker-Fänger“. Er verfügt über ein ansehnliches Einkommen und arbeitet ehrenamtlich als Rettungssanitäter.

Angeklagter entschuldigt sich unter Tränen

Dr. Markus Frank bittet den Richter dann um ein Rechtsgespräch, doch Zielger möchte die Verhandlung öffentlich fortsetzen und bittet den Angeklagten S. um Angaben zu den Tatvorwürfen.  Der Beschuldigte entschuldigt sich unter Tränen: „Ich weiß, dass ich einen Fehler gemacht habe, und die Konsequenzen trage ich jeden Tag. Ich weiß auch, dass ich die Zeit nicht zurückdrehen kann“, so der Angeklagte. Er möchte umfangreich zur Sache aussagen.

Im Sommer 2022 habe S. recherchiert, ob es in der Region Bitcoin-Automaten gebe, denn ihm sei klar gewesen, dass diese dafür genutzt werden könnten, um Gelder zu verschieben. Über das Internet sei er auf einen Automaten in Holzkirchen gestoßen, und habe sich diesen mit der Angeklagten F. angeschaut und diesen ausprobiert. Dafür habe er von seinem eigenen Krypto-Konto Gelder auf den Automaten geschickt und sich Bargeld auszahlen lassen, wofür aber sehr hohe Gebühren zu zahlen waren.

Bringt „Boystown“-Angeklagten aus Mühldorf ins Spiel

Nach Gesprächen mit dem Betreiber, habe dieser erwähnt, dass einer seiner besten Kunden regelmäßig aus dem Landkreis Mühldorf anfahre – im Nachhinein habe S. erfahren, dass es sich möglicherweise um ein Mitglied des „Boystown“-Rings handeln könnte, einer Darknet-Kinderpornographie-Plattform. Im Mai 2021 sei es dann zu einer Durchsuchung in Zusammenhang mit diesem Automaten gekommen, wobei der Angeklagte einen sogenannten Ledger sicherstellte: Eine Hardware-Geldbörse für Kryptogelder.

„Aus meiner Sicht war dann schnelles Handeln gefragt“, so der Angeklagte S. „Denn der Verdächtige hätte jederzeit von überall her Zugriff auf sein Krypto-Wallet gehabt.“ Weil man bei den Krypto-Ermittlungen bisher nur „semi-erfolgreich“ gewesen sei, hätte der Angeklagte „Angst gehabt, etwas zu verschlafen.“ Aus diesem Grund habe er den Ledger an sich genommen, um sich diesen zu Hause noch genauer anzuschauen. Dabei habe er ein Krypto-Guthaben entdeckt, in einer Höhe, wie er es vorher noch nie gesehen habe.

„Dann wollte sie eine neue Nase“

„Meine Freude über den Fund hab ich damals einfach geteilt“, so der Angeklagte. Aus diesem Grund habe er seiner Kollegin ein Foto von dem Fund geschickt, die dann Nachrichten von ihrem Wohnmobil-Traum schrieb. „Sie ist mir immer mit dem Wohnmobil in den Ohren gelegen“, als die Angeklagte F. den ehemaligen Polizeibeamten dann gefragt habe, ob es auffalle, wenn etwas von dem Kryptogeld wegkomme, habe er am Ende zugestimmt. „Wie immer, wenn etwas von ihr gekommen ist“, so der Angeklagte. „Dann wollte F. eine neue Nase und hat dafür einen OP-Termin vereinbart“, fügt S. noch hinzu.

Vorbericht

Am 11. März müssen sich ein Polizeibeamter (38) der Kripo Traunstein und seine Kollegin (29) wegen der Veruntreuung und Geldwäsche von Kryptogeldern im Wert 371.878 Euro verteidigen.

Kryptogeld auf eigene Konten überwiesen

Dem Angeklagten S. wird vorgeworfen, dass er nach einer Durchsuchungsaktion zwei beschlagnahmte Krypto-Geldbörsen (Ledger) mit nach Hause nahm. Dann soll er – angestiftet und bestärkt von seiner Kollegin F. – Kryptogelder aus der digitalen Geldbörse (Wallet) eines Verdächtigen auf sein eigenes Wallet überwiesen haben. Dabei soll er mehrere Umwandlungs- und Transfer-Aktionen zur Verschleierung seiner Tat durchgeführt haben.

Kollegin bekam Wohnmobil für 56.000 Euro

Anschließend soll der Polizeibeamte die leeren Ledger zurück zu den übrigen Asservaten auf seine Dienststelle in Traunstein gebracht haben. Von den transferierten Kryptogeldern habe er dann rund 62.000 Euro auf sein Bankkonto überwiesen und seiner Kollegin, der er die Hälfte der Beute versprochen hatte, soll er ein Wohnmobil der Marke „Hymer“ im Wert von 56.000 Euro gekauft haben.

Für den Prozess sind nur zwei Tage angesetzt. Am 14. März um 8.30 Uhr wird schon das Urteil erwartet.

+++ chiemgau24.de berichtet live aus dem Gerichtssaal +++

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