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Diskussion um Anbinde-Haltung

Tierquälerei auf Bauernhöfen in der Region? Peta hält mit Anzeigen-Serie Landwirte auf Trab

Hat die Anbindehaltung von Kühen Zukunft? Josef Steingraber, Geschäftsführer des Bayerischen Bauernverbands in Rosenheim hat eine klare Meinung zu den Klagen der Organisation Peta.
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Ist die Anbindehaltung von Kühen mit dem Tierwohl vereinbar? Josef Steingraber, Geschäftsführer des Bayerischen Bauernverbands in Rosenheim hat eine klare Meinung zu den Klagen der Organisation Peta.

Die Tierschutzorganisation Peta stellt Strafanzeige gegen zehn Betriebe in den Landkreisen Rosenheim und Traunstein. Der Grund: die Anbindehaltung von Rindern in Ställen. Wie der Rosenheimer Bauernverband auf die Klagen reagiert und was ein Großtierarzt zur Anbindehaltung sagt.

Rosenheim/Traunstein - Kühe, die von Ketten gewürgt werden und in ihren eigenen Exkrementen liegen. Mit solchen Bildern begründet die Tierschutzorganisation Peta ihre Forderung, die Anbindehaltung von Rindern in Ställen zu verbieten. Überraschend ist die Wahl der Bilder wohl nicht. Peta setzt bei ihren Forderungen auf Schockelemente. Aber nur mit Fotos ist es diesmal nicht getan. Die Organisation hat Anzeige gegen Betriebe gestellt, die eine Anbindehaltung nutzen. 26 Anzeigen sind es insgesamt, 19 davon in Bayern, sieben in Baden-Württemberg. Auch Betriebe in der Region sind betroffen, drei im Landkreis Rosenheim und sieben im Landkreis Traunstein. 

Josef Steingraber, Geschäftsführer der Geschäftsstelle des Bayerischen Bauernverbands in Rosenheim, sieht diese Anzeigen als haltlos. „Alles, was Peta will, ist ein schlechtes Licht auf die Landwirtschaft werfen”, sagt er. 

Es sind nicht die ersten Klagen von Peta gegen Rinderhalter in der Region. Im Februar 2021 traf es einen Halter aus Brannenburg. Auch bei ihm ging es um angebliche Tierschutzverstöße und „erhebliche Missstände“, wie es in der damaligen Pressemitteilung von Peta stand. Die Vorwürfe stellten sich als haltlos heraus. Im April 2021 stellte die Traunsteiner Staatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren ein, „da ein strafbares Verhalten nicht mit der zur Anklageerhebung erforderlichen Sicherheit nachgewiesen werden konnte”, wie Oberstaatsanwalt Rainer Vietze auf OVB Anfragen bestätigte.

„Diese Anzeigen von Peta verlaufen alle im Sande und das einzige, was sie damit schaffen, ist mediale Aufmerksamkeit. Das ist auch ihr Ziel”, sagt Steingraber weiter.

Leiden Rinder, die im Stall angebunden sind? 

In Bayern ist die Anbindehaltung noch weit verbreitet. Laut dem Bayerischen Bauernverband hält rund die Hälfte der 30.000 Milchviehbetriebe in Bayern ihre Tiere in Anbindehaltung. Das entspricht ungefähr 30 Prozent aller Kühe und 25 Prozent der produzierten bayerischen Milchmenge.

Hierbei ist zwischen der ganzjährigen Anbindehaltung und der sogenannten Kombinationshaltung zu unterscheiden. In der Kombination erhalten die Tiere Auslauf, stehen im Sommer beispielsweise auf der Weide und werden nur im Stall angebunden. 

Laut dem Bayerischen Bauernverband entsprechen die Ställe dabei grundsätzlich den gesetzlichen Anforderungen.

Aber um diese Anforderungen geht es. Im Februar dieses Jahres hat das Verwaltungsgericht in Münster ein Urteil in Bezug auf die Anbindehaltung gefällt. Laut diesem Urteil untersagt das Gericht die ganzjährige Anbindehaltung von Rindern. Den Tieren muss zumindest im Zeitraum von Juni bis Ende September täglich mindestens zwei Stunden Auslauf ermöglicht werden.

Die Anbindehaltung ist nicht optimal, findet auch Carsten Brock, Großtierarzt aus Schechen. Verletzungen im Nackenbereich der Tiere kommen zwar vor, aber meist werden Liegenschwielen behandelt, weil die Liegeplätze zu kurz sind, sagt Brock weiter. Man müsse aber immer die Begleitumstände berücksichtigen. „Tierschutz muss immer ganz weit oben hängen, aber auch mit einer Anbindung ist eine gute Versorgung der Tiere möglich. Eine gute Anbindehaltung ist besser als ein schlechter Laufstall.“

Kühe sind Herdentiere

Laut Josef Steingraber sorgt eine Anbindung auch für Ruhe in einer Kuhherde. Es gäbe eine Rangordnung innerhalb der Gruppe. „Eine rangniedrigere Kuh steht mit Sicherheit lieber für eine gewisse Zeit in Anbindehaltung, weil sie da weiß, da werde ich nicht gepiesackt.” 

Es sei schwierig zu beschreiben, was die Vorteile einer gewissen Art von Haltung sind. „Natürlich ist eine ganzjährige Anbindung für die Kuh nicht so schön, als wenn sie im Stall laufen kann. Aber ob es ihr damit vom Bewusstsein her schlechter geht, ist fraglich”, führt Steingruber weiter aus. Die Kühe, die im Stall leben, würden sogar älter werden, da das Risiko schwerer Verletzungen geringer ist. 

Veterinäramt führt Kontrollen durch

Um die Gesundheit der Tiere sicherzustellen, führt das Veterinäramt immer wieder Kontrollen durch. Diese Kontrollen werden unangekündigt und unregelmäßig durchgeführt. „Bei mir kommt jedes Jahr jemand“, sagt Josef Steingraber. In seinem Büro hat er mehrere Ordner stehen, in denen alle Dokumentationen und Eigenkontrollen aufgelistet sind. Der Aufwand hierfür ist groß. „Jede Ungezieferbekämpfung, jedes Arzneimittel, das ich verwende, muss ich dokumentieren.” Das habe durchaus Sinn, aber der Umfang mache den Landwirten sehr zu schaffen. „Natürlich gibt es Anbindehaltungen, die nicht in Ordnung sind, aber das gibt es beim Laufstall genauso. Dafür gibt es Kontrollen, dafür wird das angeschaut.”

Peta ruft zum Boykott von Milchprodukten auf

Zeitgleich zu den Klagen stellt Peta die Forderung an die Landesregierung, genauer an Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber, die Anbindehaltung unverzüglich zu verbieten und die Landwirte mit Ausstiegshilfen zu unterstützen. Bis das geschehen ist, ruft die Tierschutzorganisation alle Verbraucher auf, Milch und Milchprodukte aus Bayern zu boykottieren.

Von einem Verbot will man im Landwirtschaftsministerium nichts wissen. Dort setze man eher auf Unterstützung der Betriebe bei einem Umstieg der Rinderhaltung. 

Für Betriebe stellt eine Umstellung der Rinderhaltung eine teils erhebliche finanzielle Herausforderung dar. Seit März können Betriebe Anträge auf Förderung im sogenannten Bayerischen Sonderprogramm Landwirtschaft (BaySL) stellen. Dort wurde der Fördersatz für Vorhaben zur erstmaligen Umstellung von Anbinde- auf Laufstallhaltung von 30 auf 40 Prozent erhöht. „Mein Ziel ist es, dass wir möglichst keinen Betrieb auf dem Weg aus ganzjähriger Anbindehaltung verlieren”, sagte Ministerin Kaniber. Damit wolle man die Betriebe im Rahmen der zur Verfügung stehenden Mittel bestmöglich unterstützen. 

Anzeigen werden untersucht

Die Staatsanwaltschaft in Traunstein bestätigte gegenüber dem OVB den Eingang mehrerer Strafanzeigen, die PETA gegen die Landwirte gestellt hat. Mit einer Ausnahme wurden die Anzeigen gegen Unbekannt gestellt, da die angezeigten Landwirte nicht namentlich genannt wurden. 

Im Rahmen der Vorermittlungen hat die Staatsanwaltschaft die Akten an die zuständigen Polizeiinspektionen weitergeleitet. Außerdem wurden von den zuständigen Veterinärämtern Stellungnahmen zu den Fällen angeordnet. 

Anbindehaltung hat keine Zukunft

Auch im Koalitionsvertrag der Bundesregierung hat das Thema Einzug gefunden. Dort steht in einem Nebensatz, dass die Anbindehaltung in spätestens zehn Jahren beendet sein soll. 

Ein Verbot brauche es aber eigentlich gar nicht. Da ist sich Josef Steingraber sicher. Denn die Anbindehaltung würde von selbst verschwinden. „Kein Mensch baut in Deutschland mehr einen Anbindestall, das ist zu arbeitsintensiv.” Wenn, dann würde ein Laufstall mit Melkstand gebaut werden. Das sei arbeitsergonomischer und man könne sauberer melken.

Neubauten von Ställen kosten allerdings eine Menge Geld. Folglich lohnt es sich eher, einen Stall für viele Kühe zu bauen. „Ein Stall für 100 oder 200 Kühe ist viel günstiger als einer für nur 30. Also baut niemand mehr einen kleinen Stall. Und jetzt sterben uns die kleinen Betriebe weg”, sagt er. Man müsse aufklären und gut hinschauen, aber Aktionen wie die Klagen von Peta seien ein Witz. „Die zeigen willkürlich Leute an, nur um eine PR-Aktion zu haben. Wenn jemand etwas entdeckt, wäre es sinnvoller, mit dem Landwirt zu reden, als eine solche Anzeige.”

Steingraber gibt jedem den Rat, selbst einmal zu einem kleinen Anbindehalter zu fahren und sich die Kühe dort anzusehen. 

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