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Weniger Musik, mehr Deutsch

Pisa-Offensive macht Chiemgaus Schulen nervös: Gehen Kunst und Musik flöten?

Kinder an einem Tisch in der Schule.
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Wie viel kreativer Unterricht wird den Schülern im kommenden Jahr noch bleiben? Deutsch und Mathematik werden gestärkt, zum Leidwesen manch anderer Fächer.

Weniger Musik und Kunst für Grundschüler im Chiemgau? Ab dem kommenden Schuljahr soll die PISA-Offensive an die bayerischen Schulen kommen – um in Zukunft besser bei der PISA-Studie abzuschneiden. Aber viele sind mit der Umsetzung nicht einverstanden.

Prien/Chiemgau – Die Stimmung ist verhalten bei vielen Schulleitern von Grundschulen im Chiemgau. Auf Anfragen der Chiemgau-Zeitung reagieren sie zurückhaltend, wollen nicht zitiert werden, sind nicht ansprechbar oder melden sich nicht zurück. Es ist ein Thema, das die Grundschulen nervös macht: die kommende Pisa-Offensive.

„Unsere Grundschülerinnen und Grundschüler bekommen mehr Zeit für Deutsch und Mathematik. Alle Fächer bleiben erhalten“, sagt die Bayerische Kultusministerin Anna Stolz (Freie Wähler) zu ihrem Paket, das die schlechten Ergebnisse der letzten PISA-Studie geraderücken soll. Jeweils eine Stunde mehr Deutsch soll ab der ersten Klasse im neuen Schuljahr unterrichtet werden. Außerdem sollen die Grundschüler in der dritten und vierten Klasse eine Stunde mehr Mathematik haben. Die Veränderungen haben allerdings ihren Preis.

Schein von Flexibilität

In den Jahrgangsstufen drei und vier entfielen bisher auf den Fächerverbund Musik, Kunst sowie Werken und Gestalten zusammen fünf Unterrichtsstunden pro Woche. Auf Englisch zwei. Jetzt gibt es für den Fächerverbund nur noch vier bis fünf und für Englisch ein bis zwei Stunden. Die scheinbare Freiheit in der Stundenplangestaltung kommt aus einer flexiblen Stunde. Diese gibt es allerdings bereits als „flexible Förderung“ und kann dort eingesetzt werden, wo sich Defizite in den Klassen zeigen. Mit der maximalen Stundenanzahl im Fächerverbund und Englisch würde eine Klasse auf 30 Wochenstunden kommen – jedoch sind nur 28 erlaubt. Faktisch fehlen demnach zwei Stunden: Eine für Englisch und eine für den Fächerverbund – trotz flexibler Stunde.

Jeder Schule ist es im kommenden Jahr selbst überlassen, ob sie die flexible Stunde einem bestimmten Fach zuordnen oder sie flexibel halten. „Wir haben uns dazu entschieden, die offizielle Förderstunde zu behalten. De facto fällt im Stundenplan im Moment eine der zwei Englischstunden in der Tat weg“, sagt Bernhard Benoist, Schulleiter der Grundschule Übersee.

Der neue und der alte Stundenplan für Grundschulen in Bayern.

„Im alten Stundenplan standen fünf Stunden für Kunst, Musik und Werken zur Verfügung“, führt der Schulleiter aus. „Unter dem Strich ist es auf jeden Fall dadurch etwas weniger und wir versuchen, durch unsere Lösung von den verschiedenen Fächern ein bisschen etwas zu reduzieren und nicht einfach eine Stunde komplett wegzunehmen.“ Die PISA-Offensive starte mit Schuljahresbeginn 2024/2025 und werde regelmäßig evaluiert, heißt es vonseiten des Bayerischen Kultusministeriums auf Nachfrage der Chiemgau-Zeitung.

Musikrat protestiert

„Der gravierende Mangel an Lehrkräften, insbesondere an fachlich ausgebildeten Musiklehrkräften in der Grundschule, lässt erwarten, dass der Musikunterricht auf ein Minimum gekürzt wird – etwa auf eine Wochenstunde“, heißt es in einem offenen Brief des Bayerischen Musikrates an Ministerpräsident Markus Söder. Der Musikrat demonstrierte damit gegen die Pisa-Offensive bereits im März. Bayern sei ein Kulturstaat, und Musik habe einen Wert an sich.

Kulturelle Fächer kommen kürzer

Kritik wurde etwa auch von Elternverbänden in Bayern an der Verhältnismäßigkeit im neuen Stundenplan laut. So bleibt etwa der Religionsunterricht mit drei Stunden pro Woche in der dritten und vierten Jahrgangsstufe unberührt. „Niemand ist begeistert, dass die kulturellen Fächer kürzer kommen“, sagt Bernhard Benoist. „Wir folgen im Endeffekt den Vorgaben des Ministeriums, die sich etwas dabei gedacht haben, und wir als Beamte haben die Pflicht, das umzusetzen.“

Natürlich kämpfe jeder für sein Fach und gerade im Grundschulbereich „ist es uns einfach allen wichtig, dass wir diese künstlerischen Fächer, die sonst als Nebenfächer bezeichnet werden, trotzdem so gut und so häufig wie möglich unterstützen“, teilt der Schulleiter mit, „weil wir eine ganzheitliche Bildung anbieten wollen.“ Im Rahmen der neuen Vorgaben versuche sich die Grundschule Übersee flexibel zu halten und die Klasse dort zu fördern, wo sie es brauchen.

Deutschförderung dort, wo sie notwendig ist

„Ich glaube, dass man in Großstädten stärker auf die Deutschförderung angewiesen ist, da dort mehr Kinder mit Migrationshintergrund zur Schule gehen“, führt Benoist an, „aber nichtsdestotrotz werden wir das auch machen, um unsere Kinder da mehr zu fördern.“

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