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Ladensterben im Chiemgau

Eisenwaren Welte ohne Nachfolger – Stirbt Grassau als Einkaufsort einen langsamen Tod?

Alexander Welte (links) vor seinem Eisenwarenladen: In der Tür hängt seit Monaten ein Schild, mit dem er nach einem Nachfolger sucht. Der Bürgermeister Stefan Kattari und ein Bild von Grassau.
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Alexander Welte (links) vor seinem Eisenwarenladen: In der Tür hängt seit Monaten ein Schild, auf dem er nach einem Nachfolger sucht. So ernst sieht Bürgermeister Stefan Kattari die Lage für den Einzelhandel in Grassau.

Verzweifelter Kampf: Die Konkurrenz der Online-Händler ist groß, und viele Läden von nebenan sterben aus. Nach dem Schuhladen und dem Sporthaus könnte demnächst in Grassau auch der Eisenwarenladen schließen. Hat die Gemeinde eine Lösung, um sich gegen das Ladensterben zu wehren?

Grassau – „Erst, wenn der letzte Laden verschwunden ist und die Stadt verwaist ist, werdet ihr feststellen, dass Online-Shopping allein doch nicht so toll ist“, heißt es auf der Webseite des Grassauer Eisenwarengeschäfts Welte. Der Ladeninhaber Alexander Welte ist seit knapp einem Jahr auf der Suche nach einem Nachfolger, der seinen Laden übernehmen und weiterführen soll – bisher erfolglos. Die Suche verlaufe „zach, sehr zach“, sagt Welte, „die Leute rennen mir nicht die Bude ein.“

Bereits Ende 2025 könnte Welte schließen

Damit meint Welte nicht seine Kunden, denn sein Laden laufe sehr gut und ist auch der einzige seiner Art im Umkreis. Ein Nachfolger, der bestenfalls auch den Familiennamen übernehmen will, sollte etwas Erfahrung mitbringen. „Wenn ich keinen finde, könnte es sein, dass ich Ende 2025 mit dem Ausverkauf beginne“, so Welte. Der Ladenbesitzer wird im März 66 Jahre alt und wollte eigentlich schon in Rente gehen. Trotzdem bietet er potenziellen Nachfolgern an, nach der Übernahme noch ein Jahr als Aushilfe mitzuarbeiten. Neben Welte kommt auch eine langjährige Mitarbeiterin des Ladens in das Rentenalter.

Alexander Welte in seinem Eisenwarenladen. Seit über 40 Jahren ist er eine Institution in Grassau. Das Einkaufsverhalten hat sich mit der Zeit verändert. Aktuell sind besonders Batterien, LED-Lampen, Schlüssel und Malersachen gefragt.

Der Eisenwarenladen Welte ist seit über 40 Jahren eine Institution in Grassau. Neben lokalen Kunden kommen auch immer wieder Touristen in das Geschäft – überwiegend, um zu staunen, dass es so etwas noch gibt. „Wir sollten einen Euro Eintritt pro Person verlangen“, scherzt der Ladenbesitzer.

„Grassau ist das Zentrum vom Achental“

Nach dem Schuhgeschäft Sichler und dem Sporthaus Achental könnte ohne Nachfolger auch das Eisenwarengeschäft schließen. Trotzdem sieht Alexander Welte den Markt Grassau als Einkaufsort nicht bedroht. „Grassau ist das Zentrum vom Achental, hier kommen alle hin“, meint Welte. Die Läden seien etwa in den Nachbargemeinden wie Marquartstein, Unterwössen oder Übersee stärker zurückgegangen, schätzt Welte.

Ein Grund, warum Grassau noch nicht um das Überleben seines Einzelhandels kämpfen muss, könnte das 2002 festgelegte Einzelhandelskonzept sein. „Das Konzept dient dem Schutz des Einzelhandels und soll Aussiedlungen verhindern“, erklärt der Grassauer Bürgermeister Stefan Kattari (SPD). Demnach sollen Läden mit einem bestimmten Angebot, das 2017 in einer Sortimentsliste konkretisiert wurde, nur im Ortszentrum ansässig sein. „Wir würden das Geschäftsleben schädigen, wenn wir Aussiedlungen in die Gewerbegebiete erlauben würden“, so Kattari. Der Wandel, weg vom Einzelhandel und hin zum Online-Warenhaus, komme deshalb langsamer als in anderen Gemeinden. „Darum haben wir noch ein vielfältiges Geschäftsleben“, meint der Bürgermeister.

Leerstand im Ortskern

Trotzdem sind im Ortskern nicht alle Gebäude so gut belegt, wie es sich Stefan Kattari wünschen würde, sondern stehen leer. Leerstände versucht die Gemeinde zu vermitteln, und auch an Nachfragen mangelt es nicht. Das Problem sei, Mieter und Ladenbesitzer zusammenzubringen: „Die Renditevorstellungen liegen oft über dem, was der Markt hergibt“, stellt Kattari fest. Er werde immer wieder gefragt, warum die Gemeinde nichts gegen Leerstand im Ortskern unternehme. „Wir können die Differenz nicht bezahlen, und das dürfen wir auch nicht“, so der Bürgermeister. Von Seiten der Marktgemeinde gebe es diesbezüglich keine Handhabe.

Bürgermeister Stefan Kattari hofft, dem Ladensterben in Grassau entgegenwirken zu können.

Gute Nachrichten gibt es für das Café am Kirchplatz, das kürzlich schließen musste. Laut Bürgermeister wurde ein Nachfolger gefunden. Hier konnten sich Nachmieter und Vermieter offenbar einigen. Kattari ist froh, da das Café aufgrund seiner prominenten Lage auch ein wichtiger Einkaufsort für die Bürger Grassaus gewesen sei. Ein genaues Datum der Wiedereröffnung stehe noch nicht fest.

Ohne Shop mehr Zeit für die Musik

Noch ist der Markt Grassau als Einkaufsort also nicht vom Aussterben bedroht. „Ob das so bleibt, wird auch an den Kundinnen und Kunden liegen“, meint Stefan Kattari. „Wie wichtig der Händler ums Eck ist, weiß man erst, wenn er nicht mehr da ist“, heißt es auf einem Schild in der Auslagescheibe des Eisenwarengeschäfts Welte. Mit oder ohne Nachfolger wird Alexander Welte bald seinen Laden abgeben. Trotzdem freut er sich auch auf den Ruhestand. Dann kann er sich mehr seinem zweiten Standbein und seiner musikalischen Leidenschaft, der Staudacher Musikbühne, widmen, bei der er als Veranstalter tätig ist.

Der Eisenwarenladen Welte in Grassau steht ohne Nachfolger vor dem Aus.

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