Prozess wegen Veruntreuung und Geldwäsche
Krypto-Skandal – Ex-Polizist wollte Kollegin wohl mit Geld beeindrucken
Traunstein – Angestiftet von seiner Kollegin soll ein Ex-Polizeibeamter rund 371.000 Euro vom Krypto-Wallet eines Verdächtigen auf sein eigenes Konto übertragen haben.
Update, 12.12 Uhr - Ex-Polizist wollte Kollegin wohl mit Geld beeindrucken
Richter Volker Ziegler ruft dann einen Ermittlungsbeamten in den Gerichtssaal. Dieser Zeuge hatte wegen eines anderen Falls gegen den Angeklagten S. ermittelt: Weil er die Internetseite eines Unternehmens des damaligen Beamten der KPI-Z in Traunstein gefunden hatte, auf der der Angeklagte S. die Rückverfolgung und Rückgewinnung von Kryptogeldern anbot.
Für die Website seien von S. Fake-Profile von Mitarbeitern der Firma erstellt worden und auch die Angeklagte F. sei in die Geschäfte des Unternehmens verwickelt gewesen. Der Zeuge sagt, die Ermittlungen hätten darauf hingedeutet, dass die Geschäfte des Angeklagten S. betrügerischen Charakter hatten. Es habe außerdem der Verdacht bestanden, dass S. die dienstliche Lizenz des Programms „Chainanalysis“ missbraucht und Strafvereitelung begangen haben könnte.
„Einen total liebestollen Eindruck machte er auf mich nicht“
Bei der Auswertung der Chats zwischen dem Angeklagten S. und seiner Kollegin sei bei dem Zeugen der Eindruck entstanden, dass der Ex-Polizeibeamte die jüngere Kollegin mit Geld beeindrucken wollte. „Einen total liebestollen Eindruck machte er auf mich nicht“, sagt der Zeuge aber. Diese habe ihn auch in den Chats darauf hingewiesen, dass „nie etwas zwischen uns sein wird“.
Insgesamt seien die beiden Angeklagten aber sehr vertraut miteinander umgegangen. Während S. seine Kollegin „partner in crime“ nannte, bezeichnete F. den ehemaligen Polizeibeamten als „Fels in der Brandung“. „Er schrieb auch mal: ‚Wenn eine andere Frau, dann du‘, aber es entstand nie der Eindruck, dass S. seine Frau verlassen wolle“, so der Ermittlungsbeamte.
Angeklagte F. stritt zuerst alles ab
Über die Angeklagte F. sagt der Zeuge, dass sie recht wenig Ahnung von Kryptowährungen gehabt, aber ihr Geld „rausgeschmissen“ und deswegen auch Streit mit dem Ehemann gehabt habe. Bei ihrer Vernehmung soll die Angeklagte F. erst alles abgestritten haben, bis klar wurde, dass der Angeklagte S. gestanden hatte. Die beiden Angeklagten hatten sich aber zum Zeitpunkt der Befragung schon länger im Visier der Ermittler befunden.
Im Prozess gegen die beiden ehemaligen Mitarbeiter der Polizei werden nun die neuen Tatbestände geprüft. Ein Termin für Plädoyers und Urteil wird im Nachgang bekannt gegeben.
+++ chiemgau24.de berichtet auch dann wieder live aus dem Gerichtssaal +++
Update, 11.10 Uhr - Heute kein Urteil mehr
Im Verlauf des Vormittags sagen mehrere Zeugen aus, wobei es sich hauptsächlich um Kriminal- und Polizeibeamte handelt. Sie werden umfangreich zu den technischen Hintergründen und dem Ablauf der Krypto-Transfers, sowie zu den Abläufen während und nach der Durchsuchungsaktion befragt. Ein Kriminalhauptkommissar im Ruhestand gibt an, dass der Angeklagte S. immer darauf erpicht gewesen sei, größere Fälle in Bezug auf Kryptogelder aufklären zu können.
S. habe gedrängt, die Software „Chainanalysis“ einzuführen, für welche dann im Jahr 2020 tatsächlich die Lizenz erstanden wurde. Das Programm wird zur Rückverfolgung gehackter Kryptotransaktionen benutzt. Als „Koryphäe“ auf seinem Gebiet sei der Angeklagte S. häufig von anderen Stellen angefordert worden. Dass Datenträger mit nach Hause genommen würden, sei aber nicht üblich. Asservate würden die Dienststelle nicht verlassen, so der Zeuge.
Der ehemalige Polizeibeamte wird von dem Zeugen als „korrekt“ und „engagiert“ beschrieben. Er sei aus allen Wolken gefallen, als er von den Anschuldigungen hörte. Eine auffällig enge Beziehung zwischen dem Angeklagten S. und der ehemaligen Polizeiangestellten F. sei dem Zeugen nicht aufgefallen.
Update, 9.45 Uhr - Ex-Polizist will Kryptogeld im „Liebeswahn“ veruntreut haben
Der Prozess gegen die beiden ehemaligen Mitarbeiter der Polizei wird fortgesetzt und Richter Volker Ziegler gibt einen rechtlichen Hinweis: Für die Angeklagte F. (29) komme auch der Tatbestand „Beihilfe“ in Form von psychischer Unterstützung und Bereitschaft zur Beteiligung infrage. Es müsse insbesondere geprüft werden, ob F. Zugriff zu dem veruntreuten Geldbetrag in Höhe von rund 371.000 Euro gehabt habe.
In Bezug auf den Angeklagten S. (38) sei zu klären, ob er möglicherweise auch „Amtsverwahrungsbruch“ begangen habe, und ob von ihm eine Datensperre verursacht wurde. Beide Angeklagten könnten möglicherweise auch wegen „Datenveränderung“ und „Computersabotage“ belangt werden.
Ex-Beamter korrigiert erstes Geständnis
Harald Baumgärtl gibt sodann eine Stellungnahme seines Mandanten S. ab: Der ehemalige Polizeibeamte gesteht darin schon mehrere Monate vor der Tat, mit seiner Kollegin über eine mögliche Entnahme von Kryptogeldern und eine hälftige Beuteteilung geredet zu haben. Der Angeklagte S. berichtigt sein erstes Geständnis vom Montag (11. März) aber nicht nur in Bezug auf die gefassten Pläne:
Nach der Durchsuchung bei dem Verdächtigen, habe er nicht wahllos nach einem Ledger (Hardware-Krypto-Geldbörse) gegriffen, sondern zuvor eine Grobsichtung vorgenommen. Durch die Eingabe mehrerer falscher Passwörter habe er den Ledger anschließend so manipuliert, dass nicht mehr auf ihn zugegriffen werden konnte.
Liebeswahn habe Angeklagten zur Tat getrieben
Verteidiger Baumgärtl stellt dann einen Beweisantrag: Es soll ein psychologisches Gutachten vom Angeklagten S. angefertigt werden, das nachweisen könne, dass es bei S. in Folge eines Liebeswahns zu einer schweren Persönlichkeitsveränderung gekommen sei und er somit vermindert steuerungsfähig gewesen sei. Die unerwiderte Liebe und das Drängen der Angeklagten F. hätten aus dem akribisch und korrekt arbeitenden Polizisten den Mann gemacht, der die Taten begangen habe.
Staatsanwältin Stephanie Windhorst widerspricht dieser Darstellung vehement. Mitnichten handele es sich um einen korrekten Mitarbeiter der Polizei. Das ursprüngliche Verfahren sei wegen fragwürdiger Aktionen einer Firma eingeleitet worden, die der Angeklagte gegründet hatte. Dabei sei es unter anderem zu missbräuchlicher Verwendung von Software gekommen. Windhorst sieht absolut keinen Anhaltspunkt für Realitätsverlust und Liebeswahn. Dass der Angeklagte S. in seine Kollegin verliebt war, bestreite sie nicht, aber das habe nichts mit Wahn zu tun.
Erstmeldung
Am 14. März wird der Prozess gegen einen 38-Jährigen aus dem Landkreis Rosenheim und eine 29-Jährige aus dem Landkreis Altötting fortgesetzt. Der ehemalige Polizeibeamte Manuel S. und seine Kollegin Julia F. müssen sich wegen Veruntreuung und Geldwäsche von Kryptogeldern im Wert von 371.878 Euro verantworten.
Richter nicht überzeugt, dass es sich um spontane Tat handelte
In einem umfangreichen, aber langatmigen Geständnis legte der Angeklagte S. dar, wie er zu seiner Kollegin Gefühle entwickelte und sie als seine „Seelenverwandte“ erkannte. Als er bei einer Durchsuchung an den Ledger eines Verdächtigen kam, habe er diesen – angestiftet durch seine Kollegin – leergeräumt und ihr das lang ersehnte Wohnmobil gekauft. Die Angeklagte F. wiederum sagte aus, dem Kollegen klargemacht zu haben, dass sie ihn nicht anziehend fände – man sich aber nach dieser Aussprache weiterhin gut verstand. Laut ihrer Aussage, hatte sie von Kryptogeldern wenig Ahnung – was sie wusste, habe sie von dem Ex-Polizeibeamten.
Der habe schon länger geplant, eine sich bietende Gelegenheit zu nutzen, und auch von der Möglichkeit der Verschleierung habe er ihr erzählt. In ihrem Geständnis gab die 29-Jährige zu, den Angeklagten S. angestachelt zu haben. Der Ex-Polizist, welcher sich selbst vor Gericht als „Hacker-Fänger“ und Kämpfer gegen das Unrecht darstellte, hatte in seinem Geständnis nicht zugegeben, die Sache schon länger geplant zu haben. Weil er aber zur Verschleierung von Krypto-Transaktionen eine Masterarbeit geschrieben hatte, erschien es dem Richter Volker Ziegler wenig glaubhaft. Er mahnte S., gut zu überlegen, was er am zweiten Verhandlungstag preisgeben wolle.