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Der Grassauer Markus Schmuck ist „Photographer of the Year“ und somit einer der besten Fotografen Europas. Im Interview mit chiemgau24.de erzählt er von seiner prämierten Feuerwehr-Reportage, wie man selbst gute Bilder macht und ob er sich von Künstlicher Intelligenz bedroht fühlt.
Grassau - Der Fotograf Markus Schmuck wurde erneut zu den besten Fotografen Europas gekürt. Das teilte ihm die Vereinigung professioneller europäischer Fotografen (FEP) vor einigen Tagen mit. Der gebürtige Reit im Winkler stach mit seinen beiden Bildern in der Kategorie „Reportage/Fotojournalismus“ hervor. Über 300 Fotografen und Fotografinnen aus 25 Ländern reichten knapp 3.000 Bilder ein, die besten wurden von einer internationalen 30-köpfigen Jury nun ausgezeichnet. Wir haben ihn zum Interview getroffen.
Du bist „Qualified European Photographer“, was bedeutet das?
Nachdem es die Meisterprüfung nicht mehr in ganz Europa gibt, ist das eine Prüfung, der man sich stellt. Andere Fotografen bewerten dann die Arbeit. Wenn man gewisse Kriterien erfüllt, bekommt man den Titel.
Wie viele gibt es davon?
In Deutschland haben wir mittlerweile etwa 15. Mehr sind es nicht. Die Messlatte ist da relativ hoch. Man muss Bilder einreichen zu bestimmten Themen. Dann wird aufgrund der handwerklichen und der künstlerischen Ausführung ein Katalog an Kriterien von der Jury abgearbeitet. Einige haben das schon öfter probiert und nicht geschafft. Eine Prüfung, die nicht zu einem Nichtbestehen führen kann, ist auch nichts wert.
Du bist auch „Photographer of the Year“. Was ist das für ein Wettbewerb?
Das ist ein jährlicher Vergleichswertkampf unter den professionellen Fotografen, die in der FEP organisiert sind. Da kann man zu verschiedenen Kategorien einreichen. Auch hier ist die Jury ausschließlich mit professionellen Fotografen besetzt. Das fand dieses Mal in Rom statt. Das ist jedes Mal in einer anderen Stadt. Wir waren auch schon in Sizilien und in Dublin. Das ist auch ein Netzwerk, wo man sich gut austauschen kann. Es ist ein kollegiales Miteinander.
Gewonnen hast du mit deiner Reportage zur Feuerwehr. Bist du selbst bei der Feuerwehr?
Ja, seit ich 18 bin. Mittlerweile bin ich Zugführer bei der Feuerwehr Grassau und in Reit im Winkel. Und ich bin Ausbilder im Landkreis Traunstein und arbeite im Stab in Traunstein mit. Ich habe somit ziemlich tiefen Einblick. Die Feuerwehr in Marquartstein und in Ruhpolding hatten 150-jähriges Jubiläum und haben dazu professionelles Bildmaterial gebraucht, mit dem sie werben und die Festhalle schmücken konnten. Wir haben uns zusammen mit den Verantwortlichen Gedanken gemacht, was das Typische ist, was die Feuerwehr leistet und haben uns Szenarien überlegt. Die Feuerwehr Marquartstein hat dann einen klassischen Brandeinsatz gezeigt. In Ruhpolding sind die Bilder anders, weil die eine zusätzliche Gruppe mit Sanitätern haben. Auch das wollten wir darstellen, damit die Bevölkerung einmal sieht, was sie machen. Denn da kommst du ja nicht hin.
Magst du es gern, wenn es auf Bildern um Menschen geht?
Ja, aber ich fotografiere das, was gebraucht wird. Das geht von einfachen Produkten über tolle Autos bis hin zur Architektur. Aber mit Menschen macht es einfach Spaß. Ich bin keiner von den Fotografen, die sich im Studio verkriechen und ihre still lifes machen. Es ist aber auch schwierig. Du musst die Idee des Kunden mit deiner eigenen Anschauung und den Menschen irgendwie zusammenbringen.
Wie viel ist Talent und wie viel Handwerk beim Fotografieren?
Leute wie ich haben noch analog ihre Ausbildung und Meisterprüfung gemacht. Die gehen anders an die Sache heran. Da machst du dir vorher die Gedanken. Bis der erste Testschuss kommt, hast du schon das fertige Bild und machst nur noch kleine Justagen. Dieses Draufdrücken und Schauen, was wird, das ist nicht unsere Herangehensweise. Also: Ein Großteil ist Handwerk, der zweite Teil ist nicht Talent, sondern Erfahrung. Die viele Arbeit im Ausland, das brutale Katalog-Geschäft damals hat uns alle geprägt. Du lernst in kurzer Zeit, ein Bild zu sehen und es dann umzusetzen.
Du warst viel unterwegs. Wo warst du überall?
Produziert haben wir in Australien, in Südafrika und ganz Europa. Und sehr viel in Amerika.
Gibt es in der Fotografie internationale Unterschiede?
Ja. Spanien ist sehr wild, aber genial. Amerikaner haben eine ganz andere Herangehensweise. Ich habe auch viel mit deutschen und österreichischen Fotografen zusammengearbeitet. Von Christin Losta habe ich sehr viel im Umgang mit Menschen gelernt. Wir durften ganz sensible Themen umsetzen. Zum Beispiel Werbefotografie für Slipeinlagen oder spezielle Unterwäsche für Frauen nach Brustkrebsoperationen. Das erfordert extrem viel Feingefühl. Technisch gesehen habe ich von Jochen Haunreiter viel gelernt. Er war brillant.
Die Fotografie hat sich sehr verändert. Ist die Nachbearbeitung inzwischen immer nötig?
Ja und nein. Speziell bei Reportagen ist es gar nicht gewollt, dass man viel nachbearbeitet. Auf der anderen Seite: Wenn du einen gewissen Look rüber bringen möchtest, kommst du nicht drumherum. Ein Bild entsteht im Kopf. Die Kamera ist ein Werkzeug, der Computer mit den Programmen ist ein Werkzeug. Erst das Zusammenspiel macht dann das fertige Bild. Bildbearbeitung darf man nicht allein sehen. Gewisse Sachen sind damit einfacher zu realisieren, weil man manchmal das physikalische Gesetz nicht aushebeln kann. Zum Reparieren setze ich es nie ein, denn ein Scheiß-Bild bleibt ein Scheiß-Bild.
Groß in der Diskussion ist auch das Thema KI-generierte Bilder. Macht es dir Sorgen, dass Künstliche Intelligenz deinen Beruf ersetzen könnte?
Ich bin Mitglied im PIC-Verband. Wir sind sehr viel mit dem Thema unterwegs und hatten erst kürzlich einen Workshop. Wir haben sehr viel Diskussionen geführt und sind alle zu einem ähnlichen Ergebnis gekommen: Ja, KI wird gewissen Fotografen das Leben schwer machen. Das betrifft vor allem die Stockfotografie. Warum soll ein Redakteur Fotos bei Getty Images suchen, wenn er das gleiche in die KI eingeben und das Bild für sich selbst generieren kann? Da wird es sicherlich Umbrüche geben. Im Moment sehe ich KI als zusätzliches Werkzeug. Man muss sie bewusst nutzen, dann ist es eine tolle Sache. Speziell wenn man Menschen ins Bild nimmt, ist es schon sehr spacy, was die KI da ausspuckt. Sehr politisch korrekt und eine Mischung aus allem. Das ist ja nicht das, was man gerne sieht. Da wird es nach wie vor professionelle Fotografie brauchen.
Was hältst du davon, dass man inzwischen mit seinem Smartphone und entsprechenden Filtern privat Fotos machen kann, die in die Insta-Welt passen? Gefällt dir das?
Es kommen ja immer wieder junge Menschen, die Bewerbungsbilder brauchen. Speziell die Mädchen mit ihren Haaren, die alle gleich sind und mit ihren Posen, die alle gleich sind, mit ihrer Klamotten, die alle gleich sind und die dann glauben, wie individuell sie sind, das ist jetzt nichts, was uns als Fotografen betrifft. Das ist ein ganz eigenständiges Ding. Das Handy hat man immer dabei, die technische Leistungsfähigkeit ist enorm. Man kann tolle Sachen damit machen, aber dass ich mir nur von Instagram-Filtern etwas machen lasse und das künstlerisch besonders wertvoll finde … Da sollen sich andere Gedanken darüber machen.
Hast du Tipps für Laien, wie man gut fotografiert?
Der beste Tipp ist von Henri Cartier-Bresson, der gesagt hat: „Jeder der schauen kann, der kann auch fotografieren.“ Nur dieses Schauen lernen, das kann mitunter sehr lange dauern. Also zusammengefasst: Ich muss erst einmal genau hinschauen und mir Gedanken machen, bevor ich abdrücke. Wenn ich das Bild schon vorher sehe, bevor ich überhaupt ein technisches Gerät in die Hand nehme, dann bin ich schon ziemlich weit. Alles andere können mittlerweile die Geräte uns abnehmen.