Kommune bald ohne Bürgerzentrum?
Aus nach über 130 Jahren: Gasthof Prinzregent in Marquartstein schließt seine Tore
Aus für Traditionsbetrieb: Der Gasthof Prinzregent in Marquartstein schließt nach 130 Jahren. Zudem wird die Bewirtschaftung des Prinzregenten-Saals, der als Ersatz für ein Bürgerhaus galt, eingestellt. Wie es jetzt ohne einen Veranstaltungsort weitergeht und welche Hoffnungen auf dem Saal liegen.
Marquartstein – Der Gasthof Prinzregent besteht seit 1886. Seit 1963 ist er im Familienbesitz des jetzigen Betreibers Rudolf Ammer-Langbauer, doch seit Montag (26. Februar) ist der Betrieb eingestellt. „Also in erster Linie sind es natürlich mal die Personalprobleme. Wir haben einfach jetzt keine Leute mehr gekriegt“, sagt Ammer-Langbauer zu den Gründen der Schließung. Vor allem habe Personal für die Küche und den Service gefehlt. Das Hotel Prinzregent werde allerdings weiterbetrieben, als ein Hotel garni mit Frühstücksbetrieb.
Wichtiger Ort für das gesellschaftliche Leben
Der Gasthof Prinzregent sei wichtig für das gesellschaftliche Leben in Marquartstein gewesen, und „die Aufgabe der Gastwirtschaft kam etwas überraschend“, meint Bürgermeister Andreas Scheck. Es gibt noch weitere Gastronomiebetriebe in Marquartstein, aber auch diese seien in ihrer Kapazität eingeschränkt. „Normalerweise haben inzwischen die Gastwirtschaften, dem Personal geschuldet, meistens nicht mehr nur einen Ruhetag“, so Scheck. „Das heißt, es wird sicher Tage unter der Woche geben, an denen man, wenn man was essen möchte, nicht mehr die große Auswahl an Restaurants hat.“
„Es war schade, dass die ganzen Umstände dazu geführt haben“, sagt Rudolf Ammer-Langbauer. Neben dem Personalmangel kamen noch das Anheben der Mehrwertsteuer, die gestiegenen Energie- und Transportkosten sowie der bürokratische Aufwand hinzu. „Auch bei den Lebensmittelpreisen ist wieder einiges dazugekommen, was man teilweise gar nicht glauben möchte“, so der Restaurantinhaber. In Deutschland müsse man Steuern „bis zum Gehtnichtmehr“ zahlen: „Ich meine, irgendwo macht es dann auch keinen Spaß mehr.“
Großer Stammtisch
Das Gasthaus habe einen großen Stammtisch gehabt, der „immer wieder Leben in die Bude brachte“, erinnert sich Ammer-Langbauer. „Die sind natürlich schon traurig, kann ich mir vorstellen.“ Ob der Betrieb der Gaststätte dauerhaft eingestellt wird, könne man jetzt noch nicht sagen. Eine Wiedereröffnung „soll man nie ausschließen“, aber vorerst bleibe der Gasthof geschlossen. „Das müssen wir jetzt erst mal alles auf uns zukommen lassen.“
Auch Bürgermeister Scheck hofft, dass der Restaurantbetrieb in Zukunft wieder aufgenommen wird, aber die Schließung der Gaststätte bringt noch ein weiteres Problem mit sich. Schon seit Jahren ringt die Gemeinde Marquartstein um ein Bürgerhaus. Bisher konnten die Pläne für die Errichtung eines Zentrums für das Gemeindeleben nicht umgesetzt werden. Als Ersatz wurde der Prinzregenten-Saal verwendet, der an das Gasthaus angeschlossen ist. Mit dem Ende des Gastronomiebetriebs wird jetzt auch die Bewirtschaftung des Saales eingestellt.
Frist von zehn Jahren abgelaufen
Bereits im Februar 2015 berichtete die Chiemgau-Zeitung, dass Ammer-Langbauer dem Bürgermeister zugesichert habe, den für das Gemeindeleben so wichtigen Saal in der Ortsmitte noch weitere zehn Jahre für gastronomische Zwecke zu nutzen. Diese Frist scheint jetzt abgelaufen zu sein, doch beide Seiten sind bemüht, eine Zwischenlösung zu finden.
„Wir sind gegenüber einer Weiternutzung durch die Gemeinde nicht verschlossen“, so Rudolf Ammer, „und auf der Suche nach einer Lösung.“ Bürgermeister Scheck berichtet, dass das Landratsamt Traunstein einbezogen wurde, um die rechtlichen Rahmenbedingungen für eine weitere Nutzung vonseiten der Gemeinde zu sichern. „Es sieht ganz danach aus, als ob wir den Saal in einer Zwischenlösung auf alle Fälle für unsere Vereine und für Veranstaltungen weiter zur Verfügung stellen können“, meint Scheck.
Zehn Millionen Euro für Kindergarten und Schulhaus
Wie eine langfristige Lösung für die Gemeinde aussehen könnte, ist derzeit noch unklar. „Einen Veranstaltungsraum für die Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen, ist keine Pflichtaufgabe der Gemeinde“, sagt Andreas Scheck. Zwar sei es wichtig für das Ortsleben, „aber wir sind letztes Jahr vor die nackten Tatsachen gestellt worden, dass wir einen Kindergartenbau übernehmen müssen. Und wir müssen wahrscheinlich ein neues Schulhaus bauen.“ Scheck überschlägt dafür einen Kostenaufwand von rund zehn Millionen Euro. „Da bleibt eigentlich für ein Bürgerhaus momentan für die nächsten Jahre kein Spielraum.“