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Silvia Rottmair über Katzenelend in unserer Region

Katzenhilfe Salzachtal bekommt bayerischen Tierschutzpreis: „Wir bleiben trotzdem lästig“

Collage: Links gerette Katze Peterl; Mitte: Vorsitzende des Vereins Katzenhilfe Salzachtal, Rechs: Kranker Kater Theo bei Auffinden.
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Die Katzenhilfe Salzachtal e.V. freut sich über den bayerischen Tierschutzpreis: Silvia Rottmair (Mitte) kümmert sich seit Jahren ehrenamtlich um verwilderte, kranke und verletzte Katzen in der Region, setzt sich für Kastration ein. Peterl (links) sucht grade ein Zuhause nach seiner Rettung. Theo (rechts) zeigt, wie schrecklich der Zustand der heimischen, verwilderten Katzen sein kann.

Kranke, verletzte und verwahrloste Katzen sterben einen grausamen Tod, auch vor unserer Haustür. Grund? Die unkontrollierte Vermehrung der Streuner. Die Katzenhilfe Salzachtal e.V. betreibt Aufklärung, unterstützt Kastrationsmaßnahmen und macht sich für den Erlass von Katzenschutzverordnungen stark. Dafür gab es jetzt den bayerischen Tierschutzpreis. Silvia Rottmair verrät im Interview, warum sie das sehr freut, aber noch lange nicht reicht:

Fridolfing/Traunstein – Süße kleine Kätzchen, wem geht da nicht das Herz auf. Und das sei, so Silvia Rottmair, die Gründerin des Vereins Katzenhilfe Salzachtal, schon ein Teil des Problems. Immer öfter würden sie zum Beispiel Katzenelend auf Höfen feststellen, die Urlaub auf dem Bauernhof anbieten: „Sie machen Werbung mit den Katzenbabys, geben die dann sogar teilweise den Gästen nach dem Urlaub einfach als Souvenir mit nach Hause. Das ist grausam“

Das sei nur die Spitze des Eisbergs. Seit vielen Jahren kämpft Silvia Rottmair gegen die uferlose Vermehrung von Katzen im Landkreis Traunstein und das damit einhergehende Leid. Durch ihren unermüdlichen ehrenamtlichen Einsatz konnte sie maßgeblich dazu beitragen, dass in Laufen Bayerns erste Katzenschutzverordnungen erlassen wurde. Zusammen mit ihren Tierschutzkolleginnen Dr. med. vet. Katharina Mühlbauer von Cats & Dogs in Not e. V. und Christine Hafner vom Bund der Katzenfreunde e. V. hat sie jetzt den bayerischen Tierschutzpreis verliehen bekommen.

Allzu viel Zeit zum Feiern bleibt den Frauen aber nicht. Es gibt zu viele Missstände, nach wie vor. Wir haben Silvia Rottmair, passend zum Thema, im Café und Kater in Traunstein getroffen. Sie wünscht sich mehr als nur eine Preisverleihung. Aber von vorne:

Erst mal herzliche Gratulation zu Verleihung des bayerischen Tierschutzpreises

Silvia Rottmair: „Danke schön.“

Warum haben es Dir ausgerechnet unsere Stubentiger so angetan, dass Du all Deine Freizeit für die Vierbeiner opferst?

Silvia Rottmair: „Ich glaube, jeder hat einen besonderen Zugang zu einem bestimmten Tier. Ich bin auf dem Land mit Katzen aufgewachsen. Als Kind hatten wir einen alten Kater, der gemütlich auf der Eckbank lag, während wir Hausaufgaben gemacht haben. Seither liebe ich vor allem diese alten Katzen.“

Seit wann bist Du im Tierschutz aktiv?

Silvia Rottmair: „Bevor ich den Verein Katzenhilfe Salzachtal 2017 gegründet habe, war ich im landwirtschaftlichen Tierschutz aktiv. Ich habe mich im Bereich Tiertransporte engagiert. Dann sind wir nach Fridolfing gezogen. Dort waren wir mit sehr vielen, streunenden Katzen konfrontiert.“

Katzenjunges mit entzündetem, verletztem Auge.

Und dann hast Du sofort den Verein gegründet?

Silvia Rottmair: „Eigentlich haben wir die verwilderten Katzen erst mal auf eigene Regie eingefangen und kastrieren lassen. Ich war damals so naiv zu denken, wenn ich einfach drei Jahre alle besitzerlosen Streuner einfange und kastrieren lasse, dann bin ich danach fertig. Da musste auch der damalige Tierarzt schon schmunzeln. Das war dann natürlich nicht so und mir wurde klar, ich muss das noch anders angehen.“

Was meinst Du mit „anders angehen“?

Silvia Rottmair: „Damals hat eine große Katzenfreundin verschiedene Vereine kontaktiert und ihre Hilfe angeboten. Sie hat sich auch bei mir gemeldet und viel von Paragrafen und Gesetzestexten erzählt. Ob wir schon eine Katzenschutzverordnung beantragt hätten, zum Beispiel. Ich wollte aber doch nur kastrieren, mir war das eigentlich zu viel. Dann habe ich schnell eingesehen, dass das aber sein muss, weil wir sonst nicht weit kommen.“

Jetzt seit ihr sogar so weit gekommen, dass euch Bayerns Umweltminister Thorsten Glauber den bayerischen Tierschutzpreis überreicht hat. Für eure Kastrationsmaßnahmen, die Öffentlichkeitsarbeit aber auch für die Umsetzung der bayernweit ersten Katzenschutzverordnung in Laufen im letzten Jahr

Silvia Rottmair: „Ja, wir konnten auch Dank der guten Zusammenarbeit mit dem Landratsamt Berchtesgadener Land und dem dortigen Veterinäramt in Laufen die erste Katzenschutzverordnung erlassen.“

Die Katzenschutzverordnung ist ein Gesetz, dass es Landratsämtern erlaubt, an bestimmten Orten Katzen in Obhut nehmen, kennzeichnen, registrieren und kastrieren zu lassen. Ist diese Verordnung nicht erlassen, begibt man sich oft in einen gesetzlichen Graubereich bei Kastrationsmaßnahmen. Was ist die Voraussetzung?

Silvia Rottmair: „Man muss jeweils eine hohe, nicht genauer im Gesetz definierte Anzahl an Katzen vor Ort nachweisen, die Leid, Schmerz oder Schäden aufweisen. Das muss alles dokumentiert werden. Auch, dass bereits anderes Mittel wie Kastrationsmaßnahmen ergriffen wurden und nicht das gewünschte Ergebnis erbracht haben. Und auch die Öffentlichkeit muss informiert worden sein.“

Also muss erst Leid entstehen und dokumentiert werden, damit eingeschritten werden kann?

Silvia Rottmair: „Ja, richtig. Wir wissen ja, wie schnell sich Populationen ausbreiten, da wären präventive Maßnahmen natürlich sehr sinnvoll. Derzeit sieht aber das Gesetz vor, dass erst dokumentiert werden muss.“

Diese Katzenkinder haben überlebt, dank der Katzenhilfe Salzachtal: Links ist Lotta, zirka 12 Wochen alt, rechts Rupert, zirka 10 Wochen. Sie suchen jetzt ein Zuhause. Katzen sollten nicht allein gehalten werden und entsprechend Paarweise in gute Hände abgegeben.

Was muss sich Deiner Meinung nach ändern? Viele verwahrloste Katzen leben ja in der Nähe von Bauernhofen, ist das das größte Problem?

Silvia Rottmair: „Wir haben mittlerweile sehr viele Bauernfamilien, die sich wirklich großartig um die Streuner in ihrer Umgebung kümmern, das muss ich wirklich betonen. Sie melden sich bei uns, bitten um Hilfe, und oft dürfen die Katzen nach der Kastration bei ihnen bleiben, werden gefüttert. Das Image der Bauern wird von wenigen heruntergezogen. Wir haben hier in der Region aber hauptsächlich gute Erfahrungen.“

Wo siehst Du dann noch Handlungsbedarf?

Silvia Rottmair: „Wichtig wäre, dass uns die Politik und die Behörden mehr zuhören. Wir glauben, dass das Ausmaß des Problems dort noch nicht angekommen ist. Im Landkreis Traunstein zum Beispiel: Wir hatten schon mehrfach nach einem Termin im Landratsamt gefragt, leider kam dieser bislang nicht zustande.“

Wichtig wäre, dass uns die Politik und die Behörden mehr zuhören

Silvia Rottmair, Katzenhilfe Salzachtal e.V.

Du hast insgesamt bereits 1500 Katzen zum Tierarzt gebracht, teils in schrecklichem Zustand. Stumpft man mit der Zeit ab?

Silvia Rottmair: „Sehr nah geht mir nach wie vor noch die Euthanasie. Einen Kater haben wir zum Beispiel eingefangen, er hatte schlimme Wunden am Hals. Wir haben ihn bestens medizinisch versorgt. Man konnte ihn aber nicht lange einsperren, der ging die Wände hoch, also ließen wir ihn wieder frei. Leider haben sich die Wunden wieder entzündet. Als wir es geschafft haben, ihn Wochen später nochmal mit Lebendfalle einzufangen, war es zu spät. Alles war voll mit Eiter, wir konnten ihn nur noch erlösen.“

Am Ende unseres Gesprächs erzählt Silvia mit Tränen in den Augen noch vom letzten Einsatz: erst letzte Woche haben sie fünf Katzenbabys in Tittmoning gefunden, zwei waren bereits tot, die anderen drei kämpfen derzeit um ihr Leben. Eine Katzenschutzverordnung wollte die Stadt bislang nicht erlassen, trotz vermehrter und dokumentierter Fälle.

Ich denke jeden Tag, ich schmeiße hin, weil ich nicht mehr kann und dann rappel ich mich auf und kämpfe weiter

Silvia Rottmair, Katzenhilfe Salzachtal e.V.

Silvias Verein ist jetzt auch für den deutschen Tierschutzpreis nominiert. Auch da hofft sie auf Öffentlichkeit, um das Elend unserer Streunerkatzen mehr in den Fokus der Menschen, aber auch der Politik zu rücken. Die Katzenhilfe Salzachtal ist auf Spenden und freiwillige Helfer angewiesen. Auch Meldungen über größere Katzenpopulationen seien wichtig, um helfen zu können und auch, um das Katzenelend ausreichend für Landratsämter zum Erlass einer Katzenverordnung zu dokumentieren: „Die Mitarbeiter der Gemeinden können ja auch gar nicht wissen, wo überall große Katzenpopulationen vorhanden sind“, gibt Silvia zu bedenken. Also nicht wegschauen, im Zweifelsfall beim Verein anrufen.

Silvia Rottmair ist eigentlich Buchhalterin. Auch die anderen Ehrenamtlichen haben alle noch Jobs, Familien und trotzdem: Jede freie Stunde fahren sie raus, kümmern sich um die kranken und verletzten Katzen. Mithilfe und Spenden sind da dringend notwendig: „Ich denke jeden Tag, ich schmeiße hin, weil ich nicht mehr kann, aber dann rappel ich mich auf: Wir bleiben trotzdem lästig und kämpfen weiter.“

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