Ex-Soldat vor Landgericht Traunstein
„Bedrohungspotential massiv und erheblich“: Unterbringung für Ex-Soldat (44) angeordnet
Am Landgericht Traunstein wurde am 6. August gegen einen Mann aus Waldkraiburg (44) verhandelt. Ihm wurden Bedrohung und Körperverletzung in mehreren Fällen vorgeworfen. Weil der Beschuldigte an einer schweren psychischen Erkrankung leidet, wurde entschieden, ob er eine Gefahr für die Allgemeinheit darstellt und in einer psychiatrischen Klinik untergebracht werden muss.
Übersicht
Update 10.49 Uhr: „Bedrohungspotential massiv und erheblich“: Unterbringung für Ex-Soldat (44) angeordnet
Richterin Christina Braune schließt die Beweisaufnahme und bittet um die Schlussanträge. Staatsanwalt Benedikt Metzl betont, dass der Beschuldigte sich selbst eingestehen konnte, dass er Hilfe brauchte. Die zahlreichen Rückfälle und das fehlende „gesunde“ soziale Umfeld hätten die Situation noch verschärft. Die Schilderung der Zeugen sei beeindruckend gewesen, das Verhalten des 44-Jährigen sei realitätsfern gewesen und er habe Zufallspersonen angegriffen. Die Unterbringung in einer psychiatrischen Klinik sei demnach verhältnismäßig.
Weil dies auch den Wünschen des Beschuldigten entspreche, konnte Pflichtverteidiger Raphael Botor dem nichts entgegensetzen. Die Krankheit seines Mandanten habe sich gesteigert, die Medikamente hätten nicht gewirkt und die aktuelle Stabilität des Ex-Soldaten sei auf die Medikation in der aktuellen Unterbringung zurückzuführen. Dass der 44-Jährige immer wieder zu Drogen griff, stellte Botor als notgedrungen dar: „Er musste zu etwas greifen, weil er nicht anders funktionieren konnte“, so der Anwalt. „Erst dann fühlte er sich, wie ein normaler Mensch.“ Der Beschuldigte selbst schließt sich den Anträgen der Staatsanwaltschaft und seines Verteidigers an.
Die Entscheidung der 7. Strafkammer wird angesichts der Faktenlage zügig getroffen. Die Vorsitzende Richterin Braune verkündet erwartungsgemäß, dass der Mann wegen seiner psychischen Erkrankung schuldunfähig sei und in einer psychiatrischen Klinik untergebracht werden soll. „Wenn wie hier, die Bedrohung mit Nagelschere zwischen den Fingern stattfindet, macht dies das Bedrohungspotential doch ganz massiv und erheblich“, so Braune. Der Beschuldigte habe gefühlt, sich verteidigen zu müssen, ohne dass eine Bedrohungslage gegen ihn vorlag.
Auch die angedrohten Schläge mit dem Gürtel – angesichts der scharfen Schnalle am Ende – sei sehr bedrohlich gewesen, sagt die Richterin. „In der Gesamtschau sind das ernstzunehmende Bedrohungen und Körperverletzungen.“ Gerade weil es sich um alltägliche Situationen handelte, in denen der Mann so massiv reagierte, sei eine Gefahr für die Allgemeinheit zu bejahen. Gerade auch, weil kein sozialer Empfangsraum vorhanden sei und der Verlauf seiner Erkrankung so komplikationsreich sei, ist laut Braune eine Unterbringung verhältnismäßig.
Update 10.08 Uhr: Ex-Soldat sagt, Unterbringung sei das Beste, was ihm passieren konnte
Die Vorsitzende Richterin beginnt die Verhandlung heute mit einer Befragung des Beschuldigten zu seinem persönlichen Werdegang. Der 44-Jährige arbeitete als sozialer Betreuer und war dann etwa ein Jahr bei der Bundeswehr. Nach einem Einsatz im Kosovo soll er dem Alkohol- und Drogenkonsum zugesagt haben. „Ab dem ersten Schluck Alkohol bin ich verloren“, sagt er. „Mir ist bewusst, dass ich psychisch krank bin. Das Beste, was mir passieren konnte, ist in die Forensik gekommen zu sein.“ Der Mann berichtet von Wahnvorstellungen, Paranoia und Selbstverletzung. Mit Alkohol habe er versucht, sich selbst zu medikamentieren.
Der Sachverständige Dr. med. Josef Eberl vom kbo-Inn-Salzach-Klinikum gibt dann sein Gutachten zur Schuldfähigkeit des 44-Jährigen ab. Der Arzt sagt, er kenne den Beschuldigten schon länger. Nach der Bundeswehr sei er häufig in psychiatrischen Kliniken untergekommen – mehrmals auch wegen Drogenmissbrauchs. Wegen starken Nebenwirkungen habe der Beschuldigte immer wieder seine Medikamente abgesetzt. Der Mann sei seit der Unterbringung und Medikation stabil, leide aber an einer schweren und komplikationsreichen psychischen Erkrankung. Aus diesem Grund liege auch eine Gefahr für die Allgemeinheit vor – sowie eine Schuldunfähigkeit des 44-Jährigen, weshalb der Facharzt keinen anderen Weg sieht, als den Mann geschlossen unterzubringen.
Vorbericht: Ex-Soldat (44) wegen Bedrohung vor Gericht – wohl seit Kosovo-Einsatz psychisch erkrankt
Traunstein / Waldkraiburg – Am 6. August wird am Landgericht Traunstein entschieden, ob der 44-jährige Simon M. aus Waldkraiburg in einer psychiatrischen Klinik untergebracht werden soll. Er soll Menschen in fünf Fällen mit dem Tod und Gewalt gedroht haben, in zwei Fällen kam es wohl auch zu körperlichen Angriffen durch ihn. Der Ex-Soldat soll laut Zeugen Erfahrung im Nahkampf haben und seit einem Bundeswehreinsatz im Kosovo unter einer psychischen Erkrankung leiden. Laut Antrag der Staatsanwaltschaft stellt der 44-jährige eine Gefahr für die Allgemeinheit dar und muss in einer psychiatrischen Klinik untergebracht werden.
Ereignisse und Vorwürfe
Zwischen November 2022 und Dezember 2023 soll Simon M. Restaurantangestellte in Kraiburg, Mitarbeiter eines Damengeschäfts in Mühldorf und Bankangestellte in Waldkraiburg bedroht haben. In mehreren Fällen hielt er dabei eine Nagelschere zwischen seinen Fingern und ballte diese zur Faust. Auch gegen seinen eigenen Vater soll der Beschuldigte mit dieser „Waffe“ vorgegangen sein und gedroht haben, ihm damit ein Auge auszustechen.
Bei polizeilichen Vernehmungen hatten Zeugen angegeben, dass der Beschuldigte Erfahrung im Nahkampf und mit Waffen habe und seit einem Einsatz als Bundeswehrsoldat im Kosovo an einer psychischen Erkrankung erleide. Nie zuvor war es aber wohl zu Angriffen dieser Art gekommen. Die Vorstrafen des Beschuldigten sind jedoch vielzählig und umfassen Delikten von Nötigung über Hausfriedensbruch bis hin zu Diebstahl und unerlaubtem Waffenbesitz.
Raphael Botor, Simon M.s Pflichtverteidiger aus Rosenheim, gab dem Gericht bekannt, dass sein Mandant die Vorwürfe umfassend einräumte. Am 6. August wird ein psychiatrischer Sachverständiger zum gesundheitlichen Zustand des Beschuldigten aussagen und die Entscheidung der 7. Strafkammer zur Unterbringung in einer Klinik erwartet.