Ist das Projekt „Dorfladen“ gescheitert?
„Es tut uns in der Seele weh“: Frabertshamer Dorfladen vor dem Aus
Der Frabertshamer Dorfladen muss Ende Mai schließen. Ein schwerer Schlag für Geschäftsführer Hans Schloder. Warum er diesen Schritt gehen muss - und warum es womöglich doch noch einen letzten Funken Hoffnung gibt.
Obing/Frabertsham – „Der Laden wird uns fehlen“ oder „Kann man denn da gar nichts mehr machen?“ ist in diesen Tagen in und um Frabertsham häufig zu hören, wenn es um die bevorstehende Schließung des Dorfladens in Frabertsham geht. Viele Kunden auch aus der Umgebung bedauern das Aus des kleinen Kramerladls. „Der Dorfladen ist nicht mehr wegzudenken“, ist oft zu hören.
Das tägliche Brotzeitholen für die Arbeit oder die Schule oder der, mit einem kleinen Ratsch verbundene Einkauf war für viele große und kleine Dorfladenkunden zur lieben Gewohnheit geworden.
Viele Einkaufsfahrten einsparen
„Der kurze Weg zum Einkaufen ist nicht nur für junge Familien super“, findet Christa Mitterreiter. Es sei praktisch, ein Geschäft im Ort zu haben und auch unter ökologischen Gesichtspunkten ein Vorteil. Oft sei die Rede vom Energiesparen. Dank Dorfladen könnten viele Einkaufsfahrten eingespart werden. Die Vorteile der örtlichen Nahversorgung liegen für viele auf der Hand, das Konsumverhalten spricht allerdings eine andere Sprache.
Inflation und Energiepreise
Die inflations- und energiepreisbedingte Kostenexplosion bei den Einkaufspreisen und das damit verbundene Einkaufsverhalten macht dem Dorfladen, laut Geschäftsführer Hans Schloder extrem zu schaffen. Hinzu kommen Energiekosten, die sich im letzten Jahr verdoppelt haben und deutlich gestiegene Personalkosten seit Einführung des Mindestlohns. Das Projekt „Dorfladen“ scheint gescheitert. Auf Nachfrage der Wasserburger Zeitung, bedauert Bürgermeister Sepp Huber die aktuelle Entwicklung. „Der Dorfladen ist eine wichtige Einrichtung für Frabertsham und Umgebung, die mit viel ehrenamtlichen Engagement zu einer Verbesserung der Lebensqualität der Menschen im Außenbereich beigetragen hat“.
Die Seniorenbeauftragte und Zweite Bürgermeisterin Franziska Mayer sieht die Nahversorgung vor Ort als wichtigen Baustein in der Seniorenbetreuung. Der Hauptort Obing sei gut versorgt, aber im Außenbereich gebe es auch im Hinblick auf den ÖPNV durchaus Defizite, stellte Mayer fest. Die stellvertretende Familienbeauftragte Ingrid Wimmer hob die Bedeutung der kleinen Fachgeschäfte vor Ort für die regionale Wertschöpfung und das dörfliche Miteinander hervor.
Am morgigen Dienstag, 28. Februar, ist der Dorfladen auch Thema im Gemeinderat.
Gemeinderat wird darüber beraten
Die Frage wird sein, ob sich die Räte vorstellen können, den Dorfladen in seiner aktuellen Schieflage finanziell unter die Arme zu greifen und damit die, auf viel ehrenamtlichem Engagement gestützte Nahversorgung im zweitgrößten Ort im Gemeindebereich zu stärken. Mit dem Nebeneffekt, die Energiewende vor Ort voranzutreiben und auch das soziale Miteinander zu fördern.
Beispiele von wirtschaftlichen Staats- und Kommunalhilfen in Krisenzeiten gibt es andernorts durchaus, die Thematik ist dennoch schwierig, denn am Ende geht es wohl auch um die Gleichbehandlung aller Gewerbetreibenden. Wobei es sich beim Frabertshamer Dorfladen nicht um ein gewinnorientiertes Unternehmen im herkömmlichen Sinn handelt. „Die schwarze Null“ – war das große Bestreben der Macher. Nach der Aufgabe des letzten Lebensmittelgeschäfts Anfang 2002, wollten sie eine echte Versorgungslücke im Ort schließen und mit einem Laden von den Bewohnern für die Bewohner die Grundversorgung sichern und einen örtlichen Treffpunkt schaffen. Zehn Jahre lang hat der Plan funktioniert. Bei etwa 35 Quadratmetern Verkaufsfläche brauchte es dafür zwar eine gehörige Portion Kreativität, doch Ladenleiterin Natalia Schloder und ihr Verkaufsteam brachten dafür täglich vollen Einsatz. Sie haben ebenso wie der Geschäftsführer Hans Schloder und eine Hand voll ehrenamtlicher Akteure, darunter die Gesellschafter Christian Westner und Klaudia Plank, viel Herzblut in ihr Projekt der örtlichen Nahversorgung gesteckt und damit den Dorfladen am Leben gehalten.
Im ersten Corona-Jahr konnte umsatztechnisch sogar nochmal kräftig zugelegt werden. Nun folgt die deprimierende Kehrtwende. Die Jahresbilanz 2021 weist einen Verlust von gut 4.000 Euro aus, für 2022 wird ebenfalls ein deutliches Minus erwartet. „Es tut uns in der Seele weh, aber objektiv bewertet, bleibt uns ohne Finanzspritze nichts anderes übrig, als den Dorfladen zu schließen“, bedauert Hans Schloder. Die Entscheidung habe man sich in der Geschäftsführung nicht leicht gemacht und zig Lösungsmöglichkeiten durchdacht, um den Dorfladen doch noch dauerhaft aus den roten Zahlen zu bringen. Viele Lösungsansätze seien letztlich aber am begrenzten Raumangebot gescheitert. „Klar ist, wir wollen nicht, aber wir müssen aufhören“, betont Schloder.
Alle Beteiligten informiert
Personal, stille Gesellschafter und Lieferanten seien bereits informiert. Ein Hoffnungsfunke keimt jedoch noch. Sollten die Kunden in den nächsten drei Monaten ihr Einkaufsverhalten drastisch ändern und außerhalb nur kaufen, was es im Dorfladen nicht gibt, könnte man das Ruder noch einmal herumreißen. Wir wären bereit dazu“, verdeutlicht Schloder.
Feierliche Eröffnung am 2. April 2011
Bis zur Eröffnung am 2. April 2011 war es ein weiter Weg. Aus einer Bierlaune heraus war die Idee von einem eigenen Dorfkramer für Frabertsham entstanden. Im Rahmen einer Unternehmer Gesellschaft wurde das Vorhaben schließlich realisiert. 85 stille Gesellschafter haben 130 Anteile zu je 180 Euro gezeichnet und damit den Weg für die Einkaufsmöglichkeit vor Ort geebnet. Die restliche Finanzierung konnte über private Darlehen gestemmt werden. Neben dem herkömmlichen Trockensortiment, Molkereiprodukten und frischen Wurst- und Backwaren aus handwerklicher Herstellung finden sich Obst und Gemüse und weitere Produkten aus kontrolliertem oder biologischem Anbau gerne auch von regionalen Erzeugern und Selbstvermarktern. Aber auch Kundennähe und soziales Miteinander gehören zum Konzept. So ist der Dorfladen für die Frabertshamer nicht nur die Einkaufsmöglichkeit um die Ecke, sondern auch ein liebgewonnener Treffpunkt und ein Arbeitgeber für sieben Teilzeitkräfte bzw. Minijoblerinnen.
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Klar war jedoch stets, dass der Dorfladen von der Lage an der B 304 profitiert und ohne den großen ehrenamtlichen Einsatz der „Dorfladen-Crew“ aus wirtschaftlicher Sicht nicht funktionieren könnte. Fast alle anfallenden Arbeiten und Reparaturen würden in „Eigenregie“ erledigt, betont Hans Schloder. Nur so sei das große Ziel, der „Schwarzen Null“ zu erreichen. „Aber für den Dorfladen machen wir das gerne“, sind sich alle Beteiligten einig.