Sebastian Braun vom Sprengkommando nach zwei Stunden fertig
Entwarnung in Rekordzeit: Warum die Fliegerbombe in Traunstein so schnell „erledigt“ war
Zuerst große Aufregung, dann ging alles ganz schnell - schon nach zwei Stunden konnte das Sprengkommando abrücken: für die gefundene Fliegerbombe an der Traunsteiner Rupertistraße galt Entwarnung. „In mehrerer Hinsicht Glück im Unglück“, so der Sprengmeister. Warum der Fall diesmal gar so flott erledigt war:
Traunstein - Auf den ersten Blick war es eine Fliegerbombe wie viele andere, die in der Region aus den letzten Wochen des Zweiten Weltkriegs auftauchen: eine US-amerikanische Splitterbombe, rund 130 Kilogramm schwer. Nach der Alarmierung von einer Baustelle an der Ecke Rupertistraße/Lerchenweg war das „Sprengkommando München“ am Mittwoch (9. August) gegen 16 Uhr in Traunstein - und brauchte nur zwei Stunden, bis die Bombe aus der Baugrube gehoben und sicher verfrachtet werden konnte.
Bombe hatte keine Zünder: Groß-Evakuierung blieb Traunstein erspart
„Alle Finger sind noch dran“, lachte Sprengmeister Sebastian Braun kurz nach der Bergung - und fügte mit ernsterer Miene hinzu: „Wir hatten in mehrerer Hinsicht Glück im Unglück.“ Denn die Bombe hatte keine Aufschlagzünder, wie man vor Ort schnell feststellte. Deshalb war das 250-Pfund-Trum relativ ungefährlich. Zur ersten Begutachtung der Fliegerbombe wurden anfangs nur Gebäude in einem 100-Meter-Radius geräumt - darunter ein Autohaus und insgesamt elf Wohnhäuser. 40 Menschen sind an den Adressen gemeldet. Wie viele von ihnen von den Einsatzkräften wirklich herausgeklingelt werden mussten, ist nicht bekannt.
Denn wie sich ein Einsatz bei einer Bombe mit Zündern in die Länge ziehen kann, hat Traunstein zuletzt im September 2020 erlebt. Erst über sechs Stunden nach Eintreffen des Sprengkommandos konnte da Entwarnung gegeben werden. Die damals an der Chiemseestraße gefundene Bombe hatte noch beide Zünder. Sie waren obendrein beschädigt und deshalb schwieriger zu entschärfen. Eine Evakuierung im Umkreis von 350 Metern war nötig, 1100 Traunsteiner waren direkt betroffen. „Diese nicht-bezünderte Bombe hat uns heute eine 350-Meter-Evakuierung erspart“, so Sprengmeister Braun gegenüber chiemgau24.de.
Fund einer Fliegerbombe in Traunstein am Mittwoch (9. August)




Warum eine Fliegerbombe ganz ohne Zünder in der Baugrube lag, darüber kann auch Sebastian Braun nur spekulieren: „Entweder wurde sie schon ohne Zünder abgeworfen oder sie wurde damals noch am Boden entschärft, aber in der Eile nicht abtransportiert.“ Das übernahm am Mittwoch das Sprengkommando. Zuvor hob ein Bagger den Blindgänger, mit Gurten befestigt, aus der Baugrube. An der Stelle am Lerchenweg war bis vor kurzem ein Küchenstudio beheimatet. Es wurde inzwischen abgerissen und soll durch ein Ärzte- und Geschäftshaus mit Tiefgarage ersetzt werden.
Baggerfahrer: „Haben uns vorsichtig, zentimeterweise vorgearbeitet“
Völlig überrascht zeigte sich der Baggerfahrer im Gespräch mit chiemgau24.de aber nicht über seinen Fund: „Ich hab‘ gegraben, mein Kollege hat gleichzeitig geschaut. Als wir den Verdacht hatten, haben wir uns vorsichtig, zentimeterweise vorgearbeitet.“ Die Spezialfirma war ohnehin schon an der Baustelle, um potenzielles Kriegsgerät auszugraben. Die Zugstrecke München-Salzburg ist vom Fundort rund 100 Meter entfernt. Das Gebiet rund um den Traunsteiner Bahnhof wurde 1944 und 1945 von Bomben stark in Mitleidenschaft gezogen. Vier amerikanische Bombenangriffe musste die Stadt hinnehmen, 106 Menschen starben.
Krisenstab und 180 Einsatzkräfte waren gefordert
So war am Mittwoch gegen 18 Uhr der Einsatz schon wieder beendet. Der Zugverkehr rollte wieder über die Schienen, genauso wie die Autos auf der Rupertistraße. Gerade mal eine Stunde war der Straßenverkehr direkt betroffen. Wer aus den geräumten Häusern ein Dach über dem Kopf suchte, dem wurde die Turnhalle der Grundschule Haslach geöffnet. Für die Entschärfungs- und Entsorgungskosten kommt der Freistaat Bayern auf, die Stadt trägt die Kosten für die Einsatzkräfte und die Kampfmitteluntersuchungen selbst müssen vom Bauträger gezahlt werden.
Im Einsatz waren rund 75 Männer und Frauen der Feuerwehren Traunstein, Haslach, Wolkersdorf, Hochberg, Kammer, Grabenstätt, Oberwössen und Surberg, 41 Mitarbeiter der Rettungsdienste (13 Malteser, 28 Bayerisches Rotes Kreuz) und 61 Einsatzkräfte der Polizei. Im Rathaus wurde ein Krisenstab eingerichtet, bestehend aus Mitarbeitern der Stadtverwaltung, der Stadtwerke, des Stadtmarketings, des Landratsamtes, der Hilfs- und Rettungsorganisationen und der Deutschen Bahn.
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