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1450 Tonnen des Erdmaterials sind verbaut

Ein Novum in Deutschland: Wie Traunsteins Lehmbau bisher allen Widerständen trotzt

Am Campus St. Michael auf der Wartberghöhe in Traunstein entsteht Deutschlands erster freitragender Lehmbau.
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Am Campus St. Michael auf der Wartberghöhe in Traunstein entsteht Deutschlands erster freitragender Lehmbau.

Am Studienseminar St. Michael in Traunstein entsteht ein eigener, kleiner Campus - zentral dabei: Deutschlands erster freitragender Lehmbau. Wir haben mit der Architektin das Haus jetzt von innen besichtigt.

Traunstein - „Dieses Gebäude hat eine beruhigende Kraft“, sagt Anna Heringer, wenn sie auf das Lehmhaus am Campus St. Michael schaut. Vor etwa zwei Jahren wurde mit dem Bau begonnen, jetzt liegt man bereits in den Endzügen. Die Laufener Architektin gilt als Vorreiterin in Deutschland für nachhaltiges Bauen - und das Lehmhaus auf Traunsteins Wartberghöhe entspringt ihrer Feder. Einen Meter dick sind die Lehmschichten der Wände. Deutschlands erster freitragender Lehmbau soll im kommenden Sommer fertig sein.

„Mussten Kompromisse machen“: Ganz ohne Beton geht es nicht

Der Kopf hinter dem Projekt ist Wolfgang Dinglreiter. Seit 2015 ist er Direktor des Studienseminars St. Michael. „Vor zehn Jahren hatten wir die Idee, das Gelände weiterzuentwickeln. Und die alles antreibende Frage sollte sein: Wie geht nachhaltiges Leben?“ 44.000 Quadratmeter misst das Areal der Erzdiözese München und Freising. Ein neuer Kindergarten ist schon gebaut, der Neubau des Knabeninternats ebenfalls. Der prägende, historische Altbau wird dann ab 2025 saniert - eben dann, wenn das Lehmhaus fertig ist.

Anna Heringer und Wolfgang Dinglreiter.

Ein Café, eine Mensa, Büros und Beratungsräume, dazu ein Dachgarten. All das soll zwischen den wuchtigen Lehmsäulen, bzw. auf ihnen, untergebracht werden. Das meiste wird öffentlich zugänglich. Ganz ohne Beton ist es dann aber doch nicht gegangen. „Bei den Decken und Böden mussten wir Kompromisse machen“, so Hans Romstätter, betreuender Architekt. Auch die westliche „Wetterseite“ durfte wegen der Behörden nicht aus Lehm gebaut werden. Insgesamt besteht das zentrale Campusgebäude aus über 50 Prozent aus Lehm, die freitragenden Bereiche aus 80 Prozent, so Romstätter.

Lehm kennt die Bürokratie als Baustoff gar nicht

„Lehm als Baustoff kennt die Bayerische Bauordnung gar nicht. Alles musste eigens durch das Bauministerium genehmigt werden“, so Hans Romstätter. Auch der letzte Winter, lang und nass, verzögerte das Projekt. Die Lehmwände und -würfel mussten eingewickelt und so geschützt werden. Und wegen der steigenden Baukosten seit dem Ukraine-Krieg sei das Projekt schon auf der Kippe gestanden, berichtet Wolfgang Dinglreiter. „Wir hatten einen massiven Preisdruck, wollten es aber durchziehen.“

Decken und Böden sind aus Beton, der Rest im Wesentlichen aus Lehm.

Knapp 20 Millionen Euro brutto wird das Lehmhaus schließlich kosten. Insgesamt investiert die Erzdiözese in das gesamte Projekt mit allen Neubauten und Sanierungen rund 46 Millionen Euro. Wie viel man sich den Sonderwunsch „Lehm“ als Baustoff kosten ließ, konnte und wollte Architektin Anna Heringer aber nicht beantworten: „Bei Baumaterialien gibt es keine Kostenwahrheit. Wie lange hält es? Wie viel CO₂ steckt drin? Was kostet die Entsorgung? All das muss man genauso bedenken.“

Der Vorarlberger Bauunternehmer Martin Rauch produziert und liefert die Lehmblöcke.

1450 Tonnen an Lehm sind es, die verbaut wurden. Schon beim Ausheben der Baugrube kam jede Menge des Materials zum Vorschein. Verwenden konnte man es aber nicht. „Der Lehm kommt aus Vorarlberg und die Lehmblöcke werden dort mit Stampfmaschinen produziert und zurechtgeschnitten“, so Bauunternehmer Martin Rauch. Eigentlich wollte er Lehm aus der Umgebung Traunsteins verwenden und an jener Stelle gleich eine „Feldfabrik“ errichten - ein passender Platz ließ sich dafür aber nicht finden.

„Lehm hält länger als Beton und könnte hundertmal recyclet werden, ohne Qualitätsverlust“, so der Vorarlberger Rauch. Aber ans Recyclen des Lehmhauses denkt auf der Traunsteiner Wartberghöhe momentan ganz bestimmt niemand. (xe)

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