„Es ist so schön, zusammen Ideen auszutauschen“
Von wegen Saure-Gurken-Zeit: Gemeinschaftsgarten in Ruhpolding sucht motivierte Gartler
Die Gartenhandschuhe sind schon ausgepackt, der Spaten steht griffbereit. Nur der Frühling kommt nicht in Fahrt. Auch im Gemeinschaftsgarten in Ruhpolding warten die Mitglieder auf besseres Wetter. Was bringt eigentlich ein Gemeinschaftsgarten in einer kleinen Gemeinde wie Ruhpolding, wo jeder zweite seinen eigenen Vorgarten hat? Geht es um mehr Ernteertrag durch gebündelte Arbeitskraft? Werden die Kürbisse größer, die Kartoffeln schöner?
Ruhpolding – „Die Ernte steht gar nicht so im Vordergrund“ erklärt Renate Mittermeier, die Gründerin des Gemeinschaftsgartens in Ruhpolding. Zumindest bei einigen Mitgliedern hätte sie da so das Gefühl, ergänzt sie und schmunzelt. Man kann ein wenig raushören, dass nicht nur der Garten derzeit im Winterschlaf steckt: „Das Problem ist, dass man sagt, ja, ich möchte gerne so einen Garten haben und mitmachen. Aber dann ist die Zeit doch nicht so da.“ Jetzt wollen die Gemeinschaftsgartler aber motiviert in die Saison starten und erklären im Gespräch mit chiemgau24.de, warum sich gemeinschaftliches Gärtnern lohnt.
Gemeinschaftsgarten: Von der Vision zur Umsetzung
Angefangen habe alles mit einer Idee im Jahr 2016. Renate Mittermeier hatte verschiedene Bücher zum Thema Gemeinschaftsgarten gelesen und war begeistert. Sie besuchte daraufhin Projekte in Traunstein und Marquartstein und wollte auch in Ruhpolding mit einem Gemeinschaftsprojekt durchstarten. Jetzt fehlten nur noch Mitstreiter und eine Gartenfläche. Gesagt, getan: Sie organisierte eine Infoveranstaltung und zeigte in einer Präsentation ihre Vision zum Gemeinschaftsgarten: „Ich hatte an dem Abend weder Leute noch Grundstück, also auch wirklich nur die Idee. Und nach dem Abend waren wir elf Leute, die bereit waren, das mitzumachen.“
Eine Gemeinschaft schaffen und biologisches Gemüse anbauen
Nachdem die Gartenfreunde gefunden waren, folgte auch ein Grundstücksangebot. Über den Ruhpoldinger Gartenbauverein, zu dem der Gemeinschaftsgarten gehört, konnten sie ein idyllisch, neben der evangelischen Johanneskirche gelegenes Areal mieten: „Ich dachte, das wäre ein super Projekt, einfach um eine Gemeinschaft zu schaffen und auch hier die Möglichkeit zu haben, dass man selber seine Sachen anbauen kann: Gemüse, Obst und man weiß, wo es herkommt, es ist biologisch.“
Von unterschiedlichen Stärken profitieren
Eine der elf Gründungsmitglieder ist Petra Kimmerova. Sie war von Anfang an dabei und findet den Zusammenhalt und den Austausch in der Gartengruppe nach wie vor großartig: „Das ist so schön, dass man auch Ideen tauschen kann. Dass jeder seine Stärken woanders hat und dann können wir immer davon profitieren.“Aller Anfang ist schwer: Wenig Equipment, viel Motivation: „Am Anfang waren viele Arbeiten zu bewältigen, wie Beete anlegen, überhaupt das Anschaffen von Geräten und vom Schuppen. Und wir haben ziemlich vieles gemeinsam gemacht, dass wir einen Termin gesetzt haben. Und am Anfang hat es gut funktioniert mit den Gemeinschaftsaktionen.“
Sonnen- und Schattenseiten eines Gemeinschaftsprojektes
Mittlerweile, so erklären Renate und Petra, sei die Organisation des Gartens genauso unterschiedlich wie das Wetter: „Das ist auch von Jahr zu Jahr anders, weil jedes Gartenjahr ist ein anderes Jahr. Mal ist es mehr sonnig, mal ist es mehr feucht. Und immer ist es total spannend zu beobachten, welche Pflanzen in diesem Jahr gerade gut gedeihen.“ Zu Beginn hatten die Mitglieder den gesamten Garten zusammen bestellt: „Also der Ursprungsgedanke war, dass wir alles miteinander machen. Also da sind wir schon im Frühjahr, meistens vorher, im Januar, Februar zusammengesessen und haben gesagt, was mögen wir anbauen, wo mögen wir was anbauen.“
Mehr Eigenverantwortung in diesem Jahr
„Dieses Jahr machen wir es das erste Mal mit mehr in Eigenverantwortung von den Teilnehmern. Es haben jetzt die Teilnehmer bestimmte Bereiche, kümmern sich jetzt auch selber um ihr Saatgut, um die Anzucht und dann ums Pflanzen.“ Renate erklärt, warum sie von der Ursprungsidee, alles gemeinsam zu bestellen, abgewichen sind: „Also wir haben jedes Jahr immer wieder Diskussionen, wie führen wir den Garten weiter. Weil alles natürlich nicht so funktioniert, wie man es sich vorstellt.“ Es sei, wie bei vielen Gemeinschaftsprojekten: „Das Problem ist eigentlich immer das, es gibt Einzelne, die machen ein bisschen mehr. Und es gibt andere, die sind ein bisschen weniger da. Und teilweise ist es dann für diejenigen, die sich mehr reinhängen, ein bisschen ein ungutes Gefühl.“ Aber so kann auch jeder seine eigenen kleinen Erfolge in seinem Beet verfolgen. Wer hat auf das richtige Saatgut gesetzt und wer hat die dicksten Kartoffeln - und sich dann über die Erfolge und Misserfolge mit den anderen austauschen.
Gemeinschaftsgedanke steht im Mittelpunkt
Der Gemeinschaftsgedanke sei aber immer noch zentraler Punkt im Garten: „Was nach wie vor ist, dass wir uns, wie wir es immer schon machen, sagen, jetzt ist schönes Wetter. Lass uns mit Kaffee und Kuchen im Garten treffen. Oder im Herbst haben wir dann immer, wenn wir ernten, einen Outdoor-Ofen, da können wir im Garten kochen. Und dann werden auch noch die Kartoffeln geerntet und alles andere. Dann wird aus dem geernteten Gemüse vor Ort eine Suppe gekocht als schöner Jahresabschluss.“
Suche nach neuen Gartlern: Gruppenkompatibel und Zeit im Gepäck
Und die Suppe schmeckt mit Sicherheit ganz besonders gut: Kürbisse, Kartoffeln, Zucchini, Brokkoli, Kohlrabi, Erbsen. Die Liste des selbst angebauten Gemüses ist lang und die Möglichkeiten im Garten sind fast unbegrenzt. Und auch an Ideen für diesen Sommer fehlt es nicht: Petra spricht den Weidenunterstand an, den sie flechten wollen. Und dann ist noch ein Wunsch für die kommende Saison, motivierte neue Mitstreiter zu finden: „Also keine Einzelkämpfer, auch wenn wir jetzt unsere einzelnen Beete haben. Weil man trifft sich im Garten, man soll sich miteinander absprechen, also untereinander Ideen und Erfahrungen austauschen. Es sollte ja nicht so sein, dass da jeder jetzt allein kommt und allein für sich was macht. Sondern der Gemeinschaftsgedanke ist ja nach wie vor da, der die Leute zusammenbringen soll.“
Wer sich der Gartengruppe um Renate Mittermeier und Petra Kimmerova anschließen will, sollte außerdem ein bisschen Zeit mitbringen und natürlich das Interesse am Garteln. Gartentipps tauschen, bei Kaffee und Kuchen über die Schneckenplage philosophieren, gemeinsam kochen, pflanzen und ernten: Bei Interesse kann man sich einfach an den Ruhpoldinger Gartenbauverein wenden und dann mit Renate Kontakt aufnehmen. Wir halten den grünen Daumen hoch für die kommende Saison.


