Die Anklage lautete auf Vergewaltigung
Beim One-Night-Stand zog er heimlich das Kondom herunter: Gericht verurteilt Ruhpoldinger
Für die Verteidiger war es nur ein „missglückter One-Night-Stand“, für die Staatsanwältin dagegen eine Vergewaltigung: Beim einvernehmlichen Sex zog ein Ruhpoldinger heimlich das Kondom ab - jetzt stand er deswegen in Traunstein vor Gericht. Was genau passiert sein soll und wie das Urteil ausfiel:
Ruhpolding/Traunstein - Man traf sich zufällig auf einem Festl in Siegsdorf und landete dann im Bett des Angeklagten (37) in Ruhpolding. „Ich merkte schon, dass er mehr will“, so die 23-jährige Geschädigte am Mittwoch (29. Januar) vor dem Traunsteiner Amtsgericht. „Drum hab ich ihm schon auf der Feier mehrmals gesagt: ‚Nur mit Kondom‘.“ Etwas „aufdringlich“ sei er gewesen an jenem 22. Oktober 2023, aber der Sex war einvernehmlich. Und dass sich ihre Ruhpoldinger Bekanntschaft den Gummi wie abgemacht überstreifte, sah die junge Frau auch.
„Er hat nur blöd gegrinst und gemeint, dass es ‚ohne‘ doch besser sei“
„Bei einem Stellungswechsel hab ich dann plötzlich gesehen, dass das Kondom neben dem Bett am Boden lag“ - und deswegen sah sich der 37-Jährige vor Gericht jetzt mit dem Vorwurf der Vergewaltigung konfrontiert. „In einem unbemerkten Moment hatte er es entfernt, als sie es nicht sehen konnte“, war auch Staatsanwältin Therese Finsterwalder überzeugt. Zum Samenerguss kam der Ruhpoldinger nicht, aber, so seine flüchtige Bekanntschaft: „Es kam keine Entschuldigung, er hat mich nur blöd angegrinst und gemeint, dass es ‚ohne‘ doch besser sei.“
Wann genau aber zog sich der Ruhpoldinger das Kondom herunter? Hatte man dann auch ungeschützten Sex? „Teilweise“ habe er gesagt, als ihn die Frau danach zur Rede stellte. Denn sie als Frau spüre den Unterschied nicht. Der Angeklagte schwieg im Gerichtssaal lieber. „Die Frage ist nicht geklärt“, meinte Verteidiger Herbert Buchner. Und der zweite Rechtsanwalt Andreas Kastenbauer argumentierte: „Es gibt keine Aussage von der Frau, dass ohne Kondom in sie eingedrungen worden wäre.“ Sie habe nur den Schluss daraus gezogen, als sie plötzlich das Kondom am Boden liegen sah. Buchner und Kastenbauer wollten einen Freispruch.
Staatsanwältin forderte Gefängnis
Zwei Jahre und neun Monate Gefängnis forderte dagegen Staatsanwältin Finsterwalder - wegen Vergewaltigung: „Die getroffenen Vereinbarungen wurden missachtet. Der Angeklagte handelte aus eigensüchtigen Gründen“, so die Staatsanwältin. Einen Freispruch gab es schließlich nicht, aber zu einem Urteil wegen Vergewaltigung konnte sich Richterin Barbara Dallmayer auch nicht durchringen: „Nur Sex ohne Kondom, das weicht von einer Vergewaltigung zu weit ab, das ist vom Unrechtsgehalt nicht dasselbe.“
Verurteilt wurde der Ruhpoldinger wegen eines sexuellen Übergriffs. Die Haftstrafe von einem Jahr wird zur Bewährung ausgesetzt. Außerdem muss der 37-Jährige 2000 Euro Geldbuße an den Frauen- und Mädchennotruf in Rosenheim zahlen. „Wir haben keinen Zweifel an der Version der Geschädigten“, so Richterin Dallmayer. Und überhaupt habe er den ungeschützten Sex ja praktisch auch eingestanden, als ihn die junge Frau erbost damit konfrontierte. „Ich fühlte mich einfach hintergangen. Seitdem bin ich vorsichtiger“, so die 23-Jährige. (xe)