Bitte deaktivieren Sie Ihren Ad-Blocker

Für die Finanzierung unseres journalistischen Angebots sind wir auf die Anzeigen unserer Werbepartner angewiesen.

Klicken Sie oben rechts in Ihren Browser auf den Button Ihres Ad-Blockers und deaktivieren Sie die Werbeblockierung für . Danach können Sie gratis weiterlesen.

Lesen Sie wie gewohnt mit aktiviertem Ad-Blocker auf
  • Jetzt für nur 0,99€ im ersten Monat testen
  • Unbegrenzter Zugang zu allen Berichten und Exklusiv-Artikeln
  • Lesen Sie nahezu werbefrei mit aktiviertem Ad-Blocker
  • Jederzeit kündbar

Sie haben das Produkt bereits gekauft und sehen dieses Banner trotzdem? Bitte aktualisieren Sie die Seite oder loggen sich aus und wieder ein.

Expertin im Exklusiv-Interview

Mehr Windkraft in der Region? Wo in Rosenheim und Umgebung Windräder denkbar wären

Im OVB-Interview erklärt Windenergieberaterin Maria Burghardt, welche Faktoren bei potenziellen Standorten beachtet werden müssen.
+
Im OVB-Interview erklärt Windenergieberaterin Maria Burghardt, welche Faktoren bei potenziellen Standorten beachtet werden müssen.

Beim Thema Windkraft ist Bayern noch ein Nachzügler. Auch in Rosenheim und der Region sieht es mit Windrädern eher dürftig aus. Wo Potenzial bestünde und wie man Anwohner am besten überzeugt, erklärt Windenergie-Beraterin Maria Burghardt im OVB-Interview.

Rosenheim 1150 Windkraftanlagen waren Stand Mitte 2023 in Bayern aktiv. Die Leistung dieser Anlagen betrug 2600 Megawatt. Zum Vergleich: Der Spitzenreiter Niedersachsen hat derzeit Anlagen mit einer Leistung von 12.542 Megawatt in Betrieb. Dies hat natürlich auch geografische und topografische Gründe. Allerdings war Bayern bisher recht zögerlich, was den Bau von Windkraftanlagen angeht. Doch das soll sich ändern. Im OVB-Interview erklärt Maria Burghardt, Leiterin der Beratung Windenergie bei der Energieagentur Ebersberg-München, welche Anforderungen für Windkraftanlagen nötig sind und wie man Anwohner am besten miteinbezieht.

Wo in Rosenheim, Mühldorf, Traunstein und Co. Windkraft möglich wäre

Frau Burghardt, wo in der Region wären mögliche Standorte für Windkraftanlagen?

Burghardt: Die Region Südostoberbayern mit den Landkreisen Rosenheim, Mühldorf a. Inn, Altötting, Traunstein, Berchtesgadener Land sowie der kreisfreien Stadt Rosenheim weist eine große Vielfalt auf. Windenergieanlagen müssen sich in die verschiedenen landschaftlichen Gegebenheiten gut einfügen. All diese Anforderungen zusammenzuführen, das ist die alles andere als einfache, aber wichtige Aufgabe der Regionalplanung. Der Planungsverband der Region Südostoberbayern hat bereits 2015 Windenergieflächen ausgewiesen, diese können öffentlich zugänglich auf der Website des Verbands eingesehen werden.

Die Vorrang- und Vorbehaltsgebiete in der Region. Ein Vorranggebiet ist ein ausgewiesener Bereich, in dem die Nutzung von Windenergie vorrangig behandelt wird. Ein Vorbehaltsgebiet wird ebenfalls für die Windenergienutzung ausgewiesen, allerdings mit einer geringeren Priorität als ein Vorranggebiet.

Seit 2015 hat sich ja schon einiges getan.

Burghardt: Derzeit wird der Regionalplan überarbeitet, denn das Wind-an-Land-Gesetz fordert von den Bundesländern einen bestimmten Mindestanteil ihrer Landesfläche für Windenergie zur Verfügung zu stellen. In Bayern sind dafür die einzelnen Regionen zuständig.

Wären hier in der Region nur einzelne Windräder denkbar, oder sogar ganze Windparks?

Burghardt: Bei dieser Frage wird es vermutlich auf die jeweiligen Voraussetzungen vor Ort ankommen. Liegt ein größeres Windpotenzialgebiet vor, ist es in aller Regel sinnvoll, dies in einem vernünftigen Maß mit Windenergieanlagen zu belegen. Das heißt einerseits, dass die vorhandene Fläche gut mit Windenergieanlagen ausgelastet werden sollte, andererseits die Anlagen aber nicht zu nahe beieinander stehen dürfen, da sie sich sonst gegenseitig den Wind klauen. Die Windenergiepotenziale sind gerade in der Region Südostoberbayern relativ begrenzt, daher sollten sie bestmöglich genutzt werden – mancherorts aufgrund der Siedlungsstruktur oder der Topografie nur als Einzelstandorte, andernorts vielleicht auch in größeren Windparks.

Gibt es in der Region überhaupt genug Wind?

Stichwort Windenergiepotenziale: Betrachtet man den Windatlas in der Region, sieht es im Raum Rosenheim ja eher dürftig aus. Würde sich Windkraft hier überhaupt lohnen?

Burghardt: Ob Windenergieanlagen wirtschaftlich betrieben werden können, hängt von einer Vielzahl an Faktoren ab. Eine wichtige Größe hierbei ist aber freilich die Windhäufigkeit des jeweiligen Standorts. Moderne Windenergieanlagen holen das Maximum auch aus den Windstärken heraus, die in unserer Region vorzufinden sind und lassen sich auch hier wirtschaftlich erfolgreich betreiben, wenn der Standort passt. Als Wirtschaftlichkeitsschwelle sehen wir eine Standortgüte von ca. 50 Prozent an. Weist der jeweilige Standort eine niedrigere Güte auf, müssen alle anderen Faktoren, wie zum Beispiel Bau- und Anlagenkosten und Netzeinspeisung schon ziemlich optimal sein.

Standortgüte bei der Windkraft

Die Standortgüte für Windenergieanlagen wird primär durch das lokale Windangebot bestimmt. Dazu zählen die mittlere Windgeschwindigkeit in Nabenhöhe und die Windrichtungsverteilung. Ein guter Standort zeichnet sich durch hohe, stabile Windgeschwindigkeiten mit geringen Turbulenzen aus, was zu einer höheren Energieausbeute und somit einer besseren Wirtschaftlichkeit führt. Geografische Faktoren wie Höhenlage, Bodenbeschaffenheit und Hindernisse wie Bäume oder Gebäude beeinflussen das Windprofil und müssen bei der Standortbewertung berücksichtigt werden.

Neben dem Windangebot spielen auch infrastrukturelle und rechtliche Aspekte eine Rolle. Die Nähe zu Anschlusspunkten des Stromnetzes, die Verfügbarkeit von Zufahrtswegen für Wartung und die Einhaltung von Abstandsregelungen zu Wohngebieten sind für die Standortwahl entscheidend. Umweltauflagen, wie der Schutz von Vögeln und Fledermäusen, können ebenfalls die Nutzung eines Standortes beeinflussen. Insgesamt ergibt sich die Standortgüte aus einer Kombination aus meteorologischen, geografischen, infrastrukturellen und rechtlichen Faktoren, die für den erfolgreichen Betrieb einer Windkraftanlage abgewogen werden müssen.

In der Region gibt es ja auch einige andere Anlagen mit erneuerbaren Energien – vor allem Wasserkraft. Ist der Bedarf für Windkraft überhaupt da?

Burghardt: Die Erkenntnis, dass wir unseren Energiesektor insgesamt zukunftsfähig machen müssen, ist mittlerweile in der Gesellschaft angekommen und akzeptiert – nicht zuletzt, weil wir gespürt haben, was die Abhängigkeit von Energieimporten oder die Klimaerwärmung für Folgen zeigen und noch zeigen werden. Zukunftsfähig sind nur erneuerbare Energien, die möglichst überall in Deutschland in einem ausgewogenen Mix aus den verschiedenen Quellen ausgebaut werden. Dadurch, dass sich Sonne und Wind recht gut jahres- und tageszeitlich abwechseln, schaffen wir eine einigermaßen gleichmäßige Versorgung, dazu noch Grundlast aus Wasser und vielleicht auch Biogas. Natürlich müssen wir auch endlich das Thema der Speicher anpacken und den Netzausbau voranbringen. 

Im bayerischen Mehring haben sich die Bürger recht deutlich gegen einen großen Windpark ausgesprochen. Widerstand ist keine Seltenheit bei der Planung von Windkraftanlagen. Wie können diese anwohnerfreundlich gestaltet werden?

Burghardt: Dass Windenergieanlagen gerade in Regionen, wo man Windräder noch nicht kennt, Sorgen und Ängste hervorrufen, ist absolut nachvollziehbar. Es ist deshalb besonders wichtig, die Menschen früh über die Windenergie zu informieren, sie offen und transparent über „Wirkungen und Nebenwirkungen“ aufzuklären.

Was sind solche „Wirkungen und Nebenwirkungen“?

Burghardt: Bei allen Windenergieprojekten müssen sämtliche Grenzwerte von Auswirkungen, die bei den Menschen ankommen können, eingehalten werden. Das sind insbesondere Schallimmissionen und Schattenwurf. Auch die Auswirkungen auf andere Schutzgüter müssen den gesetzlichen Bestimmungen entsprechen und möglichst gering gehalten werden. Zustimmung zu Windenergieanlagen schafft auch eine gelungene Bürgerbeteiligung. Sowohl durch frühe Einbeziehung und Information über geplante Vorhaben, aber vor allem auch durch eine finanzielle Teilhabe an der Wertschöpfung, die Windenergieanlagen im Laufe ihrer Betriebszeit erzeugen. Sodass die Menschen, die vor Ort mit den Anlagen leben, auch an ihnen verdienen können.

„Rosenheimer Energiedialoge“ informieren über Windkraft in der Region

Unter dem Titel „Mehr Windkraft in der Region ?!“ findet die nächste Info-Veranstaltung der Initiative „Rosenheimer Energiedialoge“ am Mittwoch, 21.02.2024 in der Technischen Hochschule (TH) Rosenheim statt. Die Vorträge beginnen um 19 Uhr im Raum E0.01; schon ab 18 Uhr kann man eine Ausstellung gemeinnütziger Organisationen besichtigen. Alle interessierten Bürgerinnen und Bürger sind eingeladen, der Eintritt ist frei.

Prof. Dr. Frank Buttinger, Leiter des Studiengangs Energie- und Gebäudetechnologie an der TH, gibt zunächst einen Überblick über das Thema, das auch bei uns immer wichtiger wird. Maria Burghardt, Leiterin der Beratung Windenergie bei der Energieagentur Ebersberg-München, geht dann auf Stand und Planung von Windkraftanlagen in der Region ein; sie berichtet auch über Erfahrungen aus bisherigen Projekten. Technik, Nutzen und Bürgerbeteiligung bei der Windkraft erläutert schließlich Stefan Schindler, Leiter der bayerischen Projekte der reencon GmbH in Stephanskirchen. Danach hat das Publikum Gelegenheit, Fragen an die Vortragenden zu stellen.

Kommentare