Wiesn-Streiflichter vom Rosenheimer Herbstfest
Unfassbar! Auf der Wiesn geht das Bier aus – und Nachschub kommt mit dem Sammeltaxi
Das hat es wohl noch nie gegeben auf der Wiesn: Am Samstag (7. September) ist mancherorts tatsächlich das Bier ausgegangen. Aber der Notstand war rasch behoben. Außerdem: Wie viel wohl die Spezial-Ohrringe von Bedienung Moni wert sind? Sicher weniger als 57 Millionen US-Dollar, schätzt Wiesnigel Ignaz.
Legenden trifft man selten auf der Wiesn. Aber der Hackl Schorsch aus Berchtesgaden ist schon eine solche – auch wenn er genau heute, am 9. September, „erst“ seinen 58. Geburtstag feiert. Entdeckt hat der Wiesnigel Ignaz den Schorsch mit Lebensgefährtin Kornelia Koller im Flötzinger-Festzelt. Hackl ist mit dreimal Gold und zweimal Silber bei Olympia sowie zehn Weltmeistertiteln im Einsitzer einer der besten Rennrodler aller Zeiten. Ein zuverlässiger Einsitzer ist auch der Wiesnigel – aber nur im Bierzelt auf der Bierbank. Darauf ein Prost, Schorsch, und Ois Guade!
„War das wieder eine große Sause am mittleren Wiesn-Samstag! Bei hochsommerlichen Temperaturen kam es wieder zu einem Rekordandrang auf dem Herbstfest. Wer Glück hatte, ergatterte noch ein Platzerl im schattigen Biergarten – die anderen feierten ausgelassen in den Bierburgen. Dass diese Gruppe junger Leute in der Auerbräu-Festhalle (Bild) sichtlich ihren Spaß hatte, das lag auch an Christine Inninger, die als Sängerin neu ist bei den Karolinenfeldern (weiteres Bild). Mit den lauen Biergärten-Nächten mit milden Temperaturen bis in den späten Abend hinein dürfte es aber jetzt zu Ende sein. In den kommenden Tagen steht laut Meteorologen ein abrupter Wetterwechsel an. Es wird kühler und herbstlicher – manche wird es freuen, denn die außergewöhnlich heiße ersten Wiesnwoche hat so manchen Kreislauf an seine Grenzen gebracht. Da tut etwas Abfrischung gut.
Bier aus auf der Wiesn! Das Taxi bringt Nachschub
Am Samstagabend passierte das Unvorstellbare: Gegen 21 Uhr war in Hannis Wiesnschänke, dem Anbau an der Rollenden Metzgerei Bauer (Bild), das Bier aus. Nur gut, dass Flötzinger-Braumeister Franz Amberger und Verkaufsleiter Gabriel Krüger den Biernotstand schnell und unorthodox behoben haben. Per Großraumtaxi schafften sie aus der Brauerei zwei 50-Liter-Fassl herbei und fuhren sie dann mit dem Sackwagerl durch das Wiesngetümmel hindurch zur Schänke.
1914: Weltkrieg statt Wiesn
Vor 110 Jahren war schon alles gerichtet für eine große Jubiläumswiesn zum 50. Geburtstag der Stadt Rosenheim. Sogar einen Historienzug sollte es geben, unter anderem mit den drei Pandurenüberfällen auf Rosenheim (1744). Aber dann brach im Juli 1914 der Erste Weltkrieg aus – alle Feste wurden abgesagt. Ein Überbleibsel von 1914 fand jetzt Irmi Ritzinger aus Prien-Bachham in den Unterlagen ihres Urgroßvaters. Die Klebebilder weisen aufs Stadtjubiläum und das Volksfest hin, das damals erst im September beginnen sollte. Ritzinger: „Selten klingt im Herbstfest-Trubel das Bewusstsein durch, dass es nicht immer so war wie heute. Dass es nicht immer etwas zu feiern und zu lachen gab. In guten Zeiten sollten wir deshalb dankbar sein.“
Hau den Lukas: Dabei sein ist alles
Der „Hau den Lukas“ gehört zur Wiesn wie das Riesenrad oder der Autoscooter. So mancher Maulheld und Möchtegern-Kraftlackel hat sich dort schon blamiert. Nicht so die elfjährige Isabella Burghardt aus Rott am Inn, die hier mit eher zarter Hand den Hammer schwingt. Um Schlagkraft ging es ihr ja auch nicht, eher ums Ausprobieren. „Richtig cool“, kommentierte Isabella nach dem Hieb, der mehr durch Treffsicherheit als durch Schlagkraft bestach. Den Namen „Hau den Lukas“ soll ein kreativer Schaustellerkopf übrigens schon vor Jahrhunderten erfunden haben. Um den runden Knopf, den es zu treffen gilt, malte er ein Clowngesicht. Und dem Clown habe er dann den Namen Lukas gegeben, so heißt es weiter.
Liebe, Friede und Hopfen: Tolle Tattoo-Idee für die Tafel
Wer zuletzt im Auer unterwegs war, der hat die eine oder andere Bedienung mit einem feschen grünen Tattoo in drei Varianten gesehen: „Love, Peace & Hopfen“. Die „Buidln“ sind kein bleibender Hautschmuck. Die Mini-Tattoos gehen wieder runter. Zu erhalten sind die kleinen Gaudimacher am Infostand in der Auerbräu-Festhalle für einen Euro. Davon spendet Auerbräu die Hälfte an die Tafel in Rosenheim.
57 Millionen Dollar? Das geht billiger
Apollo und Artemis, zwei Diamant-Ohrringe, hat ein Käufer bei einer Sotheby’s-Versteigerung 2017 für die unglaubliche Summe von 57,4 Millionen US-Dollar gekauft. Damit ist das Zusammenspiel von Apollo und Artemis das teuerste Ohrring-Set weltweit. Aber es geht auch ganz anders. Juwelenlos glücklich ist Flötzinger-Bedienung Moni Lautenbacher. Vor langer Zeit schon hat sie ihre Bierflaschen-Kronkorken-Ohrringe von ihrer Chefin Marisa Steegmüller geschenkt bekommen. Seither trägt die Moni die kleinen Besonderheiten immer zur Herbstfestzeit mit Stolz zur Schau. Da übersehen viele Gäste glatt, dass die Moni aus Bergen – schon seit knapp 20 Jahren flott im Flötzinger unterwegs – ganze elf Mass auf einmal schleppt.
Feiern, tanzen und lachen; eine Mass zwicken und den Schweinsbraten genießen; mit einem feschen Madl oder Buam obandln: Das alles gehört zum Rosenheimer Herbstfest. Aber das ist nicht alles. Das farbenfrohe Erntedankfest am zweiten Wiesn-Sonntag mit tausenden Trachtlern rückt andere Facetten unseres Daseins in den Vordergrund. Da geht es um Momente der inneren Ruhe, des Dankbarseins, der Demut, des Nachdenkens. Eine friedliche Welt, eine gute Ernte, gemeinsame Werte und soziales Miteinander – das alles sind keine Selbstverständlichkeiten. Der Festzug durch die Stadt samt Gottesdienst im Mangfallpark wurde für Teilnehmer und Schaulustige wieder zu einem stimmungsvollen Erlebnis – getragen vom Glauben, von Heimatliebe und von Bodenständigkeit.









