40 Sorten und 1.000 einzelne Pflanzen
Gemeinsam gärtnern: Wie Permakultur-Projekt in Reitmehring Nachbarn zusammenschweißt
„Kaum Erfahrung, was das Gärtnern angeht“ und dennoch eine Ernte, die sich sehen lassen kann: Der Gemeinschaftsgarten der Nachbarn der Maria-Schell-Straße in Reitmehring ist ein Erfolg – und das nicht nur auf die Pflanzen bezogen. Wie aus Neu-Gärtnern eine Gemeinschaft wurde.
Wasserburg – Kohlrabi-Pflanzen schauen zwischen Fenchelknollen und Salatblättern aus den Hügel-Beeten. Gurken und Zucchini können geerntet werden. Der erste Paprika wird reif. Sieben Familien aus der Maria-Schell-Straße in Reitmehring sehen das Ergebnis ihres Permakultur-Gemeinschaftsgartens, den sie im vergangenen Herbst angelegt haben.
Der Anlass zu dem Projekt war die Eröffnung des Bankerls unter den Linden zu Ehren der ehemaligen Schauspielerin Maria Schell. Der Ort hinter dem Neubaugebiet in Reitmehring sollte ein Platz der Entspannung für alle werden und zum Verweilen einladen, so Wasserburgs Bürgermeister Michael Kölbl bei der Einweihung der Sitzgelegenheit. Dem stimmten auch die Bewohner der Straße und Dr. Christine Mayerhofer, Mitglied der „Essbaren Stadt“, zu. So entstand die Idee, einen Garten zum gemeinschaftlichen Gärtnern zu errichten.
Sieben Familien arbeiten am Projekt
Da es im Bereich rund um das Bankerl jedoch keinen Wasseranschluss gibt, hat Christine Mayerhofer vorgeschlagen, einen Permakultur-Garten zu errichten, erklärt Roman Busse. Er wohnt seit etwa zwei Jahren in der Maria-Schell-Straße. Insgesamt haben sich laut Busse sieben Familien zusammengefunden, die den Garten seit vergangenem Herbst bewirtschaften.
„Wir hatten kaum Erfahrungen, was das Gärtnern angeht“, erklärt Busse. Das Ergebnis kann sich jedoch sehen lassen. „Manchmal wächst auch etwas, wenn man keine Ahnung hat“, sagt Conny Albert. Ansonsten helfe man sich gegenseitig mit Halbwissen aus, „irgendwer weiß immer irgendwas“, sagt sie schmunzelnd. Auch die Kinder seien begeistert von dem Garten. „Es ist schön, eigenes Gemüse zu ernten, so Albert. So würden die Kleinen – und auch die Erwachsenen – so manches Gemüse essen, dass ihnen sonst nicht schmecken würde oder nicht eingekauft werde, ergänzt der Reitmehringer. „Nun müssen wir uns nach der Ernte des Gartens richten“, sagt er. Beeindruckt von der Vielzahl der Sorten sind auch Silvio Hintz und Julia Jückstock, die wie Albert und Busse in der Maria-Schell-Straße wohnen.
560 Stunden Aufbau-Arbeiten
Auf insgesamt 43 Metern erstrecken sich fünf Hügelbeete. Etwa 560 Stunden habe der Aufbau im Herbst gedauert. Die sieben Familien hätten über 40 Sorten und 1.000 einzelne Pflanzen gesetzt, sagt Busse. „Wir haben zum Beispiel 77 Kohlrabi-Pflanzerl, 120 Salatpflanzerl und 60 Kartoffeln eingesetzt“, erklärt er. „Erst hatten wir Bedenken, dass das Gemüse nicht für alle ausreicht.“ Doch bisher sei die Ernte gut verlaufen, so Busse.
Jückstock freut sich zudem besonders darüber, dass durch die Arbeitsteilung für den Gemeinschaftsgarten auch Leute teilhaben können, die sonst nicht genügend Zeit für eigene Beete hätten. Denn jeder könne sich die Zeit einteilen, wie er wolle, ergänzt Hintz. Unliebsame Arbeiten wie das Einsammeln von Schnecken – was zweimal am Tag gemacht werden müsse – würden auf alle Familien aufgeteilt werden. „Jeden Tag ist jemand anderes an der Reihe“, sagt Busse. Gießen müsse durch das Permakultur-System niemand. Außerdem habe es im Frühjahr viel geregnet. Als Dünger würden Schnittgras und Pflanzenreste verwendet, erklärt er.
So ist ein Permakultur-Hügelbeet aufgebaut
Ein Permakultur-Hügelbeet setzt sich aus einem Holzaufbau und verschiedenen Schichten zusammen, erklärt Roman Busse, der mit anderen Nachbarn beim Maria-Schell-Bankerl in Reitmehring ein solches Beet errichtet hat. Organische Materialien wie Kompost und Mulch werden dabei aufgeschichtet. Dadurch werde der Boden durchlüftet und das Wasser auf natürliche Weise gespeichert. Gegossen muss das Beet dann nicht mehr. Der Aufbau hält rund zehn Jahre, erklärt der Reitmehringer.
Das Grundstück für den Garten und Holz hätten die Nachbarn von der Stadt kostenlos zur Verfügung gestellt bekommen, den Mist von Landwirten aus der Gegend, Erde und Mulch aus Aham, sagt Busse. Durch das Garten-Projekt hätten sich die Nachbarn erst so richtig kennengelernt. „Es ist schön, dass wir uns dadurch alle näher gekommen sind. 30 Prozent der Zeit, die wir in den Garten stecken, ist Arbeit, 70 Prozent ist Gemeinschaft“, sagt Busse. Für das nächste Jahr wollen die Nachbarn ihr Anpflanz-System noch weiter verfeinern. Aus dem heuer geernteten Gemüse wollen sie zudem ein paar Samen gewinnen, erklärt der Freizeit-Gärtner.


