Was die Suche so schwierig macht
Wettlauf gegen die Zeit: Johann W. auf Kreta vermisst – jetzt spricht sein Bruder aus Rosenheim
Vor gut zwei Wochen ist Johann W. auf Kreta spurlos verschwunden. Seine Familie setzt alles in Bewegung, um ihn zu finden. Doch das kostet, weshalb sie nun um Spenden bitten. Warum die Suche so schwierig ist und wie es der Familie geht, erzählt sein Bruder Carl W. aus Rosenheim gegenüber dem OVB.
Rosenheim/Kreta – Mehr als zwei Wochen ist Johann W. aus Baden-Württemberg inzwischen verschwunden. Eigentlich wollte der 20-Jährige auf der griechischen Urlaubsinsel Kreta Urlaub machen und seinem Hobby, dem Trailrunning, nachgehen. Doch am Abend des 13. Februar kehrte er von einem Ausflug nicht zurück in seine Jugendherberge. Seitdem fehlt jede Spur von ihm.
Bruder von Johann W.: „Wir wollen ihn unbedingt finden“
Seine Familie hat lediglich einen letzten Standort und seine geplante Route. In der Region Chania machte er sich auf den Weg in die bekannte Samaria-Schlucht. Während der Wanderung teilte Johann seiner Schwester Teresa noch mit, dass alles in Ordnung sei. Dann brach der Kontakt ab. Seitdem läuft die Suche nach Johann W. auf Hochtouren – auch, weil seine Familie alles in Bewegung setzt, um ihn zu finden.
„Die Polizei hier ist wirklich nicht gut ausgestattet“, erzählt Johanns Bruder Carl W., der in Rosenheim lebt, am Telefon. „Die haben zum Beispiel keinen Helikopter auf Kreta. Das macht die Suche natürlich schwierig“, ergänzt er. Sowohl er als auch sein Vater und seine Schwestern sind derzeit vor Ort. Zudem seien die Behörden vor Ort schlecht koordiniert. „Deshalb wollen wir uns privat kümmern. Wir wollen ihn unbedingt finden“, sagt Carl.
Heli-Einsatz nur bedingt möglich – und teuer
Doch es ist nicht nur die mangelnde Ausstattung der griechischen Polizei, die der Familie die Suche schwer macht. In den vergangenen Tagen spielte auch das Wetter nicht mit. Johanns Familie hat selbst einen Helikopter organisiert – für 20.000 Euro pro Tag. Dieser konnte am Montag (24. Februar) und am Mittwoch (26. Februar) nur kurz zum Einsatz kommen, da es derzeit sehr neblig ist und es nur kurze Zeitfenster gibt, in denen überhaupt geflogen werden kann. „Aber leider ohne Erfolg“, sagt Carl. Um die weitere Suche nicht nur emotional, sondern auch finanziell stemmen zu können, hat die Familie einen Spendenaufruf gestartet. Bisher konnten darüber knapp 90.000 Euro gesammelt werden. „Dafür sind wir unglaublich dankbar“, sagt Carl.
„Das Problem ist, dass das Gebiet sehr groß ist und wir nur ungefähr wissen, wo er sich wahrscheinlich befindet“, macht Johanns Bruder deutlich. Und es gibt noch ein weiteres Problem: „Das Gebiet ist sehr schwer zugänglich, da es sich nicht um einen richtigen Weg handelt“, erzählt Johanns Bruder. Die Familie ist sich allerdings sicher, dass der 20-jährige Informatikstudent aus Mannheim genau dort unterwegs war. „Wir hatten Zugriff auf die App, mit der er seine Routen geplant hat“, sagt Carl. Griechen, die die Region gut kennen, hätten der Familie allerdings erklärt, dass das Gebiet von Büschen bewachsen sei und sich dort auch etliche Schutthänge befänden. Zudem liege dort im Winter Schnee.
Nach Tod der Mutter: „Seine Art, um mit seinen Gefühlen klarzukommen“
Warum sich Johann ausgerechnet diese unwegsame Route gesucht hat, kann sich auch die Familie nicht mit Gewissheit erklären. „Er hat gerne so extreme Touren gemacht“, sagt Carl. Erst vor kurzem habe er das Laufen für sich entdeckt und sei darin dann auch sehr schnell sehr gut geworden. „Ich glaube, er wollte sich selbst ein bisschen beweisen“, ergänzt Carl. „Unsere Mutter ist vor ein paar Monaten an einem seltenen Gehirntumor verstorben. Ich glaube, das war auch ein bisschen seine Art, um mit seinen Gefühlen klarzukommen“, vermutet Carl. „Ich glaube, er hat einfach unterschätzt, wie extrem gefährlich die Route ist.“ Schließlich denke man bei Kreta nicht direkt an Schnee und Berge.
Für die weitere Suche hat die Familie auch Mantrailer-Hunde angefordert. Diese sind allerdings noch nicht im Einsatz. Denn die Hunde würden aus Deutschland anreisen. Doch wegen Streiks an den griechischen – und nun auch an den deutschen Flughäfen, konnten die Mantrailer-Teams noch nicht nach Kreta fliegen. „Wir haben die ganze Zeit ein bisschen Pech“, ergänzt Carl. „Es ist wirklich frustrierend.“
„Sind mit unseren Nerven und unserer Energie am Ende
Aufgeben kommt für Johanns Familie aber nicht in Frage. Die griechischen Behörden stellen bei Vermisstenfällen allerdings nach zwölf Tagen die Suche ein. „Meine Schwestern und ich wollen aber noch weitersuchen“, betont Carl. „Wir haben noch ein kleines bisschen Hoffnung, dass Carl noch lebt.“ Und selbst für den Fall, dass Johann wirklich verunglückt ist, wünscht sich die Familie Klarheit darüber, was passiert ist. „Diese Unklarheit ist nur schwer zu ertragen“, sagt Carl. „Wir wissen allerdings nicht, ob wir selbst noch lange durchhalten. Wir sind mit unseren Nerven und unserer Energie am Ende.“

