Weihnachten in der Klinik
Wie man in Bernau und Prien depressiven Menschen Heiligabend verschönert
Sie legen sich richtig ins Zeug: Was die Mitarbeiter des Medical Park Chiemseeblick in Bernau am 24. Dezember mit psychisch erkrankten Patienten vorhaben. Und warum in Prien so manch einer lieber in der Irmingard Klinik ist als zu Hause.
Bernau – Heiligabend ist auch und vor allem in Kliniken ein besonderer Tag. Ganz besonders trifft das auf die dortigen Patienten mit psychischen Erkrankungen zu. Während andere im Kreise ihrer Liebsten zusammenkommen und feiern, kämpfen sie mit Depressionen, Angststörungen oder einem Burn-Out – an einem fremden Ort noch dazu. Die Chiemgau-Zeitung hat bei den Psychosomatik-Chefärzten der Klinik Medical Park Chiemseeblick in Bernau und der St. Irmingard Klinik in Prien nachgefragt, wie Heiligabend auch für ihre Patienten besonders werden soll.
Waffeln vom Geschäftsführer
Früh beginnt der feierliche Teil in den Räumen vom Medical Park. „Um 14 Uhr laden wir unsere Patientinnen und Patienten zu einem besinnlichen Zusammensein ein. Da werden Lieder gesungen, Wintergeschichten erzählt, und auch eine musikalische Begleitung wird es geben“, schildert Andreas Menke, ärztlicher Direktor und Chefarzt im Medical Park Chiemseeblick. Überdies backe der Geschäftsführer mit seinen Kindern frische Waffeln für die Patienten. Natürlich habe man einen geschmückten Christbaum, und am Abend erwarte die Patienten ein mehrgängiges Festtagsmenü.
Weihnachten stresst psychisch erkrankte Menschen sehr
Wer es gesundheitlich schaffe, könne nach Hause zur Familie fahren. Die, die in der Klinik bleiben, etwa Akutpatienten, bekommen zu Weihnachten umso mehr Augenmerk vonseiten des ärztlichen und des therapeutischen Personals. „Wir müssen immer schauen, bei wem Suizid ein Thema sein könnte. Deshalb sind unsere Mitarbeitenden in diesen Tagen noch stärker im Einsatz als sonst“, erklärt Menke.
So werden psychologische Sprechstunden für jene angeboten, die sich gerade in einer Krise befinden. Weihnachten stresse psychisch Erkrankte besonders, betont der Chefarzt. „Der hohe Druck und die Erwartungen machen beispielsweise schwer depressiven Menschen besonders zu schaffen“, beschreibt er. Manche Patienten bekämen dann Panikattacken, andere fielen in so traurige Stimmung, dass „gar nichts mehr geht“. Diese Patienten fange man dann auf. Damit alle sich so wohl fühlen, wie es eben geht, würden am 25. und am 26. Dezember Achtsamkeits- und Entspannungsübungen angeboten und das kleine Fitnessstudio, das Schwimmbad und das Café geöffnet.
Auf schöne weihnachtliche Dekoration mit Gestecken und einem hübsch geschmückten Christbaum haben die Hausdamen in der St. Irmingard Klinik in Prien Wert gelegt. Das betont Christian Ehrig, Chefarzt an der dortigen Psychosomatik. Weihnachtliche Atmosphäre ströme auch ein Überraschungs-Kalender aus, der mit kleinen Geschenken für die Patienten aufwarte. Abends werden die Patienten zum Sektempfang und einem Buffet mit Roastbeef, Lachs, Zitronensorbet und etlichem mehr geladen.
Reha, Trauma oder Burn-out
Zu Weihnachten blieben eher jene Patienten im Haus, die alleinstehend seien oder in schwierigen Familienverhältnissen lebten. Viele seien froh und dankbar über den geschützten Rahmen in der Klinik. Viele der Patienten an der Klinik sind zur Reha nach Krebsbehandlungen oder kardiologischen Eingriffen da. Manche haben traumatische Erfahrungen gemacht, andere ein Burn-out, sagt Christian Ehrig. Falle Heiligabend auf einen Wochentag, gäbe es weihnachtliche Gruppenangebote. Heuer werde es stiller und entspannter, weil Heiligabend auf einen Samstag fällt.
Patienten unterstützen sich gegenseitig
„Deshalb schauen wir, dass die Patienten miteinander etwas unternehmen, spazieren gehen oder auf einen Kaffee“, sagt der Chefarzt. Dazwischen singen Mitarbeiter auch einmal spontan Lieder für die Patienten. Schafften es die Angestellten, dass sich die Patienten gegenseitig unterstützten, sei das für diese sehr wertvoll. Denn, so Ehrig: „Viele tauen hier so richtig auf, weil sie nach langer Zeit wieder ein paar liebevolle Kontakte erfahren, etwa vom Pflegepersonal oder auch von den Damen der Hausreinigung.“
Instagram-Gruppe gegen Depressionen
Viele sind depressiv geworden, weil sie zu Hause sozial isoliert waren.“ Das unterstreicht auch Andreas Menke in Bernau. Für jemanden, der niemanden habe, könne Weihnachten in der Psychosomatik-Klinik sogar eine Bereicherung sein. Er legt Betroffenen die vor zwei Jahren gegründete Instagramgruppe „Chiemsee_gegen_Depression“ ans Herz.
