Festredner bei Meggle-Gründerpreis
Emotionaler Wolfgang Bosbach in Wasserburg: „Das beste Deutschland, das wir je hatten“
Er ist ein Mann klarer Worte: Deshalb gelingt es Wolfgang Bosbach, ehemaliger CDU-Bundestagsabgeordneter, immer noch, sich Gehör zu verschaffen. Als Festredner bei der Meggle-Gründerpreis-Verleihung begeisterte er mit seinen Analysen, seinem Humor und frechen Sprüchen.
Wasserburg – 71 Jahre alt, seit sechs Jahren ohne Bundestagsmandat, gesundheitlich aufgrund einer Krebserkrankung angeschlagen: Trotzdem ist Wolfgang Bosbach nach wie vor gern gesehener Gast auch in Talkshows. Nach wie vor ein Politiker, dessen Worte Gehör finden und der sein Publikum in den Bann ziehen kann. So auch bei der Meggle-Gründerpreis-Verleihung im historischen Rathaussaal von Wasserburg. 350 geladene Gäste aus Wirtschaft, Politik und gesellschaftlichem Leben zeigten sich begeistert vom Vortrag des Festredners, der einer persönlichen Einladung von Toni und Marina Meggle gefolgt war.
„Politik ist das permanente Ringen um Entscheidungen“
Bosbach präsentierte sich gut gelaunt, redete 45 Minuten frei und ohne Manuskript. „Ich bin ein Junge aus dem Leben“, brachte er gleich zu Beginn seine Volksnähe auf den Punkt. Erinnerungen an die eigene Kindheit und Jugendzeit , sorgten für manchen Lacher im Publikum - gespickt mit kleinen Spitzen gegen die Generation Z sowie Anekdoten aus seinem Alltag als Bundespolitiker der CDU, für die er von 1994 bis 2017 im Bundestag saß. Doch Bosbach, dem der Schalk aus den Augen blitzte, kann auch ernst und staatstragend. Etwa beim Appell, die deutsche Demokratie zu verteidigen und zu schützen, damit weder extremistische Kräfte von rechts noch von links wieder die Macht ergreifen könnten. „Wir leben im besten Deutschland, das wir in unserer Geschichte jemals hatten“, ist Bosbach überzeugt, verhehlte jedoch gleichzeitig nicht, dass er sich eine andere Regierung wünschen würde. „Politik ist das permanente Ringen um Entscheidungen“, betonte er jedoch. Ohne Kompromissbereitschaft gehe es nicht.
„Zuwanderung werden wir immer haben“
Angesichts der multiplen Krisen in der Welt, gelte es, alles dafür zu tun, dass Demokratie und Frieden in Deutschland auf Dauer gesichert würden. Angesichts der derzeit größten Herausforderung, die Zuwanderung durch Flüchtlinge und Asylbewerber, warnte er davor, alle Menschen, die diesen Prozess kritisch begleiten würden, rechts einzuordnen. „Zuwanderung haben wir immer gehabt und werden wir immer haben“, betonte Bosbach. Kummer bereite ihm die Tatsache, dass in einem relativ kleinen Land wie Deutschland Menschen aufgenommen werden könnten, „die nicht die gleichen Werte wie wir haben“. Nur wenn alle, Einheimische und Zugewanderte, beim Wertekanon einig seien, „können wir friedlich miteinander leben“.
Bosbach stellte sich hinter die Polizei, die in diesem Bemühen täglich Kopf und Kragen riskiere, „damit wir friedlich und in Freiheit leben können“. Er warnte vor der gestiegenen Anspruchshaltung gegenüber dem Sozialstaat. „Was dieser ausgebe, müsse erst einmal erarbeitet werden. „Erst wenn du was geleistet hast, kann du dir was leisten.“
„Wer nichts im Boden hat, muss was in der Birne haben“
Neben der Zuwanderung gibt es weitere Baustellen, die in Bosbachs Augen zu bewältigen sind: in der Gesundheits- und Rentenpolitik beispielsweise. Er erteilte einer weiteren Senkung des Renteneintrittsalters eine klare Absage und forderte, dass all jene, die arbeiten, damit die Sozialleistungen bezahlt werden könnten, mehr Geld zur Verfügung hätten als jene, die dies nicht tun würden. Das sei ein Gebot der Gerechtigkeit.
Wichtigster Baustein für den wirtschaftlichen Erfolg ist in seinen Augen die Bildung. „Wer nichts im Boden hat, muss was in der Birne haben“, betonte der Ehrengast angesichts der Tatsache, dass die BRD ein rohstoffarmes Land ist. Deutschland habe in den vergangenen Jahrzehnten jedoch in vielen Bereichen die Vorreiterrolle verloren. Viele große namhafte Unternehmen würden weltweit ins Hintertreffen geraten, „weil andere besser geworden sind“. Die vier teuersten Konzerne weltweit, Apple, Microsoft, Alphabet und Amazon, seien entstanden aus kleinen Startups. „Jemand hatte eine Idee und hat es einfach versucht.“ Deshalb brauche Deutschland wieder mehr Menschen mit Innovationskraft, die sich was trauen würden, appellierte Bosbach. Dazu gehöre auch die Bereitschaft, Misserfolge wegzustecken. Wer in Deutschland mit einem Startup untergehe, gelte als Loser, in den USA als jemand, der es wenigsten versucht habe. Wer in Amerika als Zahnarzt einen Porsche fahre, gelte als erfolgreicher Arzt, zu dem alle gerne gehen würden. In Deutschland sei die Mentalität anders, nach dem Motto: „Soll ich dem das teure Auto zahlen?“ Sozialneid ist, so war aus Bosbachs Rede herauszuhören, eine Geißel.
Der Ehrengast des Festakts forderte wieder mehr Pioniergeist. So wie in den Nachkriegsjahren, als Deutschland nach der Zeit der Nazi-Barbarei die Ärmel wieder hochgekrempelt habe. „Es ist ein großes Glück, nach wie vor in diesem Land zu leben“, findet Bosbach angesichts der vielen krisen- und kriegsgeschüttelten Regionen auf dem Globus.