Kundgebung und Gegendemo
Warum die Kundgebung mit Beatrix von Storch in Wasserburg für die AfD zum Debakel wurde
Die AfD hatte am Samstagabend (16. September) in Wasserburg zur Kundgebung mit Beatrix von Storch geladen. Wasserburg.bunt und die Jugendorganisationen mehrerer Parteien riefen zur Gegendemo auf. Warum der Abend für die AfD zum Debakel wurde.
Wasserburg – Luca Fischer von den Jusos, Anmelder des Gegenprotests, hatte mit 300 Teilnehmerinnen und Teilnehmern gerechnet, doch 800 kamen nach Polizeiangaben: ein Meer aus Plakaten, Fahnen, Tafeln. Das Bündnis wasserburg.bunt machte seinem Namen alle Ehre: Vertreter aus vielen gesellschaftlichen Schichten und Bevölkerungsgruppen in Wasserburg setzten sich gegen rechte Tendenzen und extremistische Ansichten ein: Stadtratsmitglieder aus allen Fraktionen, Vertreter der Vereine, Geschäftsleute aus der Altstadt, Familien mit Kindern, Senioren, Menschen mit Behinderung. Im nahegelegenen Schopperstatthaus, Wohngemeinschaft der Stiftung Attl, forderten Plakate, die von den Balkonen hingen, auf zum Einsatz „gegen Abgrenzung und Diskriminierung“. Auch prominente Unterstützer wie Kabarettist Michael Altinger nahmen an der Demo teil.
Angesichts der großen Teilnehmerzahl gab es für die von dieser Resonanz sichtlich überraschten Veranstalter des Gegenprotests mit Fischer und Steffi König als Sprecherin von wasserburg.bunt eine Herausforderung: auf die Schnelle die erforderliche Anzahl von Ordnern (einen pro zehn Teilnehmer) zusammenzubekommen.
Pfeif- und Hupkonzert
Die vom Bündnis wasserburg.bunt, den Jusos, der Grünen Jugend und der Linken Jugend (Solid) zur Teilnahme aufgerufenen Demonstranten hielten sich diszipliniert an die vorher in Kooperationsgesprächen mit dem Landratsamt ausgemachten Regeln: Sie versammelten sich zu Beginn hinter der Absperrung auf dem Parkplatz an der Rampe. Hier schwenkten sie ihre Plakate, griffen zu den Trillerpfeifen und machten ihrem Protest mit Sprechchören Luft. Der Aufforderung am Kreisel, sich dem Protest per Hupkonzert anzuschließen, schlossen sich einige Autofahrer spontan an.
Eine Gruppe von etwa zehn Demonstranten der Antifa aus Rosenheim, die ihre Versammlung laut Polizei ebenfalls angemeldet hatte, ging, zum größten Teil vermummt, am Rande des Bahnhofsplatzes in Stellung. Diesen hatte die AfD nach eigenen Angaben als Alternative zur Hofstatt als Versammlungsort zugewiesen bekommen. Hier hatten sich laut Schätzungen der Polizei etwa 60 AfD-Sympathisanten versammelt.
Im Fokus des Abends: Beatrix von Storch, stellvertretende Vorsitzende der AfD-Fraktion im Bundestag. Die 52-Jährige steht für Konfliktpotenzial: Kein Parlamentarier wurde in dieser Legislaturperiode so oft mit einem Ordnungsruf belegt wie sie. Storch kam pünktlich und sprach etwa 45 Minuten – nach den Kandidaten der AfD für die Landtags- und Bezirkstagswahl, die ihr Programm und ihre politischen Ansichten vorstellten. Landtagskandidat Andreas Winhart leitete die Kundgebung.
Storchs angekündigtes Thema „Familien vor Ideologie schützen“ nahm in ihrer Rede kaum Raum ein. Sie widmete sich stattdessen unter anderem dem in ihren Augen „übergriffigen Staat“. Sie kritisierte die Landes-, Bundes- sowie Europapolitik, Ausführungen, die sie immer wieder unterbrach für Schimpftiraden in Richtung der Gegendemonstranten.
Polizei hatte Lage im Griff
Die etwa 120 Polizeibeamten aus Wasserburg und ganz Oberbayern Süd, unterstützt von Bereitschaftspolizisten, hatten die Situation in Griff: ruhig, deeskalierend, aufmerksam und stets dort präsent, wo sich Konfliktpotenzial anbahnte. Einsatzleiter war Leitender Polizeidirektor Robert Anderl vom Präsidium, sein Stellvertreter Wasserburgs Polizeischef Markus Steinmaßl. Die Pressestelle des Präsidiums gab abends auf Anfrage der Wasserburger Zeitung und von wasserburg24.de bekannt: „Es gab keine gewalttätigen Ausschreitungen.“
Angesichts der Menschenmassen kam es jedoch zur Verkehrsproblemen. Die Straße am Bahnhofsplatz musste gesperrt werden, denn auch die Demonstranten, die dem Aufruf von wasserburg.bunt und der Jugendorganisationen der Parteien gefolgt waren, rückten lautstark, aber friedlich von der Rampe aus an den Rand des Bahnhofsplatzes nach. Die Polizei rief per Lautsprecherdurchsagen dazu auf, die Rettungswege freizuhalten. Storch forderte die Beamten mehrfach auf, den Platz zu räumen. Das geschah nicht.
Um 19.45 Uhr waren Kundgebung und Demos vorbei. Lange Schlangen bildeten sich an den Eingängen zum Lichterfest. „Wasserburg leuchtet“ konnte ohne Zwischenfälle starten.

