Theaterstück „Icebreaker“ mit Tiefgang
Nur schlecht drauf? So verarbeiten Wasserburger Schüler das Stigma von Depressionen auf der Bühne
Die Realschüler aus Wasserburg setzen mit dem Stück „Icebreaker“ ein Zeichen gegen das Stigma von Depressionen. Wie sich die Kids mit der weit verbreiteten Krankheit auseinandergesetzt haben – und es dabei schafften, die Zuschauer mitzureißen.
Wasserburg – Eine Theaterpremiere der ganz besonderen Art konnten Pädagogen, Eltern und Schüler der 9. Klassen der Realschule Wasserburg auf der Bühne im Förderzentrum miterleben, ja sogar aktiv begleiten. Hinter dem Titel „Icebreaker – Depression im Jugendalter“ verbarg sich dabei ein von der AOK gefördertes Projekt unter der Schirmherrschaft von Bayerns Kultusministerin Anna Stolz und Bayerns Gesundheitsministerin Judith Gerlach. Aktiv zu klären galt es für die Zuschauenden während es Stückes, welche der handelnden Personen aus der 8. und 9. Jahrgangsstufe auf der Bühne an einer ernsthaften Depression erkrankt sein könnten und welche sich einfach nur „schlecht drauf” zeigten.
Wer war der Depressive?
Reiner Konsum war im Saal nicht angesagt, das wurde schon nach den einführenden Worten von Moderator Sebastian Eilers von der Nürnberger Agentur für Kulturdesign „Kunstdünger“ klar, der mit seinem Team und Sozialpädagogin Veronika Schuster die Aufführung in nur vier Tagen auf die Füße gestellt hatte. Für 60 Minuten anhand einer Checkliste in die Rolle eines Psychiaters zu schlüpfen und in Schritten jeweils selbst zu diagnostizieren, erwies sich dann als spannende Herausforderung. Denn die pubertierenden Protagonisten Robert und Anna machten ihre Sache sehr gut und verrieten nur nach und nach, wer denn wirklich von beiden der behandlungsbedürftige Depressive war.
In einem überdimensionalen Puppenhaus mit Einblick in die jeweiligen Jugendzimmer begann dann bei der ersten Szene bereits so manche Selbsterkenntnis, nämlich dass solch unausgeschlafene Morgenmuffel und Frühstücksverweigerer, wie auf der Bühne vorgestellt, auch im heimischen Umfeld zu finden seien. Grund genug, für alle im Saal mucksmäuschenstill dem weiteren Verlauf zu folgen und nach und nach zu erkennen, dass sich psychische Erkrankungen oft schleichend und zunächst unbemerkt entwickeln.
Die präsentierten Verdachtsmomente einer beginnenden oder vorhandenen Depression zu erkennen und diese anzusprechen, zeigten dann in den Themenbereichen „Aufräumen“, „Kopfkino“ oder „16. Geburtstag“ und „Schulstress“ eine stetig deutlicher werdende Tendenz auf, die durch Einbeziehen von Familie und Freunden aber auch deutlich machte, welche Begleitumstände depressives Verhalten festigen oder durch unbeachtete Bedürfnisse bei anderen Beteiligten ein solches erst sogar hervorrufen könnten.
Depression ist heilbar
Aber erst das Auffinden der Tagebücher löste im Stück die Anfangsfrage auf. Die Antwort entließ aber die Zuschauenden noch längst nicht aus der Thematik, denn vor allem sollte auch erfahren werden, dass Depression eine heilbare Krankheit ist. Durch das theaterpädagogische Erleben einer gespielten Therapie konnte wohl so mancher im Raum dann auch einen neuen Zugang zu der Problematik der in der Familie Beteiligten finden. Als Mitglied eines fiktiven Facharztkollektivs zu wirken, ermöglichte dabei zudem interaktive und dadurch sehr intensiv auch eine sehr persönliche Auseinandersetzung mit dieser zwischenzeitlich weit verbreiteten Krankheit. Der Depression das Fremde zu nehmen und Verständnis für Erkrankte und ihr direktes Umfeld zu schaffen, gelang jedenfalls mit diesem ungewöhnlichen Projekt bestens.
Kein Wunder, dass sich auch Schulleiter Karsten Kundt begeistert von der Leistung seiner Darsteller zeigte und alle Zuschauenden auffordere, sollten sie sich selbst betroffen fühlen, sich vertrauensvoll an ihre Lehrer oder die Schulpsychologin Sabine Wimmer zu wenden.
