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Einst häufige Fische im Inn selten geworden

„Sisyphusarbeit im kalten Inn“: So helfen die Wasserburger Fischer bedrohten Jungtieren

Franz Göpfert, Vorsitzender des Kreisfischereivereins Wasserburg (links) und Gewässerwart Hans Ellmer sowie viele weitere Ehrenamtliche setzen sich ein für bedrohte Fische wie die Huchen. Das heißt auch: stundenlang Arbeiten im kalten Inn.
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Franz Göpfert, Vorsitzender des Kreisfischereivereins Wasserburg (links) und Gewässerwart Hans Ellmer sowie viele weitere Ehrenamtliche setzen sich ein für bedrohte Fische wie die Huchen. Das heißt auch: stundenlanges Stehen im kalten Inn.

Äschen und Huchen sind vom Aussterben bedroht, warnt der Kreisfischereiverein Wasserburg. Wie die Mitglieder die bedrohten Tiere retten, welche Rolle dabei Bagger und Boxen spielen und warum hierfür eine wahre Sisyphusarbeit an der Kapuzinerinsel in Wasserburg zu leisten ist.

Wasserburg – Die einst häufigen Fischarten Äsche und Huchen sind im Inn mittlerweile selten geworden. Ihre Situation verschlechtert sich kontinuierlich. Dies geht aus einer Pressemitteilung des Kreisfischereivereins Wasserburg hervor.

Die Verbauung der Flüsse, sei es durch Uferbefestigung zur Landgewinnung oder für den Hochwasserschutz, durch Begradigung der Flussläufe oder durch Wehre und Kraftwerke, nehme den Fischen weitgehend die Möglichkeit, sich fortzupflanzen. Allein in Bayern werde das Netz der Gewässer durch etwa 57.000 Querbauwerke unterbrochen. Viele Fische könnten ihre angestammten Laichplätze nicht mehr erreichen, bedauert Franz Göpfert, Vorsitzender des 400 Mitglieder starken Vereins (plus 65 Jugendliche).

Laichende Huchen: Die beiden Fische auf den Fotos sind etwa 1,20 Meter lang. Der dunkler gefärbte Fisch ist das Männchen. Das Weibchen gräbt sich mit der Schwanzflosse richtiggehend in das Kiesbett. Das Männchen verteidigt währenddessen den Laichplatz beziehungsweise das Weibchen gegen Konkurrenten.

Huchenweibchen kann über eine Tonne Kies bewegen

Doch auch wenn es ihnen gelinge, zur Kinderstube zu wandern, „bedeutet dies längst nicht, dass sie auch ablaichen können“, warnt Göpfert. Denn die Fische benötigen nach Informationen des Vereins zur erfolgreichen Eiablage lockeren, durchströmten Kies, nur in den Lücken zwischen den Steinen könnten die Eier gut geschützt abgelegt werden. Bei forellenartigen Fischen wie Äschen und Huchen schlagen die Weibchen nach Angaben der Fischer sogar mit ihrer Schwanzflosse Gruben in das Kiesbett am Grund des Flusses, in die sie ihre Eier ablegen und anschließend wieder mit Kies abdecken. Ein kräftezehrender Prozess, der mehrere Tage dauere und bei dem ein Huchenweibchen über eine Tonne Kies bewegen könne.

Farbenprächtig: die Äsche.

Doch dieser fehle beinahe überall, als Folge der zahlreichen Kraftwerke sowie der beinahe durchgängig durch Blocksteine oder Beton befestigten Ufer. Die Kraftwerke würden Kies und gröberes Gestein, das der Inn ursprünglich aus den Bergen flussabwärts transportiert hat, aufhalten und nur feinen Sand passieren lassen. Dieser verstopfe die Lücken zwischen den Steinen und mache den Kiesgrund hart wie Beton, warnt der Kreisfischereiverein.

Wenn doch kleine Äschen oder Huchen schlüpfen könnten, fehle den Jungtieren oft der geeignete Lebensraum. Sie brauchen nach Informationen des Vereins flache, langsam strömende, gut geschützte Bereiche mit Totholz oder größeren Steinen, wo sie Verstecke und Nahrung finden. Doch in den verbauten und begradigten Flussläufen seien solche Strukturen oder Unterstände nur noch selten zu finden.

Gewässerwart Hans Ellmer hilft den Äschen, indem er ihre Eier in Brutboxen schützt.

Viele Fressfeinde

Die wenigen Jungfische, die es trotzdem schaffen, haben nach Informationen des Vereins viele Fressfeinde: Gänsesäger, Kormoran und Fischotter. Deren Bestände wachsen, das ist laut Göpfert ein klarer Erfolg des Artenschutzes. „Aber das geht momentan auf Kosten der gefährdeten Flussfischarten“, bedauert er auch. Sein Vorschlag: „Kurzfristig könnte es sinnvoll sein, regulierend in die aus dem Gleichgewicht geratene Beutebeziehung zwischen Fischen und fischfressenden Tieren einzugreifen.“ Denn dem steigenden Nahrungsbedürfnis dieser Räuber hätten die Fische nichts mehr entgegenzusetzen. „Sie schaffen es nicht aus eigener Kraft, genügend Nachwuchs zu erzeugen.“ Im Alpenraum seien die Bestände deshalb drastisch eingebrochen.

Besonders dramatisch ist die Situation nach Angaben des Kreisfischereivereins bei Huchen. Er weise nur noch in kleinen Teilen der österreichischen Mur einen einigermaßen gesunden, sich selbst vermehrenden Bestand auf. An allen anderen Flüssen im österreichisch-bayerischen Donauraum seien die Bestandsgrößen dafür bereits zu gering. Mehrere Kraftwerksneubauten bedrohen aktuell diesen letzten Flussabschnitt und gefährden damit de facto die Überlebensfähigkeit der ganzen Art, warnt Göpfert.

Franz Göpfert, Vorsitzender des Kreisfischereivereins Wasserburg, setzt sich ein für die Rettung bedrohter Fische im Innraum.

Kiesbett wird aufgelockert

Der Kreisfischereiverein Wasserburg mit seinen Gewässerwarten und Alex Weber, zuständig für den Naturschutz-Themenbereich, setzt nach eigenen Angaben an mehreren Punkten an, um Äschen und Huchen zu helfen. Jedes Jahr werde das zugesandete Kiesbett entlang der Kapuzinerinsel und in mehreren Abschnitten bis zur Realschule mithilfe eines Baggers aufgelockert. Der Verein führe zudem seit Jahren sehr erfolgreiche Brutboxprojekte durch. Dabei werden mehrere durchströmte Kunststoffboxen in den Fischpass am Wasserburger Kraftwerk eingesetzt und mit je etwa 5.000 Hucheneiern befüllt. So geschützt, könnten sich die Eier in Ruhe entwickeln.

Ehrenamtlich tätige Vereinsmitglieder seien täglich im Einsatz, um abgestorbene und verpilzte Eier einzeln von Hand zu entfernen, um Infektionen zu verhindern. „Oftmals eine Sisyphusarbeit im kalten Innwasser.“ Bis aus den Eiern schwimmfähige Fische werden, dauert es nach Angaben von Göpfert vier bis sechs Wochen. Die Fischbrut wird anschließend an den noch verbliebenen, geeigneten Stellen ausgesetzt, berichten die Mitglieder. Darüber hinaus würden jährlich mehrere 10.000 kleine Äschen, erbrütet aus Eiern von Elterntieren aus dem Inn, im Fluss ausgesetzt.

„Diese Maßnahmen helfen, beheben jedoch nicht die grundsätzlichen Probleme“, bedauert der Vorstand. Um Fortschritte zu machen, sei ein stärkeres öffentliches Bewusstsein für die Probleme der Lebenswelt unter Wasser vonnöten. Beides müsse möglich sein: „Die Nutzung unserer Gewässer zur Gewinnung erneuerbarer Energie und der Schutz dieses geheimnisvollen, faszinierenden, komplexen Ökosystems“, findet Göpfert.

Äschen und Huchen

Äschen und Huchen waren im Inn einst häufige Fische, heute sind sie selten geworden, berichtet der Kreisfischereiverein Wasserburg. Während der majestätische Huchen nach dem Wels der größte heimische Raubfisch ist und in der Vergangenheit Längen von über eineinhalb Metern und Gewichte von 50 Kilogramm erreichen konnte, beeindruckt seine kleine Verwandte, die Äsche, nicht durch Größe, sondern mit der Farbenpracht ihrer unverwechselbaren Rückenflosse. Beide Arten gehören zur großen Familie der Lachsfische, zu der auch die Forellen zählen, und gelten laut der Roten Liste des Bayerischen Landesamts für Umwelt als stark gefährdet.

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