Radltag am 6. Juli für den guten Zweck
„Wir sind ein gutes Team“: Wie Emilia (4) aus Wasserburg mit der Diagnose „Schütteltrauma“ lebt
Diagnose Schütteltrauma: Dieses Schicksal hat Emilia (4) aus Wasserburg erfahren. Seitdem hat sich ihr Leben und das ihres Vaters Hamid Shirin grundlegend verändert. Um die Familie zu unterstützen, organisiert der Wasserburger Verein „Schellen-Sau“ eine Radtour für den guten Zweck. So können Sie helfen.
Wasserburg – Das Datum 8. Juli hat Hamid Shirin auf seinen Arm tätowiert. Es ist der Tag, an dem sich sein Leben für immer verändert hat. An diesem Datum bekam seine Tochter Emilia die Diagnose Schütteltrauma. Was genau passiert ist: Shirin weiß es nicht, er war nicht dabei. Er kann und will zu den Hintergründen der Vorfälle nichts sagen. Nur so viel: „Laut medizinischem Gutachten wurde Emilia mehrfach schwer misshandelt.“ Der 37-Jährige klingt abgeklärt, sachlich, als er das erzählt.
Doch die Diagnose damals: ein Schock für den Vater. „Ich wusste nicht, dass es so etwas überhaupt gibt“, sagt er. Ihm ist es deshalb auch ein Anliegen, darüber aufzuklären, was passieren kann, wenn ein Kind zu heftig geschüttelt wird. „Schon ein paar Sekunden reichen, um das Gehirn massiv zu schädigen. Ich glaube, das ist den wenigsten Leuten bewusst.“ Auch bei Emilia hat das Schütteln schwere Schäden hinterlassen. „Emilia hat kaum funktionierendes Hirngewebe mehr“, erklärt Shirin. Dadurch ist das Mädchen teilweise blind, kann nicht sprechen, nicht laufen, nicht schlucken. Über eine Sonde direkt in den Darm wird sie künstlich ernährt und bekommt Teile ihrer Medikamente. „Wir haben es über eine Magensonde probiert, doch dann wird ihr übel und sie spukt“, erzählt der alleinerziehende Papa.
Für Notfälle hat die Vierjährige zudem einen Port am Herzen. So muss beispielsweise bei Anfällen keine Vene gesucht werden. Dringend nötig, denn Emilia leidet an schwerer Epilepsie. Laute Geräusche, der Übergang von hell zu dunkel, all das sind Reize, die das Mädchen schlecht verarbeiten kann. Sie verkrampft, reagiert oft mit einer sogenannten Dystonie – also unwillkürlichen, lang anhaltenden Muskelanspannungen. Meistens kann Papa Hamid seine Tochter wieder beruhigen. Manchmal braucht es aber auch eine Fahrt in die Schön-Klinik und die Gabe von Medikamenten über den Port.
„Emilia ist ein sehr fröhliches Kind“
Auch Langzeit-Folgen hat Emilia aufgrund der Dystonie und der grundsätzlichen Einschränkungen ihrer Bewegung. Vor gut anderthalb Jahren musste sie deshalb an beiden Hüften operiert werden. In wenigen Wochen werde die Operation an der rechten Seite wiederholt. Zurzeit hat Emilia Schmerzen, ist nachts oft unruhig und strampelt. Shirin hofft, dass die erneute Hüft-OP Besserung bringt. Denn er sagt: „Eigentlich ist Emilia ein sehr fröhliches Kind“, sagt Shirin. „Sie ist immer am Lachen.“
Seit insgesamt vier Jahren kümmert Shirin sich größtenteils alleine um seine Tochter. Sein Leben dreht sich fast nur um Emilia. Für sie zog er nach Wasserburg, um nahe an der Schön-Klinik Vogtareuth zu wohnen. Das Leben hier habe sich eingespielt. „Wir sind ein gutes Team“, sagt Shirin über sich und seine Tochter. „Wir haben viel Spaß miteinander.“ Manchmal werde es aber auch laut, gibt er lachend zu. Vor allem, wenn Emilia langweilig sei. „Sie weiß genau, was sie will“, sagt Shirin schmunzelnd. Dann rufe sie nach ihrem Papa, der ihr dann vorlesen müsse. Auch Autofahren würde Emilia lieben. Das werde jedoch mit zunehmenden Alter seiner Tochter zu einem Problem. „Ich habe kein behindertengerechtes Auto“, sagt Shirin. Emilia könne wegen ihrer Muskelanspannung nur gestreckt mitfahren. Dabei würde Shirin gerne mehr mit seiner Tochter unternehmen. Ausflüge machen, in den Urlaub fahren, nach Italien, zum Beispiel. „Sie soll etwas von der Welt sehen“, sagt Shirin.
Während Emilia im Kindergarten oder vom Pflegedienst betreut wird, arbeitet der 37-Jährige deshalb einige Stunden am Tag im Restaurant „Lychees“ in Wasserburg und spart seinen Lohn für ein Auto. Doch die Anschaffung sei teuer. Deshalb ist nun der Verein Schellen-Sau eingesprungen. Mit einem Radl-Tag, der am 6. Juli stattfindet, will der Verein Geld für das Auto sammeln.
Der 2. Schellen-Sau Radltag
Start und Ziel des Radltags ist das Vereinsheim des TSV Wasserburg, Alkornstraße 16, in der Nähe des Badria. Die Teilnahmegebühr beträgt 40 Euro. Das gesammelte Geld fließt direkt in die Anschaffung des Autos. Wer mitmachen will, kann sich bis zum 1. Juli anmelden. Geradelt wird am 6. Juli, Ausweichtermin ist der 20. Juli. Radler können sich zwischen vier unterschiedlichen Strecken, entweder mit einer Länge von 40 oder 60 Kilometern entscheiden. Die Strecken können online auf der Internetseite heruntergeladen werden. Für Verpflegung ist gesorgt. Wer nicht mitradeln will, kann auch einfach nur spenden. Weitere Informationen gibt es unter www.radltag.de oder www.schellen-sau.de.
