Versicherungsexperten zu Besuch in Raubling
Wasser im Auto, Öl in den Wänden: Wer zahlt die Schäden nach dem Hochwasser?
Herausgerissene Böden, aufgeschwemmte Heizungen und jede Menge Schrott – das Hochwasser hat im Inntal eine Spur der Verwüstung hinterlassen. Aber wer zahlt die entstandenen Schäden und vor allem wann? Ein Beispiel aus Raubling klärt die wichtigsten Fragen.
Raubling – Wer zwei Monate nach dem heftigen Unwetter das Haus am Kapellenweg 37 in Kirchdorf betritt, sieht sofort, dass etwas nicht stimmt. Der Geruch von Öl hängt nach wie vor im Treppenhaus. Der Weg in den Keller ist mit einer Folie abgedeckt. Dahinter ergibt sich ein Bild, wie es nach der Katastrophe vom 3. Juni in einigen Inntal-Gebäuden aussehen dürfte. Der Boden ist herausgerissen, Stromkabel hängen lose von der Decke, die dunklen Räume sind leer.
Das Wasser stand bis zur Decke
„Innerhalb von einer Stunde stand das Wasser hier bis zur Decke”, sagt Andreas Heinrich. Er wohnt im ersten Stock und erlebte das Unwetter hautnah mit. Zusammen mit den anderen Eigentümern versuchte er, noch ein paar Wertgegenstände aus dem Keller zu retten. Doch das Wasser aus dem übergelaufenen Ammerbach kam zu schnell und überschwemmte das komplette Untergeschoss. Und auch das Auto in der Garage des Kirchdorfers blieb nicht verschont. „Das Wasser drang ins Innere, ein absoluter Totalschaden“, sagt Heinrich.
Doch das größte Problem sei die Ölheizung, die durch das Wasser aufgeschwemmt wurde. „In solchen Fällen kann der Tank brechen oder über die aufgeplatzten Zugänge auslaufen”, erklärt Roman Bezold, Schaden-Sachverständiger der Versicherungskammer Bayern. Er ist bereits zum zweiten Mal in Raubling, um sich ein Bild vom Kappellenweg 37 zu machen. Aktuell werden die Räume trocken gelegt. Bis es aussieht wie vorher, wird es laut Bezold vermutlich bis Ende des Jahres dauern.
Wie schlimm es um das Gebäude steht, erklärt Dr. Stefan Tewinkel, Standortleiter des Institutes für Schadenverhütung und Schadenforschung (IFS) in München. Mit einem sogenannten PID-Detektor geht er durch den Keller und prüft die Wände auf das Gehalt von flüchtigen Stoffen wie Benzin oder Alkohol. Damit will der Experte erkennen, wie stark sich das ausgelaufene Heizöl im Wohnhaus ausgebreitet hat. „Eine schädliche Menge liegt beispielsweise in Wohnräumen bei 50 Milligramm pro Kilo”, sagt Tewinkel. Das Ergebnis der ersten Messungen ergab, dass sich das Öl speziell an den Wänden rund um den Heizraum stark eingelagert hat. Die Folge: „Man müsste die nicht tragenden Wände abgetragen“, sagt Tewinkel mit Blick auf das Messgerät. Genaueres könne er jedoch erst nach der Entnahme von Proben sagen.
Bei der Übernahme der Kosten kommt es in erster Linie auf die Art der Versicherung an. „Am besten ist hier die Elementarversicherung“, sagt Bezold. Dabei werden sämtliche Schäden aufgrund von extremen Wetterereignissen übernommen. Im Fall der Anwohner im Kapellenweg 37 greift das für die Schäden direkt am Gebäude, die über die Eigentümergemeinschaft versichert sind. Für alle gelagerten Privatgegenstände gilt die Versicherung des jeweiligen Eigentümers. „In meinem Fall bleibe ich auf 2000 bis 3000 Euro sitzen“, erklärt Heinrich, dem beispielsweise sein Roller nicht ersetzt wird. Das Auto wiederum war gegen den Totalschaden versichert.
Inwieweit sich die Elementarversicherung im Preis von einer „normalen” Hausratversicherung unterscheidet, kann Bezold nicht genau sagen. „Das kommt ganz darauf an, wie nah ein Haus an einem Gewässer steht, wie oft ein Hochwasser in der Region vorkommt oder wie gut das Haus davor geschützt ist”, sagt der Sachverständige. In Kirchdorf fällt eine solche Elementarversicherung dementsprechend hoch aus. Einige Anwohner sorgen sich davor, dass diese sogar gekündigt wird.
Versicherung kann teuer werden
„Bei starker Häufung von Schäden wird der Vertrag geprüft und saniert”, sagt Jürgen Haux, Pressesprecher der Versicherungskammer Bayern. In der Regel gebe es dann ein Fortführungs-Angebot unter geänderten Konditionen, sprich zu einem erhöhten Beitrag oder mit einer vereinbarten Selbstbeteiligung. „Falls der Kunde dies nicht annimmt, kündigen wir den Vertrag”, sagt Haux und weist darauf hin, dass so ein Vorgehen bei so ziemlich jeder Versicherung üblich ist. Für die vom Unwetter geplagten Kirchdorfer bedeutet das, egal ob mit oder ohne Versicherung – günstig wird der Schutz gegen das Hochwasser am Ende nicht.

