Unternehmensnachfolge besiegelt
„Alles bleibt anders“: Warum Quest aus der Kolbermoorer Baukultur verschwunden ist
Die Quest Baukultur gibt es nicht mehr. Max von Bredow hat alle Anteile am Unternehmen aus Kolbermoor erworben und es umbenannt. Welche Botschaft für die Baukultur der Zukunft sich mit seinem Namen verbindet – und was der Firmengründer davon hält.
Kolbermoor – „Leben ist Transformation“, sagt Dr. Max von Bredow. „Veränderung ist nur möglich, wenn ich etwas aufgebe, um etwas Neues zu beginnen.“ Aufgegeben hat der Geschäftsführer und alleinige Gesellschafter den Namen seines Unternehmens. Es heißt nicht mehr Quest, sondern Max von Bredow Baukultur GmbH – kurz: MvB Baukultur. Und, so verspricht er: „Das ist kein Neuanfang, sondern eine logische Weiterentwicklung. Alles bleibt anders, denn alles ist im Fluss.“
26-jährige Suche ist abgeschlossen
„Die Suche ist abgeschlossen“ , erklärt Firmengründer Klaus Werndl. Vor 26 Jahren standen er und sein Bruder Thomas vor der Frage, ob und wie ihre Büromöbelfabrik auf die nächsten Generationen übertragen werden könnte. „Wir haben das Unternehmen verkauft und diese Entscheidung nie bereut“, sagt er rückblickend. Seiner abenteuerlichen Reise zu einem neuen Lebensmittelpunkt gab er einen Namen „Quest“.
Aus der eigenen Transformation vom Büromöbelhersteller zum Bauherren sind Gebäude mit Seele entstanden. In der Verbindung aus Historie, außergewöhnlichem Design und unternehmerischem Mut hat er identitätsstiftende Wahrzeichen geschaffen: die Kunstmühle in Rosenheim und die Alte Spinnerei in Kolbermoor. „Das sind Projekte aus der Vergangenheit“, sagt Werndl: „Jetzt ist die nächste Generation mit neuen Projekten am Start.“ Er habe voller Vertrauen Verantwortung abgegeben und gespürt, „welch ungewöhnliche Energie das freigesetzt hat.“
Gewaltige persönliche Transformation
Dr. Max von Bredow erlebt die spannende Suche der Quest GmbH seit 14 Jahren mit. Als Geschäftsführer und Gesellschafter steht er seit zehn Jahren in der Verantwortung. „Eine gewaltige persönliche Transformation“, blickt der 43-Jährige auf seine erste Dekade als Unternehmer zurück. „Du bist nur Dir selbst verpflichtet, trägst mit Deinen Entscheidungen aber die Verantwortung für alle am Projekt beteiligten Menschen – Mitarbeiter, Handwerker und natürlich auch die Menschen in den Gemeinden, in denen wir unsere Projekt realisieren“, beschreibt er die gewaltige Herausforderung.
Seinem Schwiegervater ist er dankbar für wichtige Lehrjahre im Unternehmertum. Heute weiß er, dass eine „gesunde Portion Angst“ wichtig ist, um „achtsam zu wachsen“. Und er weiß auch, wie sich die Metapher vom Rucksack mit den sich ständig mehrenden Ziegelsteinen anfühlt, mit der Klaus Werndl oft die persönliche Belastung eines Unternehmers beschrieb. „Trotzdem fühlt sich für mich kein Tag wie Arbeit an, weil ich meiner Berufung folge“, so von Bredow.
Kein Managertyp, sondern ins Projektleben verliebt
Nach seinem Maschinenbaustudium promovierte er in den Bereichen Produktionsmanagement und Wertschöpfung. „Aber ich bin kein Managertyp. Ich liebe das Projektleben, die Zusammenarbeit mit einer Vielfalt an Menschen – mit Architekten, Handwerkern, Gemeinderäten“, beschreibt er seine Passion. Für ihn ist Baukultur die Gesamtheit aus ökologischen, sozialen, ökonomischen und gestalterischen Aspekten. Sein Anspruch ist eine Philosophie. „Zum höchsten Wohle aller“, sagt er fast schon pathetisch und erklärt: „Wir übernehmen mit unseren Projekten die Verantwortung für den Lebensraum unserer Mitmenschen. Unsere Entscheidungen haben direkten Einfluss auf Umwelt und Natur. Deshalb möchte ich mit meinem Team Lebensräume schaffen, die Wohlbefinden und Glück von Menschen positiv beeinflussen. “
Von Menschen für Menschen
Alles sei von Menschen für Menschen gemacht, betont von Bredow: „Er steht im Mittelpunkt, an ihm orientiert sich unsere Arbeit.“ Deshalb beginnen Projekte mit Bürgerbeteiligungen, um den größten gemeinsamen Nenner zu finden. Das ressourcenschonende Bauen hat Klaus Werndl mit der Sanierung von Industriebrachen vorgelebt. „Damals war das noch gar kein Thema, aber heute ist es das große Thema der Baubranche“, betont von Bredow die Weitsicht des Vordenkers. Nachhaltige Rohstoffe, Energieversorgung und Mobilität, Baubiologie und demografischer Wandel sind die Säulen aktueller Projekte. „Deshalb sehen wir uns auch als Problemlöser der Gemeinden – beispielsweise wenn es darum geht, altersgerechten Wohnraum zu schaffen oder den Arzt im Ort zu halten. Fair, menschlich und mit der Region verbunden“, so von Bredow.
Vor Ort gebaut, um vor Ort zu bleiben
„Die meisten Bauträger kaufen, bauen, verkaufen und verschwinden“, betont er. „Wir entwickeln unsere Projekte mit den Menschen vor Ort und kümmern uns als Hausverwalter auch danach noch um das Leben im Quartier.“ Besonders wichtig sei eine gesunde Balance aus privaten Wohnungen und öffentlich zugänglichen Bereichen. In der Alten Spinnerei schaffen Restaurants und Einkaufsmöglichkeiten sowie der Spinnereipark mit Teich, Wanderwegen und Spielplatz eine besondere Aufenthaltsqualität für die ganze Stadt.
Lebendige ländliche Quartiere
Der Prototyp ländlicher Quartiersentwicklung wurde mit dem Klosteranger in Weyarn geschaffen. Im Bad Feilnbacher „Tannenhof“ entstehen neben Wohnungen für die Gemeinschaft ein Kindergarten, ein gemeinsames „Wohnzimmer“, großzügige Hochbeetzonen, Ratschbankerl, Gärten und Obstbäume. Jüngstes Projekt in der Region ist die neue Ostermünchener Ortsmitte. Hier machen Wohnungen, Tagespflege, Betreutes Wohnen, Arztpraxen, Apotheke, Dorfladen und Mobilitätsstation sowie Gärten, Spielflächen und Dorfplatz ein lebendiges Quartier aus. „Das sind komplexe Modelle, mit denen wir aktuelle gesellschaftliche Fragen beantworten“, blickt von Bredow optimistisch in die Zukunft: „Das ist es, woran wir glauben, was wir können, und was perspektivisch noch stärker gefragt sein wird.“
„Kein Neuanfang, sondern eine logische Weiterentwicklung“
Ende vergangenen Jahres hat Max von Bredow alle Geschäftsanteile der Quest Baukultur erworben und ist nun alleiniger Eigentümer: „Das ist kein Neuanfang, sondern eine logische Weiterentwicklung“, sagt er. Schwiegervater Klaus Werndl ist stolz darauf, dass der Name der Familie nun nicht mehr nur für herausragende Leistungen im Dressurreiten steht, sondern auch wieder in den Firmennamen des Immobilienentwicklers zurückkehrt, denn: „Namen sind Botschaften.“ Der Senior ist sich sicher, dass sein „Bedeutungsverlust überkompensiert wird“. Sohn Benjamin Werndl, Tochter Jessica und Schwiegersohn Max von Bredow hätten in ihrem Leben genau das gefunden, wofür sie sich begeistern: „Sie leben, was sie lieben. Sie verwirklichen ihre Träume“, ist er glücklich.
Klaus Werndl wollte „zu Lebzeiten die nächste Unternehmergeneration erleben“ und hat seine Firma in vielen Schritten über ein Jahrzehnt an seine Nachfolger übergeben. „Dass das so gut gelingt, ist nicht selbstverständlich“, weiß er. Doch Max von Bredow sei mit viel „Können, Ehrgeiz und Mut“ zu einem wahren „Vollblutunternehmer“ gereift. „Das Unternehmen ist hervorragend positioniert“, sagt Werndl. Er ist dankbar dafür, dass in seinem Leben „alles so gekommen ist“. Jetzt genießt er in vollen Zügen seine Familie: „Für mich ist jeder Tag ein Feiertag. Es ist die beste Zeit, die ich je hatte.“

